# taz.de -- Gipsmangel durch Kohleausstieg: Seltenes Karstgebiet bedroht | |
> Im niedersächsischen Südharz sollen Abbaugebiete für Gips erweitert | |
> werden. Die Region gilt als Hotspot der Biodiversität. | |
Bild: Thüringen, Ellingen: Gipsabbau in der Karstlandschaft des Südharzes | |
BERLIN/HANNOVER dpa/taz | Der Naturschutzbund (Nabu) hat Pläne zur | |
Ausweisung weiterer Gipsabbaugebiete im Südharz kritisiert. [1][Betroffen | |
sei eine europaweit einzigartige Landschaft] mit einer großen | |
Artenvielfalt, sagte der Nabu-Landesvorsitzende Holger Buschmann. Die | |
vorgesehene Änderung des Raumordnungsprogramms in Niedersachsen, die | |
weiteren Gipsabbau ermöglicht, müsse zurückgezogen und die einmalige | |
Gipskarstlandschaft dauerhaft unter Schutz gestellt werden, etwa in Form | |
eines Biosphärenreservats. | |
Die Harzer Gipskarstlandschaft erstreckt sich über die drei Bundesländer | |
Niedersachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen und wird vom Bundesamt für | |
Naturschutz als „Hotspot der Artenvielfalt“ und als „größtes und | |
bedeutendstes Gipskarstgebiet Mitteleuropas“ bewertet. Sachsen-Anhalt hat | |
Anfang der 90er Jahre auf seinen Flächen das „Biosphärenreservat | |
Karstlandschaft Südharz“ eingerichtet, Thüringen Naturparks. | |
Ein länderübergreifendes Biosphärenreservat war damals gescheitert. Die | |
vorgesehenen Gipsabbaugebiete auf niedersächsischer Seite befinden sich im | |
Altkreis Osterode. Bereits 2019 hatten mehrere Umweltverbände in einem | |
offenen Brief die Ministerpräsidenten von Niedersachsen, Thüringen und | |
Sachsen-Anhalt dazu aufgefordert, die europaweit einmalige | |
Gipskarstlandschaft im Südharz für nachfolgende Generationen zu erhalten. | |
Im niedersächsischen Teil der Gipskarstlandschaft sind bereits mehr als 50 | |
Prozent der Flächen mit oberflächennah vorkommendem Gips abgebaut. | |
Wie das für die Raumordnung zuständige Landwirtschaftsministerium in | |
Hannover erklärte, ergibt sich der Bedarf nach weiterem Gipsabbau durch den | |
Ausstieg aus der Kohleverstromung. Dort fiel bisher bei der | |
Rauchgasentschwefelung von Kohlekraftwerken Gips ab, der sogenannte | |
REA-Gips. Allein durch Recycling von Gips lässt sich die Lücke nicht | |
schließen. Vor allem im Trocken- und Leichtbau, etwa für Trennwände und | |
abgehängte Decken, findet Gips Verwendung. | |
## Gipsabbau nur außerhalb von Schutzgebieten | |
Die Mehrheit der jährlich in Deutschland benötigten etwa zehn Millionen | |
Tonnen Gips stammen aus Abbaugebieten im Südharz, also aus Niedersachsen, | |
Sachsen-Anhalt und Thüringen. Das Ministerium betonte, dass das | |
Raumordnungsprogramm lediglich kleinflächige Erweiterungen bestehender | |
Gipsabbaugebiete um insgesamt rund 40 Hektar vorsieht. Diese lägen alle | |
außerhalb von Naturschutzgebieten. Mit den vorgesehenen Festlegungen solle | |
einerseits dem Bedarf an Rohstoffgewinnung Rechnung getragen und | |
gleichzeitig sichergestellt werden, dass für den Naturschutz besonders | |
wertvolle Gebiete vor einem Abbau geschützt werden. Die Ausweisung als | |
Vorranggebiet für die Rohstoffgewinnung bedeute noch keinen Anspruch auf | |
Zulassung eines Abbauvorhabens. | |
Anregungen und Bedenken [2][gegen den im Internet veröffentlichten Entwurf | |
des Landesraumordnungsprogramms] können noch bis Freitag eingebracht | |
werden. Die Änderung des Raumordnungsplans soll kommendes Jahr in Kraft | |
treten. | |
16 Mar 2021 | |
## LINKS | |
[1] /BUND-will-Abbau-von-Naturgips-stoppen/!5717483 | |
[2] https://www.lrop-online.de/2020/php/modules_global/module_main.php | |
## AUTOREN | |
Heike Holdinghausen | |
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