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# taz.de -- Gentrifizierung in Berlin: Den Aldi zu Grabe tragen
> Der Discounter in der Kreuzberger Markthalle 9 schließt endgültig.
> Initiativen beklagen den Verlust von günstiger Lebensmittelversorgung im
> Kiez.
Bild: Protest vor der Markthalle 9 im August 2020
BERLIN taz | „Kommt gern in Schwarz“, heißt es in der Einladung zu einer
besonderen Kundgebung in Kreuzberg. Dort werden die Menschen aufgefordert,
sich am kommenden Freitag um 16 Uhr in schwarzer Kleidung am Eingang der
Markthalle 9 in der Eisenbahnstraße zu versammeln. „Wir werden hier die
Idee einer ‚Markthalle für alle‘ beerdigen“, erklärt Stefanie Köhne der
taz. Die Kreuzbergerin hat sich mit anderen AnwohnerInnen über Jahre für
den Erhalt der Aldi-Filiale in der Markthalle 9 eingesetzt.
2019 war eine Kündigung noch zurückgenommen worden. Doch am 23. April
schließt der Aldi in der Markthalle nun endgültig. Damit ist laut Köhne
nicht nur die ursprüngliche Idee einer „Markthalle für alle“ gestorben.
„Die Grundversorgung der Bevölkerung mit Lebensmitteln ist nicht mehr
gegeben“, kritisiert sie. Dabei gehe es ihr nicht um Aldi, betont sie. „Mir
ist es egal, wer für die Grundversorgung der Bevölkerung mit Lebensmitteln
sorgt“, betont die engagierte Anwohnerin.
Eine dm-Filiale, die in die ehemaligen Aldi-Räume einziehen soll, erfülle
diese Bedingungen nicht, findet Köhne. „Dort gibt es lediglich ein sehr
begrenztes Sortiment und kaum Lebensmittel“, so ihre Begründung. Dem
widerspricht Nicolas Dressen, einer der Geschäftsführer der Markthalle 9,
gegenüber der taz. „Das umfangreiche Sortiment an Drogeriewaren ergänzt
ideal das Angebot der kleinen eigenständigen Lebensmittel- und
GemüsehändlerInnen in der Markthalle“, sagt er. Ihm sei aus vielen
Gesprächen mit den Anwohner*innen klargeworden, dass „das neue
dm-Angebot genau das ist, was viele Kund*innen der Nachbarschaft seit
Langem vermisst haben“.
## Aldi wäre gern geblieben
Axel von Schemm von der Aldi-Geschäftsführung betont gegenüber der taz,
dass Aldi gerne in der Markthalle geblieben wäre. „Lediglich die sehr
kurzfristige Kündigungsoption des Vermieters hat sich problematisch
gestaltet, da sie uns jegliche Planungssicherheit genommen hat“, bedauert
er. Nach der Rücknahme der Kündigung 2019 hatte Aldi Verträge mit einer
monatlichen Kündigungsfrist. Ende März 2021 habe die Aldi-Filiale in der
Markthalle die Kündigung erhalten.
Anwohnerin Köhne sieht in der Entscheidung auch einen Beitrag zur
Gentrifizierung im Stadtteil. Daher sollen auf der Kundgebung auch
MieterInnen der Wrangelstraße 23 reden. Das Haus ist im Besitz der
BetreiberInnen der Markthalle 9.
Bei dem Kampf um Aldi gehe es auch um unterschiedliche Bedürfnisse von
verschiedenen Bevölkerungsgruppen in Kreuzberg. NeukreuzbergerInnen, oft
junge gesundheitsbewusste Familien, fühlten sich vom dm-Sortiment
angesprochen. Dagegen stünden die Menschen, denen eine tägliche
Grundversorgung von Lebensmitteln zu erschwinglichen Preisen in ihren
unmittelbaren Wohnumfeld wichtig ist. „Das ist die Generation ‚Herr
Lehmann‘“, sagt eine langjährige Kreuzberger Bewohnerin. Viele Szenen des
gleichnamigen Films, der 2003 dem Kreuzberger Milieu ein Denkmal setzte,
spielte in der Markthalle – die damals allerdings noch nicht die Ziffer 9
trug.
22 Apr 2021
## AUTOREN
Peter Nowak
## TAGS
Schwerpunkt Gentrifizierung in Berlin
Discounter
Nahrungsmittel
Berlin-Kreuzberg
Mieterinitiativen
Schwerpunkt Gentrifizierung in Berlin
Dirk Behrendt
Schwerpunkt Gentrifizierung in Berlin
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