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# taz.de -- Freie Schulen in Lichtenberg: Kitakinder mit Anschluss
> Ab August bekommt Hohenschönhausen die erste freie Grundschule. Das
> pädagogische Konzept ist ein besonderes und setzt auf Mitbestimmung der
> Kinder.
Bild: Grundschule in Planung: Die Grundschule muss man sich auf die Grünfläch…
Berlin taz | Noch ist im Campus Hedwig in Alt-Hohenschönhausen nicht einmal
eine Baustelle zu sehen für die Schule. Wenn im August das neue Schuljahr
startet, soll es losgehen mit zunächst 20 bis 25 Erstklässlern, von denen
mehr als die Hälfte schon angemeldet ist. Jedoch noch nicht auf dem
geplanten Standort in der Hedwigstraße. Der ist noch Grünfläche, auf der
die Kinder der benachbarten Kita herumtollen.
Wenn sich hier in einigen Monaten die Baukräne drehen, startet der
Unterricht in mobilen Schulcontainern, die auf dem Gelände einer
benachbarten Kirchengemeinde aufgestellt werden sollen. Die Grundschule in
Trägerschaft der evangelischen SozDia-Stiftung soll von Jahr zu Jahr um
einen Jahrgang wachsen, auf insgesamt 240 Grundschüler. Für
Hohenschönhausen, einen Stadtteil mit immerhin 100.000 Menschen, ist es die
erste Grundschule in freier Trägerschaft. Für die SozDia-Stiftung ist es
die erste Schule überhaupt.
„Wir haben in Berlin bereits 1.500 Kitaplätze geschaffen“, sagt Michael
Heinisch-Kirch von der sozialdiakonischen Stiftung. Der 57-jährige
Pfarrersohn gehörte in der DDR zur Hardcore-Opposition. Er trat weder in
die Pionierorganisation noch in die FDJ ein, wo fast alle Kinder und
Jugendlichen Mitglied waren, und er verweigerte den Wehrdienst. Der Akteur
der friedlichen Revolution in der DDR wandte sich ab 1990 der Kinder- und
Jugendarbeit zu und engagiert sich bei den Grünen in Lichtenberg.
Die Konzepte der Kitas der SozDia-Stiftung, die er mitgründete und deren
Vorsitzender er ist, sind anders als in vielen anderen Kitas. Es gäbe
Kinderräte und ein Beschwerdemanagement für die Kinder, sagt
Heinisch-Kirch. „Wir legen auch Wert darauf, dass die Kinder
gemeinwohlorientiert arbeiten.“ Wenn beispielsweise der Bürgerverein
Hohenschönhausen zum Frühjahrsputz in einem Park aufruft, dann kämen auch
die Kitakinder. Heinisch-Kirch: „Wenn das Kind sieht, dass der Park durch
die eigene Tätigkeit viel besser aussieht, dann erlebt es, wie es etwas für
die Gemeinschaft tun kann. Dieses Gefühl wollen wir früh entwickeln.“
## Schulplätze sind knapp
Doch nach den Kitajahren ging es für die Kinder aus den Kitas der Stiftung
in den staatlichen Schulen oft nicht weiter mit den
Beteiligungsmöglichkeiten, so Heinisch-Kirsch. „Da haben uns Eltern
gedrängt, eine Schule nach unseren pädagogischen Konzepten zu gründen.“ Der
Bezirk Lichtenberg hätte sich über das Vorhaben gefreut. „Schulplätze sind
knapp, und sie sind froh über jeden, der neu entsteht.“ Die Wahl fiel auf
Alt-Hohenschönhausen. Ein sozialer Brennpunkt ist der Kiez nicht. Es stehen
schön sanierte einhundert Jahre alte rote Klinkerbauten und
Einfamilienhäuser neben fünfgeschossigen Plattenbauten und vielen
Mehrfamilienhäusern, die erst nach der Wende entstanden. Zum Einzugsgebiet
gehören auch zwei Flüchtlingsheime. Das Grundstück hatte die
SozDia-Stiftung vor Jahren vom Land Berlin zusammen mit der darauf
stehenden asbestverseuchten Kita gekauft. „Die haben wir abgerissen und
eine neue, passende Kita und ein Stadtteilzentrum gebaut.“ Auf der damit
gewonnenen Freifläche soll jetzt die Schule entstehen.Das Schulkonzept
erinnert an das von Montessori-Schulen. Es soll jahrgangsübergreifend
unterrichtet werden. Jedes Kind lernt nach seinem eigenen Rhythmus in einem
persönlichen Wochenplan. Heinisch-Kirch macht kein Geheimnis daraus, sich
das von Montessori-Schulen abgeschaut zu haben.
