# taz.de -- Kunsttipps der Woche: Set It Off | |
> Eine Kunstaktion belebt Berlins leere Kinovitrinen, bei Susan Philipsz | |
> erklingen Echos der Arbeiterbewegung und Josef Strau kreiert Engel aus | |
> Schrott. | |
Bild: Drei beispielhafte Kinokasten-Poster beim Projekt „Day for Night“ | |
Es ist ein Projekt von Künstler:innen für Künstler:innen. Nicht zu viel | |
Konzept, nicht überkuratiert, sondern einfach die Lust am Ausstellen. | |
Obwohl: Eine Ausstellung ist „Day For Night“ nicht. Es ist eine | |
Plakataktion, die sanft irritierend von den Vitrinen der seit Monaten | |
unbesuchten Berliner Kinos in den Straßenraum hineinragt. Gemütlich aber | |
dann doch befremdlich in so einer Vitrine wirken etwa die verspeckten | |
Ledersessel, die Heike Bollig auf ihren Postern in grober Offset-Ästhetik | |
wie ein Sinnbild für unseren derzeitigen Alltag mit Home-Office und | |
Binge-Watching wählte. | |
Und aus den schön seltsamen Farbschlieren von Xavier Antin ließen sich auch | |
die liegengelassenen Filmrollen herauslesen, auf denen sich während der | |
steten Abwesenheit des Personals in den Lichtspielhäusern eine Menge Acid | |
ergossen hat. 22 Künstler:innen versammelten Dominique Hurth und Susanne | |
Bürner für „Day For Night“, das die Vitrinen von vier Berliner Kinos ab | |
diesem Donnerstag solange bespielen wird, bis sie wieder aufmachen (und für | |
40 Euro das Stück kann man auf der Plattform indiegogo.com auch die Poster | |
kaufen. Der Erlös geht dann auch an die von der Pandemie gebeutelten | |
Kinos). | |
## Der Klang der Arbeiterbewegung | |
Schon seit ein paar Monaten ertönt jeden Mittag um 12 Uhr im Innenhof der | |
[1][KunstWerke] ein Lied der internationalen Arbeiterbewegung. „Auf, auf in | |
den Kampf“ beginnt es mit hinausstrebenden Worten, doch die brüchige Stimme | |
aus dem Megafon über dem Hoftor scheint sich vielmehr nach innen zu | |
richten. [2][„Rosa“] ist eine frühe Arbeit der schottischen Künstlerin | |
Susan Philipsz, die darin 2002 bei einem Berlin-Aufenthalt ihre intime | |
Hommage an Rosa-Luxemburg einsang. | |
Man kann jetzt in der Stadt den künstlerischen Werdegang von Philipsz | |
nachhören, denn parallel zum KW wird sie zum Gallery Weekend in den | |
hallenartigen Räumen eines historischen Umformwerks, in dem die [3][Galerie | |
Konrad Fischer] sitzt, zwei neue ihrer minimalen, fein dekonstruierenden | |
Klangarbeiten installieren. „Die Galerie hat eine besonders resonante | |
Akustik mit vielen Echos und Nachhall. Die Klänge von einer Ebene sind auf | |
der anderen hörbar“, lässt Philipsz schon einmal vorab zu ihrer Ausstellung | |
bei Konrad Fischer verlautbaren. | |
## Schrottplatz der Engel | |
Das Gallery Weekend wird also nächste Woche stattfinden, trotz dritter | |
Welle. Auch wenn das klassische große Eröffnungskonzert an den | |
Wochenendabenden voraussichtlich nur daraus bestehen wird, dass auf | |
49-Instagram-Kanälen Kameras durch halbwegs menschenleere Galerienräume | |
fahren werden. | |
Diese Woche aber, bevor auch die [4][Galerie Buchholz] als eine der letzten | |
ihre aktuelle Ausstellung fürs Gallery Weekend abbaut, sollte man schnell | |
noch hin. Darin vollführt Josef Strau nämlich Himmlisches: Undefinierbare | |
Gegenstände zwischen Figur und Schmuck legte er in der Galerie aus. | |
Zusammengeklaubt aus Kabeln, Dosen, Spiralen – aus Altmetall, das er auf | |
Schrottplätzen im Rheinland aufsammelte – sind diese Objekte Straus | |
irdischer Versuch, Engel abzubilden. Lauter, auf einer Vielzahl von | |
Podesten erschlaffte Engel. | |
20 Apr 2021 | |
## LINKS | |
[1] https://www.kw-berlin.de/ | |
[2] /Mittagsgesang-von-Klangkuenstlerin/!5763660 | |
[3] https://www.konradfischergalerie.de/ | |
[4] https://www.galeriebuchholz.de/ | |
## AUTOREN | |
Sophie Jung | |
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