# taz.de -- Parlamentswahl in Grönland: Machtwechsel wegen Streit um Uran | |
> Auf der Arktisinsel gewinnt die sozialistische Inuit Ataqatigiit. Sie | |
> hatte sich gegen den Abbau von Uran und Seltenen Erden gestellt. | |
Bild: Múte B. Egede könnte mit 34 Jahren der bislang jüngste grönländische… | |
STOCKHOLM taz | Die Widerstandsbewegung gegen einen Uranbergbau auf | |
Grönland hat einen wichtigen Sieg errungen. Bei der Parlamentswahl am | |
Dienstag verlor die sozialdemokratische Siumut mit 29 Prozent [1][ihre | |
bisherige politische Führungsposition], die sie dort mit Ausnahme einer | |
Legislaturperiode seit vier Jahrzehnten innehatte. Zur stärksten Partei | |
wurde nun mit 36,6 Prozent und einem Plus von 11 Prozentpunkten gegenüber | |
der Wahl von 2018 die bisherige Oppositionspartei, die sozialistische Inuit | |
Ataqatigiit (IA). „Ein großer Sieg für Umwelt und Klima“, freute sich | |
Pernille Skipper von der „Einheitsliste“, Dänemarks sozialistischer | |
Schwesterpartei. | |
Großes Streitthema der Wahl auf der Arktisinsel war ein Minenprojekt im | |
südgrönländischen Kvanefjeld. Ein in Australien ansässiges Unternehmen | |
will dort schon seit Langem Uran sowie Seltene Erden gewinnen. Letztere | |
werden unter anderem in Laptops und Smartphones verbaut. | |
Noch in der Wahlnacht gratulierte der Siumut-Vorsitzende Erik Jensen seinem | |
IA-Kollegen und mutmaßlichen künftigen Regierungschef Mute B. Egede zum | |
Sieg. Der IA-Vorsitzende kündigte seinerseits an, unverzüglich | |
Verhandlungen mit den anderen Parteien aufzunehmen: „Mal sehen, wie breit | |
die Koalition werden wird.“ | |
16 Mandate braucht es im grönländischen Parlament mit seinen 31 Sitzen für | |
eine Mehrheit. Auf 12 Mandate kam IA bei der Wahl nun selbst. Eine | |
naheliegende Kombination wäre eine Regierung mit der Naleraq. Diese | |
Abspaltung von Siumut, die im Gegensatz zu dieser aber entschiedene | |
Gegnerin des Uranbergbaus ist, wurde mit 4 Mandaten und 12 Prozent der | |
Stimmen drittstärkste Partei. | |
## 71 Prozent gegen Bergbaupläne | |
Über die Grundvoraussetzung für eine Regierungszusammenarbeit ließ der | |
34-jährige Egede, der der bislang jüngste grönländische Regierungschef | |
werden würde, von vornherein keinen Zweifel aufkommen: Das Minenprojekt in | |
Kvanefjeld soll endgültig gestoppt werden: „Wir sagen Nein zum Uranabbau. | |
Wir hören auf die Wähler, die das beunruhigt.“ Dass dies tatsächlich die | |
überwältigende Mehrheit der GrönländerInnen ist, machte neben dem | |
Wahlergebnis [2][eine unmittelbar vor der Wahl] vorgenommene demoskopische | |
Umfrage deutlich: 71 Prozent sprachen sich dabei gegen die Bergbaupläne | |
aus. | |
Das Kvanefjeld-Projekt als hauptsächliche Ursache für die Niederlage seiner | |
Partei – das sieht auch Erik Jensen so. Siumut hatte die Brisanz dieses | |
Themas gründlich falsch eingeschätzt. Die Kontroverse um den schon seit | |
2007 diskutierten Uranbergbau hatte sich dank einer zunehmend aktiveren | |
Umweltbewegung vor der Wahl von einer ursprünglich lediglich lokalen und | |
regionalen zu einer nationalen Frage hochgeschaukelt. Damit wurde sie auch | |
zentral für das Votum der rund 40.000 Wahlberechtigten. | |
Im Kern geht es um die Frage, ob Grönland bei seinem Weg zur | |
Selbstständigkeit auf eine nachhaltige und damit auch zwangsläufig | |
langsamere Entwicklung setzen soll, in deren Zentrum weiterhin Fischfang | |
und Tourismus stehen würden, oder ob man mit Großprojekten zur Ausbeutung | |
der reichen Mineralvorkommen, die viel Geld in die Staatskasse spülen | |
könnten, diesen Prozess beschleunigen will. | |
Um diese Weichenstellung ging es bereits vor fast zehn Jahren einmal. | |
Damals war es die Siumut und mit Aleqa Hammond Grönlands erste Frau im | |
Ministerpräsidentenamt, die die Rohstoffpolitik des Landes revidierte: Die | |
Offshore Öl- und Gassuche wurde gestoppt und auch die Gesetzgebung zur | |
Rohstoffausbeutung an Land wurde verschärft. Nun wird man sehen, ob die | |
Sozialdemokraten aus ihrer Niederlage Konsequenzen ziehen und zu dieser | |
Linie zurückfinden werden. | |
7 Apr 2021 | |
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## AUTOREN | |
Reinhard Wolff | |
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