# taz.de -- „Masterplan Wasser“ vorgestellt: Vorsicht bei zu viel Durst | |
> Noch deckt Berlin seinen Wasserbedarf problemlos selbst – aber | |
> Klimawandel und Bevölkerungswachstum drohen. Ein Masterplan soll | |
> Problemen vorbeugen. | |
Bild: Wasser weg? Was in der Kanalisation veschwindet, kommt dem Grundwasser ni… | |
Berlin taz | In den 1990er Jahren hingen sie fast in jedem U-Bahn-Wagen: | |
Aufrufe, sparsam mit Trinkwasser umzugehen. Die flüssige Ressource, so hieß | |
es beispielsweise, sei viel zu kostbar, um einen Kasten Bier unterm | |
aufgedrehten Hahn zu kühlen. Tatsächlich ging der Verbrauch in den | |
folgenden Jahren deutlich zurück, bis hin zum dem Punkt, dass die | |
Wasserbetriebe Probleme mit Sedimenten in den Leitungen bekamen. | |
In absehbarer Zukunft könnten solche Kampagnen eine Renaissance erleben: | |
Laut Umwelt-Staatssekretär Stefan Tidow sieht sich Berlin großen | |
Unsicherheiten bei der Wasserversorgung gegenüber, die aus dem Klimawandel, | |
aber auch aus dem Bevölkerungwachstum in der Hauptstadt herrühren. [1][Ein | |
„Masterplan Wasser“ ist nun in Vorbereitung], um für alle Eventualitäten | |
gewappnet zu sein. | |
Dabei handelt es sich, wie Tidow am Mittwoch gegenüber der Presse | |
erläuterte, weniger um ein fixes Planwerk als um einen dynamischen Prozess: | |
Es geht um die Weiterentwicklung von „Strategien und Maßnahmen“, wie | |
Trinkwasserversorgung, Abwasserentsorgung, aber auch der Gewässerschutz | |
gewährleistet werden kann – selbst unter ungünstigsten Rahmenbedingungen. | |
Die versucht die Umweltverwaltung in unterschiedliche Szenarien zu fassen. | |
Das dramatischste ist dabei ein Rückgang des Wasserzustroms aus Brandenburg | |
um 75 Prozent, während sich die Berliner Bevölkerung auf die | |
4-Millionen-Grenze zubewegt. | |
Sich darauf festlegen, dass es mit [2][Dürre und Hitze so weitergeht wie | |
zuletzt], möchte die Umweltverwaltung dabei nicht: Dazu sei der Klimawandel | |
zu komplex. „Wir wollen uns auch nicht über Spekulationen in Aufregung | |
versetzen“, so Tidow, „aber wenn dann klar wird, wie es sich entwickelt, | |
wollen wir Handlungsstrategien vorbereitet haben.“ | |
Denn das Privileg, das Berlin genießt – es kann seinen gesamten | |
Wasserbedarf selbst fördern –, gerät ins Wanken, wenn ausbleibende | |
Niederschläge und stärkere Verdunstung mit dem Wasserdurst der ehemaligen | |
Braunkohletagebaue zusammenkommen. 60 Prozent des Berliner Trinkwassers | |
wird aus sogenanntem Uferfiltrat gewonnen, also versickerndem Fluss- bzw. | |
Seenwasser. | |
Mehr Grundwasserförderung ist keine Lösung, im Gegenteil: Schon heute, so | |
Tidow, förderten die Berliner Wasserwerke etwas mehr aus tieferen | |
Schichten, als neu gebildet werde. Diese Übernutzung von rund 2 Prozent | |
senke tendenziell den Grundwasserspiegel. „Kein Grund für Panik“, meint | |
Tidow, trotzdem sei die Situation nicht unbedenklich. | |
Teil des Masterplans, der erstmalig im Herbst dem Senat vorgelegt werden | |
soll, ist darum die Reaktivierung von Wasserwerken, um die Förderung | |
gleichmäßiger zu verteilen. Konkret handelt sich um die Standorte | |
Johannisthal und Jungfernheide, die gerade aufgrund des gesunkenen | |
Trinkwasser-Dursts stillgelegt worden waren. | |
Ein weiterer Punkt ist der Ausbau der Reinigungsstufen in den Klärwerken, | |
wodurch etwa Phosphor zurückgehalten werden kann. Auch | |
Medikamentenrückstände sollen künftig entfernt werden können, im Klärwerk | |
Schönerlinde am nördlichen Stadtrand wird derzeit eine entsprechende Anlage | |
gebaut. | |
Wichtig ist das, weil der Berliner Wasserhaushalt bei weniger Zustrom | |
stärker als Kreislauf wird funktionieren müssen. Hinzu kommen | |
[3][Anstrengungen bei der Versickerung von Regenwasser] – eine beratende | |
Agentur wurde bereits gegründet –, der Bau von Wehren, um den Abfluss aus | |
den Oberflächengewässern besser zu steuern, und die verstärkte Absprache | |
mit dem Land Brandenburg. | |
Vor allem will die Umweltverwaltung die Öffentlichkeit sensibilisieren: | |
„Wir müssen das Thema stärker in die Wahrnehmung rücken, denn es geht | |
wirklich alle an“, so Tidow. Eine Rationierung von Trinkwasser, vielleicht | |
auch nur zu bestimmten Zwecken und Zeiten – Stichwort: Swimmingpool – sei | |
übrigens nicht in Sicht. „So etwas planen wir derzeit nicht. Aber man | |
könnte durchaus in die Richtung rutschen, dass man über so etwas nachdenken | |
muss“, sagte der Staatssekretär. „Da müssen wir sensibel sein.“ | |
21 Apr 2021 | |
## LINKS | |
[1] https://www.berlin.de/sen/uvk/umwelt/wasser-und-geologie/masterplan-wasser/ | |
[2] /Erneut-trockenes-Jahr/!5705981 | |
[3] /Klimawandel-und-Stadt/!5624298 | |
## AUTOREN | |
Claudius Prößer | |
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