Hinzu kämen Ansätze, die der christliche Träger von Schulen der
evangelischen Schulstiftung in Steglitz und Mitte abgeschaut und auf einen
nicht christlich geprägten Kiez umgewandelt hat: Soziale und ökologische
Inhalte werden vermittelt, Religionsunterricht soll verbindlich sein, aber,
so Heinisch-Kirch „eher als Religionskunde, sodass er auch für
konfessionslose Kinder und [1][Kinder anderer Konfessionen] funktioniert,
die bei uns herzlich willkommen sind.“ Die Zahl von Christen ist in
Hohenschönhausen überschaubar.
Und Kinder anderer Konfessionen gäbe es in den benachbarten
Flüchtlingsheimen. Die gehen bereits in die SozDia-Kita vor Ort und die
will man ganz bewusst auch in die Schule holen. „Sie können im
Religionsunterricht auch von ihrer Religion erzählen und den Unterricht
damit bereichern“, findet Heinisch-Kirch. Ähnlich wie es in den Kitas der
Stiftung bereits praktiziert wird, sollen christliche Feste gefeiert
werden. Damit könnten Kinder mit der Kirche positive Erfahrungen machen.
## Auch das Einmaleins will gelernt sein
Während die Kinder im Garten herumtollen und Heinisch-Kirch erzähl, kommt
ein älterer Mann vorbei. Er bringt zwei Tüten getragener Kleidung, „alles
gute Wolle“, wie er sagt. Heinisch-Kirch nimmt sie für das gerade
geschlossene Stadtteilzentrum entgegen und sagt freundlich: „Kommen Sie
wieder.“ Dieses soziale Engagement in der Nachbarschaft zwischen Menschen
unterschiedlicher sozialer Situation, sagt er dann zur taz, das sei es, was
seine Stiftung fördern will.
Zu den andernorts abgeschauten Inhalten komme etwas hinzu, „das haben wir
erfunden“, so der Stiftungschef. Nämlich das Schulfach „Engagement und
Gemeinschaft“. Da sollen Kinder in Naturschutzgebieten, Seniorenheimen und
Kitas vor Ort lernen und dort praktisch tätig werden, Verantwortung
übernehmen. Sie sollen beispielsweise in Altenheimen vor Senioren die im
Musikunterricht erlernten Lieder vorsingen und Einkaufshilfen übernehmen.
Aber, so Heinisch-Kirch: „Die sozialen Aspekte sind nicht alles, was wir
vermitteln. Wenn am Ende der Grundschulzeit das Einmaleins nicht sitzt,
dann hätten wir etwas falsch gemacht.“
Obwohl [2][in Berlin Lehrer fehlen] und Schulen in freier Trägerschaft
schlechter zahlen als der öffentliche Dienst, gab es genug Bewerbungen um
die Stellen in der freien Schule. Die Lehrerinnen und Lehrer hätten die
Chance, so Heinisch-Kirch, etwas Neues mit aufzubauen.
11 May 2021
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## AUTOREN
Marina Mai
## TAGS
Berlin-Lichtenberg
Kitas
Lernen
Buddhisten
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