| # taz.de -- Pläne zum Umbau der Martinistraße: Handelskammer wehrt sich | |
| > Die Bremer Handelskammer ist gegen die Pläne des Senats, auf der | |
| > Martinistraße Konzepte zu probieren, die das Ziel einer autofreien City | |
| > verfolgen. | |
| Bild: Platz da, hier müssen Autos durch: Die Martinistraße will so bleiben, w… | |
| Bremen taz | In eine offene Konfrontation über die Martinistraße hat sich | |
| die Handelskammer begeben. Mit einer öffentlichen Stellungnahme kritisiert | |
| sie die Pläne für einen temporären Umbau der vielbefahrenen Querverbindung | |
| parallel zum Ufer: Der dient dazu, verschiedene Verkehrskonzepte zu | |
| erproben mit Blick aufs Ziel einer verkehrsberuhigten und schließlich | |
| autofreien Innenstadt. | |
| Die Reaktion auf den Handelskammer-Vorstoß ließ nicht lange auf sich | |
| warten: BUND, ADFC und die Verkehrssenatorin Maike Schaefer (Grüne) rügten | |
| die Kammer. „Momentan ist die komplette Blockadehaltung von der | |
| Handelskammer einfach kompromisslos“, sagte Lisa Tschink vom BUND. | |
| Schaefer bedauert, dass die Handelskammer vor Ende des Planungsprozesses | |
| an die Öffentlichkeit geht. | |
| Über die Hauptstraßen der Bremer Innenstadt fahren täglich 5.000 bis 11.000 | |
| Kraftfahrzeuge. Die Martinistraße ist deutlich höher belastet. Hier kommen | |
| Schätzungen auf 16.500 Fahrzeuge binnen 24 Stunden. Noch stärker | |
| ausgelastet sind nur noch der Osterdeich und die Wilhelm-Kaisen-Brücke mit | |
| 22.000 Autos und Lastern binnen 24 Stunden. | |
| Langfristig will der Senat die Innenstadt autofrei gestalten. Um das zu | |
| erreichen, muss der Durchgangsverkehr unter anderem in der Martinistraße | |
| reduziert werden. Dazu möchte der Senat eine Einbahnstraßenregelung in | |
| einem Verkehrsversuch und ein Tempolimit testen. Außerdem sollen zwei der | |
| vier Fahrspuren für den Radverkehr genutzt werden. Auch eine testweise | |
| mehrwöchige Sperrung der Straße zwischen Parkhaus Pressehaus und | |
| Pieperstraße ist vorgesehen. Der lang gehegte Wunsch, die Trennung zwischen | |
| City und Weser aufzuheben, soll dabei endlich in Erfüllung gehen. Den | |
| aktuellen Teilschritt des Verkehrsentwicklungsplans (VEP) sollen die | |
| politischen Gremien noch vor den Sommerferien beraten und beschließen. | |
| Die Handelskammer hält die Pläne für gefährlich. Sie glaubt, die Bremer | |
| Innenstadt sei dann für den motorisierten Verkehr nicht mehr erreichbar. | |
| Sie lehnt einen Verkehrsversuch für eine Einbahnstraße als | |
| unverhältnismäßig ab. Eine Verkehrsberuhigung in dem Bereich sei auch mit | |
| anderen Mitteln möglich: „Neben einer Reduzierung auf nur zwei Fahrspuren | |
| schlagen wir Tempo 30 auf der Martinistraße und eine prominent inszenierte | |
| Fußgängerquerung vor“, sagt der Geschäftsführer der Handelskammer, Olaf | |
| Orb. „Das wird den Durchgangsverkehr reduzieren.“ | |
| Tschink vom BUND glaubt nicht, dass das den Zweck erfüllen würde: „Damit | |
| erreichen wir nur, was wir jetzt schon am Osterdeich haben: eine stark | |
| befahrene zweispurige Straße“, sagt sie, „wir brauchen zusätzlich noch ei… | |
| Einbahnstraßenregelung.“ | |
| Orb behauptet, dass alle Anlieger das ablehnen würden. „Eine Einbahnstraße | |
| wird zu Verdrängungsverkehr Richtung Neustadt, Sielwall und Dobben führen“, | |
| gibt er zu bedenken. Die Einschätzung im Bericht zur Teilfortschreibung des | |
| VEPs, dass der Verdrängungsverkehr leicht beherrschbar sein wird, teilt er | |
| nicht. | |
| Der BUND ist wegen der Stellungnahme der Handelskammer empört: „Nicht mal | |
| eine Erprobung einer Einbahnstraßenregelung wollen sie unterstützen“, sagt | |
| Tschink. Auch der ADFC übt Kritik: „Wir hätten die gleiche Anzahl an Pkws | |
| auf weniger Spuren je Fahrtrichtung“, sagt der Geschäftsführer des ADFC | |
| Bremen, Sven Eckert, mit Blick auf die Handelskammer-Lösung. Er wünscht | |
| sich zur Verkehrsberuhigung einen Einbahnstraßenring um die Innenstadt. | |
| Auch Verkehrssenatorin Schaefer hält wenig von dem Vorstoß der | |
| Handelskammer: „Wichtige Prozesse wie eine autofreie Innenstadt, ein Ausbau | |
| von Fahrradpremiumrouten, eine barrierefreie Zusammenlegung von | |
| Haltestellen zur Stärkung des ÖPNV werden massiv abgelehnt“, sagt sie. Orb | |
| kann das nicht nachvollziehen: „80 Prozent der Maßnahmenvorschläge im VEP | |
| finden wir gut“, sagt er. Und völlig normal sei, mit der eigenen Position | |
| an die Öffentlichkeit zu gehen. „Das hat der BUND beim Thema Straßenbahn | |
| zusammen mit der Initiative ‚Einfach Einsteigen‘ auch gemacht.“ | |
| 4 May 2021 | |
| ## AUTOREN | |
| Lukas Scharfenberger | |
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