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# taz.de -- Coronarisiken für Leistungssportler: Viraler Herzschmerz
> Corona trifft das höchste Gut eines Leistungssportlers: seinen Körper.
> Eine US-Studie hat das Risiko von Herzmuskelentzündungen
> herausgearbeitet.
Bild: Erst positiv, dann wieder gut in Schuss: Basketballer Jayson Tatum (l.) v…
In der US-Basketballiga NBA gilt die Devise: Impf dich frei! Es besteht
keine Impfpflicht, aber Spieler, die sich zwei Dosen in den Oberarm haben
verabreichen lassen, können leichter durch den Alltag gehen. Komplett
geimpfte Personen werden nach Kontakt mit einer sogenannten Kontaktperson
ersten Grades, also einem potenziell Corona-Infizierten, nicht mehr unter
Quarantäne gestellt. Sie dürfen im Außenbereich eines Restaurants speisen.
Ferner sind sie von den täglichen Tests an Spiel- und Ruhetagen befreit.
Sie können sich auch im privatem Umfeld freier bewegen. Klubs, bei denen 85
Prozent der Spieler und Mitarbeiter geimpft sind, erhalten zusätzliche
Anreize: keine Masken in der Trainingshalle, Essensservice während des
Fluges, persönliche Teamaktivitäten sind erlaubt, Speisen im Innen- und
Außenbereich sowie mehr Flexibilität außerhalb von Teamhotels ebenso.
Der US-Sport versucht wie große Teile der dortigen Gesellschaft, peu à peu
in Richtung Öffnung und Normalität zu schreiten. In über zwanzig
Bundesstaaten hat man die Maskenpflicht gelockert oder ganz abgeschafft.
Immer mehr Zuschauer dürfen Arenen betreten, um Spiele ihrer
Lieblingsmannschaft in der NHL (Eishockey), Major League Baseball oder der
MLS (Fußball) anzuschauen. Die Fans waren in den Monaten der Pandemie
freilich daran gewöhnt, nicht alle Spieler auf dem Parkett zu sehen.
Etliche wurden nach einem positiven Schnell- oder PCR-Test ausgesiebt.
## Entzündliches Geschehen
Ihre Namen fanden sich anschließend auf dem Corona Protocol der Ligen. Die
interessierte Öffentlichkeit fragt sich allerdings schon seit Monaten, was
eine Positivdiagnose für einen Leistungssportler konkret bedeutet: Wie
lange fällt er aus? Was sind die Symptome? Worunter leidet der Betroffene
besonders? Ist seine Sportkarriere womöglich gefährdet bei einem schwereren
Verlauf? Unlängst haben Wissenschaftler in den USA versucht, [1][das
Dunkelfeld des Leistungssports ein wenig auszuleuchten].
Das Ergebnis: 5 von 789 mit Covid-19 infizierten Profisportlern aus den
großen US-Ligen entwickelten in der bislang größten Studie über kardiale
Auswirkungen des Virus eine entzündliche Herzerkrankung, wobei drei Fälle
als Myokarditis (Herzmuskelentzündung) und zwei als Perikarditis
(Herzbeutelentzündung) identifiziert wurden; Daten aus den Monaten Mai bis
Oktober wurden hierbei herangezogen und im Journal of American College of
Cardiology veröffentlicht.
Das Coronavirus ist bekannt dafür, bisweilen für Thrombosen und
entzündliche Prozesse im Gefäßsystem zu sorgen, das Virus kann aber auch
das trainierte Sportlerherz schädigen. Das ist eh anfällig für
Virusinfektionen, wie eine deutsche Studie aus dem Jahr 2016 gezeigt hat
([2][Europäische Zeitschrift für präventive Kardiologie]): In einem
30-Monats-Zeitraum wurden 144 sportbedingte plötzliche Herztode, zumeist
aus dem Nichtleistungssportbereich, aufgezeichnet. Die Gesamtinzidenz
betrug 1,2 bis 1,5 Fälle pro eine Million Menschen pro Jahr, wobei 97
Prozent Männer waren. Fußball und Laufen waren die gängigsten Disziplinen.
Bei Probanden, die jünger als 35 Jahre alt waren, überwog die Myokarditis.
Dass letztere Diagnose im Zuge der Coronapandemie häufiger gestellt werden
muss, darauf deuten auch die Fälle des Eishockeyprofis [3][Janik Möser aus
Wolfsburg] und der Para-Tischtennisspielerin Juliane Wolf. Mösers Symptome:
Kopf- und Gliederschmerzen, ein leichter Schnupfen. Nach vier Tagen war der
25-Jährige wieder symptomfrei. Eher zufällig wurde die
Herzmuskelentzündung diagnostiziert. Auch Wolf hatte milde Symptome,
trotzdem zeigten sich bei einer MRT-Untersuchung Auffälligkeiten. Im Fall
dieser Diagnose empfehlen Ärzte eine Sportpause von drei bis sechs Monaten.
## Positiver Ausblick
Das tun auch die Autoren der US-Studie. David Engel, Kardiologe am Irving
Medical Center der Columbia University und einer der Hauptautoren des
Papiers, sagt, die Ergebnisse stimmten mit aktuellen Einschätzungen
überein, dass eine mögliche Erkrankung des Herzens durch Covid-19 mit der
Schwere der Symptome korreliere. Die Studie umfasste infizierte und
asymptomatisch infizierte Athleten.
Alle fünf Fälle von Herzerkrankungen zeigten Symptome, die „die empirischen
Definitionen einer leichten Covid-19-Erkrankung erfüllten“. Die Mediziner
warten nun auf die Auswertung eines größeren Datenpakets. Vor allem bei
kleinen Untersuchungsclustern sind die Ergebnisse nicht sehr valide. Eine
Studie der Ohio State University machte im Herbst Schlagzeilen, als
Forscher herausfanden, dass vier von 26 Athleten – oder 15 Prozent – nach
Covid-19 Anzeichen einer Myokarditis hatten. Eine spätere Studie der
Universität von Wisconsin ergab zwei Fälle bei 145 Athleten.
David Engel gibt allerdings einen positiven Ausblick. „Beruhigend war, dass
alle Athleten, die das Herz-Screening durchlaufen haben, eine sichere
Rückkehr zum Spiel erreichen konnten. Diese Athleten spielen offensichtlich
immer noch, und es geht ihnen gut.“
16 Apr 2021
## LINKS
[1] https://jamanetwork.com/journals/jamacardiology/fullarticle/2777308
[2] https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/26130495/
[3] https://www.grizzlys.de/kader-1681-janik-moeser.html
## AUTOREN
Markus Völker
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