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# taz.de -- Klimaschutz und Arbeitsmarkt in Bremen: Handwerker:innen for Future
> Um Bremen in Sachen Klimaschutz voranzubringen, braucht es mehr
> Fachkräfte. Besonders im Handwerk wird es immer schwieriger,
> Auszubildende zu finden.
Bild: Klimaschutz ist Handarbeit – irgendwer muss es aber auch machen
Bremen taz | Klimaneutralität in Deutschland bis 2050 ist der Plan – laut
einer neuen Studie der Stiftung Klimaneutralität und Agora Energiewende
könnte dieses Ziel sogar schon 2045 erreicht werden. Bremen hinkt bei den
selbstgesteckten Klimazielen jedoch massiv hinterher, das Ziel der
CO2-Reduktion 2020 um 40 Prozent im Vergleich zu 1990 wurde mit nicht
einmal 20 Prozent krachend verfehlt.
Seit über einem Jahr tagt die ressortübergreifende Bremer
Klima-Enquetekommission regelmäßig zu verschiedenen Aspekten von Umwelt-
und Klimaschutz. Am vergangenen Freitag wurde neben dem Klima-Dauerbrenner
„Mobilität und Verkehr“ auch die Frage diskutiert, wer die viel gepriesenen
Technologien der Zukunft eigentlich bauen soll. „Wenn wir über
Wasserstofftechnologie und klimaneutrales Fliegen nachdenken, müssen wir
Qualifizierungsprozesse mitdenken“ sagt Kai Stührenberg, Staatsrat der
Senatorin für Wirtschaft, Arbeit und Europa.
Dabei sollen nicht nur Auszubildende unterstützt werden, sondern auch die
Betriebe selbst – denn gerade kleine und mittlere Unternehmen haben laut
Stührenberg Schwierigkeiten, mit den kommenden Veränderungen und dem
„Innovationsdruck“ auf dem Markt mitzuhalten. Eine besondere Schwierigkeit
sei, dass diese „sozial-ökologische Transformation“ dabei in ihren
Einzelheiten nicht vorhergesehen werden könne.
„Flexibilität“, „Innovation“, „Herausforderung“ und „Skills“ s…
geflügelten Worte in der Debatte zu sein. Konkrete Beispiele gibt es
allerdings wenig. „Wir reden an dieser Stelle sehr viel über Philosophie,
wir müssen aber spezifischer werden“, sagt Magnus Buhlert von der FDP. Ohne
Menschen, die es möglich machten und am Ende auch anpackten, werde man etwa
den Sanierungsstau nicht schaffen.
## Engpässe bei Sanierung
Carsten Sieling von der SPD und stellvertretender Vorsitzender der
Kommission macht das Problem am Thema Gebäudesanierung konkret: Die
aktuelle Sanierungsquote von 1,5 Prozent müsste eigentlich verdoppelt, wenn
nicht sogar verdreifacht werden. Es gebe jedoch schon jetzt Engpässe. Für
Sanierungen braucht es Handwerker:innen – und diese zu finden, wird
immer schwieriger.
Laut Staatsrat Stührenberg ist es wichtig, Jugendlichen bei der Berufswahl
besser zu vermitteln, dass man nicht nur auf dem akademischen Weg, sondern
auch im Handwerk Karriere machen kann. „Mitarbeitende in Handwerksberufen
müssen zu Botschaftern werden“, sagt auch Janina Brünjes von der SPD.
Botschaften an junge Menschen zu vermitteln, wird dabei aber immer
schwieriger. „Wir haben ein Riesenproblem bei der Ansprache“, sagt
Stührenberg. Zusammen mit der Jugendberufsagentur arbeite man deshalb auch
am Digitalmarketing. „Wir müssen mehr Bilder und Visionen schaffen, um zu
zeigen, was es überhaupt alles gibt.“ Wie diese Bilder aussehen und wie man
das Handwerk tatsächlich nice vermarktet, bleibt offen.
Ein Problem seien außerdem die vielen abgebrochenen Ausbildungen im
Handwerk. Nicht alle Betriebe könnten laut Stührenberg mit den
Anforderungen umgehen, die Jugendliche heutzutage stellten. Aber nicht die
Jugend müsse sich anpassen, sondern die Betriebe. Buhlert von der FDP
fordert mehr Teilzeitmodelle, sowohl im Studium als auch bei Ausbildungen.
Auch duale Ausbildungsangebote – also solche, die sowohl einen
betrieblichen als auch einen akademischen Anteil haben – sollen gestärkt
werden.
Von klimabedingten Veränderungen in der Wirtschaft sind aber vor allem auch
die Arbeitnehmer:innen betroffen, die schon mitten im Berufsleben
stehen. Hier sollen Qualifizierungsmaßnahmen und Weiterbildungen
Arbeitslosigkeit – etwa in der Autoindustrie – verhindern. Wichtig ist hier
das Qualifizierungschancengesetz, das grundsätzlich allen
Arbeitnehmer:innen Förderung der Bundesagentur für Arbeit (BA)
ermöglicht. Bei Kleinstunternehmen mit weniger als zehn Mitarbeitenden
übernimmt die BA bis zu 100 Prozent von Weiterbildungskosten und bis zu 75
Prozent des Arbeitsentgelts während der Ausbildung.
Tim Voss von der Arbeitnehmer:innenkammer in Bremen plädiert für
eine Weiterentwicklung des Gesetzes. Das Problem sei, dass Beschäftigte
darauf angewiesen seien, dass Unternehmen – besonders kleine und mittlere –
sich entsprechende Qualifizierungen überhaupt erlauben. „Teil des Gesetzes
muss sein, dass die individuelle Weiterbildung mit Anspruch auf eine
Freistellung gefördert wird“, sagt Voss.
Während beim Thema Mobilität und Verkehr in der Klimaenquete bereits über
so konkrete Veränderungen wie die Überbauung von Parkplätzen mit
Solarpanels oder die autofreie Nutzung der Hochstraße diskutiert wird,
dreht sich die Debatte über den Fachkräftebedarf und die Weiterbildung in
klimaschutzrelevanten Berufen weiterhin um bekannte Probleme. Ungelöst ist
etwa auch immer noch die viel zu niedrige Zahl von Frauen in
Handwerksberufen.
24 May 2021
## AUTOREN
Teresa Wolny
## TAGS
Bremen
Schwerpunkt Klimawandel
Handwerk
Schwerpunkt Fridays For Future
Wohnungstausch
Schwerpunkt Klimawandel
Wasserstoff
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