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# taz.de -- Berlin hat erstes Familienfördergesetz: Mehr Hilfe für Familien
> Berlin verankert die Familienförderung gesetzlich. Das ist ein
> bundesweites Novum. Der Senat will damit feste Angebotsstrukturen
> schaffen.
Bild: Künftig gut beraten: Familienspaziergang an der Spree in Berlin
Der Berliner Senat hat am Dienstag das bundesweit erste
Familienfördergesetz beschlossen. Es soll unter anderem
Unterstützungsangebote in Familienzentren und Familienservicebüros stärken
und staatlich geförderte Erholungsfahrten wieder einführen.
Damit sind Qualität und Finanzierung von Familienförderung erstmals
gesetzlich festgeschrieben. Die zuständige Senatorin für Bildung, Jugend
und Familie, Sandra Scheeres (SPD), zeigte sich der taz gegenüber
zufrieden: Das neue Gesetz sei „einzigartig und kommt allen Familien
zugute“. Berlin könne stolz darauf sein.
Das „Gesetz zur Förderung und Beteiligung von Familien“ wurde von der
Senatsverwaltung gemeinsam mit Akteur:innen aus Land, Bezirken und
Zivilgesellschaft entwickelt. Festgeschrieben ist darin etwa die Förderung
von Familienservicebüros, die in Fragen wie Sorgerecht, Elterngeld oder
Unterhaltsvorschuss und anderen Rechten von Eltern und Kinder beraten.
Bislang gibt es in Berlin neun solcher Familienservicebüros. Das neue
Gesetz sieht vor, dass es in jedem Bezirk eins geben muss. Das sei wichtig,
so Scheeres, denn: „Nicht alle Eltern wissen, was ihnen an Leistungen
zusteht.“
Ein weiterer Punkt im Gesetz sind vom Land geförderte Erholungsfahrten und
-urlaube für Familien mit Kindern. Vor allem Familien mit niedrigem
Einkommen oder besonderen Belastungen sollen sie nutzen. Dabei werden sie
von sozialpädagogischen Maßnahmen begleitet. Diese Möglichkeit gab es
bereits früher in Berlin – bis sie unter dem damaligen SPD-Finanzsenator
Thilo Sarrazin gestrichen wurde. Scheeres führt sie nun wieder ein.
Mit dem Gesetz wird außerdem das bereits seit 2019 bestehende Projekt der
Stadtteilmütter dauerhaft gefördert. Stadtteilmütter sind Mütter mit
Migrationshintergrund, die andere Mütter mit Kinder von bis zu zwölf Jahren
unterstützen und beraten.
„Meine Motivation ist, dass wir eine feste Angebotsstruktur haben, die den
Familien nicht mehr genommen werden kann“, sagt Scheeres der taz. „Ich habe
hier Gelder für die Zukunft verhandelt.“ Zu den jährlich 30 Millionen Euro,
die in Berlin von Bund, Land und Bezirken bereits für die Familienförderung
bereitgestellt werden, sollen bis zum Jahr 2026 weitere 20 Millionen Euro
kommen, in den kommenden zwei Jahren zunächst jeweils zwei Millionen Euro.
Auch ein Anreiz für weitere Investitionen in die Familienförderung ist im
Gesetz festgeschrieben: Bezirke bekommen eine Million Euro vom Senat, wenn
sie ebenfalls so viel investieren. „Wir wollen einen Anreiz schaffen, dass
die Familienfördermaßnahmen weiterentwickelt werden“, so Scheeres.
## „Kein Dissenz in der Koalition“
Auch die familienpolitische Sprecherin der Grünenfraktion im
Abgeordnetenhaus, Marianne Burkert-Eulitz, ist zufrieden. „Es gibt keinen
inhaltlichen Dissens in der Koalition“, sagt sie der taz. Die Grünen hatten
im vergangenen November einen eigenen Entwurf zum Familienfördergesetz
veröffentlicht. „Dort waren mehr Beteiligungsfragen drin als im jetzigen
Gesetz“, sagt Burkert-Eulitz. Dazu gehört eine Beschwerdestelle für Kinder
und Jugendliche.
„Wir werden uns in den parlamentarischen Beratungen noch für die
Beteiligung und Beschwerdemöglichkeiten von jungen Menschen und Familien
einsetzen“, erklärte Burkert-Eulitz in einer Presseerklärung. Das
Abgeordnetenhaus muss dem Gesetzentwurf noch zustimmen.
Auch Katharina Spieß, Bildungs- und Familienökonomin am Deutschen Institut
für Wirtschaftsforschung (DIW), ist angetan vom Beschluss zum
Familienfördergesetz: „Ich finde die Initiative des rot-rot-grünen Senat
sehr gut, weil es eine nachhaltige und gezielte Förderung der Familien ist.
Es sind sehr gute Elemente drin, die zeigen, dass es Lösungsansätze gibt
für Probleme, die in der Pandemie verschärft wurden.“
Auf Landesebene würde oft vergessen, dass für einzelne Träger keine
Planungssicherheit bestehe, wenn einzelne Zentren und Projekte nur über
eine Legislaturperiode gefördert würden. Spieß mahnt deshalb schon seit
Jahren an, dass Projektförderung sehr viel weniger bringe als nachhaltige
Förderung.
„Bislang wurde nach politischer Farbenlehre entschieden. Mit dem jetzigen
Familienfördergesetz hat der Senat über einen Grundsatz entschieden.“
Weiterentwicklungsbedarf sieht Spieß nur in der Vernetzung von Angeboten
wie Familienzentren und Kitas, damit nicht mehrere Angebote nebeneinander
bestehen. „Das Gesetz bietet die Möglichkeit dieser stärken Vernetzung, sie
sollte konkret angegangen werden“, sagt Spieß.
21 Apr 2021
## AUTOREN
Nicole Opitz
## TAGS
Sandra Scheeres
R2G Berlin
Familie
Kolumne Flimmern und Rauschen
Schwerpunkt Coronavirus
Kinderheim
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