# taz.de -- Breite Ablehnung von Pflegekammer: Fast niemand will den Zwang | |
> 92 Prozent der Pflegekräfte in Schleswig-Holstein stimmen für die | |
> Auflösung ihrer Kammer. Dabei sollte die ihre Interessen vertreten. | |
Bild: Die Haltung der Mitglieder ist klar: Weg damit! | |
Kiel taz | Was bleibt zu sagen, wenn knapp 92 Prozent der Mitglieder der | |
eigenen Organisation raten, sich aufzulösen? Der Vorstand „respektiert das | |
eindeutige Votum“, sagte die Präsidentin der Pflegeberufekammer | |
Schleswig-Holstein, Patricia Drube, zu dem am Donnerstag verkündeten | |
Ergebnis, das in dieser Deutlichkeit kaum jemand erwartet hatte, auch nicht | |
Drube: „Ich bin geschockt und erschüttert“, sagte sie dem NDR. | |
Dabei war die Kammer bereits lange vor ihrem Start umstritten. Das | |
Selbstverwaltungsgremium der Pflegekräfte war politisch gewollt, vor allem | |
von der SPD, die das Thema 2012 in den Koalitionsvertrag mit Grünen und SSW | |
aufnahm. Schleswig-Holstein beschloss damit [1][als erstes Bundesland] eine | |
solche Kammer, die Umsetzung jedoch ging in anderen Ländern schneller. | |
„Eine starke Stimme für die Pflege“ solle die Kammer sein, hoffte Birte | |
Pauls, SPD-Landtagsabgeordnete und examinierte Intensivpflegerin. Das | |
Problem: Wie und wofür genau die Kammer ihre Stimme erheben sollte, blieb | |
stets vage. | |
Über bessere Löhne verhandelt die Gewerkschaft Ver.di – die daher von | |
Anfang an gegen die Kammer war –, und Themen anderer Kammern, etwa | |
berufliche Aufsicht oder Streitschlichtung, entfallen, weil die meisten | |
Pflegekräfte angestellt und nicht freiberuflich sind wie die meisten | |
Ärzt:innen oder Apotheker:innen. | |
## Ärger über Zwangsmitgliedschaft | |
Kammertypisch war am Ende nur die Zwangsmitgliedschaft – zum Ärger vieler | |
Pflegekräfte. Seit 2016 hat die Kammer eine Geschäftsstelle, in der ein | |
Stab von Hauptberuflichen zunächst einmal damit anfing festzustellen, wer | |
überhaupt zu den Mitgliedern der Kammer zählt. | |
2018 trat die Kammerversammlung erstmals zusammen, Drube wurde als | |
Vorsitzende gewählt. 2019 starteten Kammer-Gegner:innen eine Petition zur | |
Abschaffung. Der Landtag beschloss eine finanzielle Starthilfe von drei | |
Millionen Euro, koppelte sie aber an eine Umfrage, wie es weitergehen | |
sollte. | |
Das negative Votum von Dreiviertel der Mitglieder bedeutet nun das Ende der | |
Kammer in ihrer jetzigen Form, so erklärten es mehrere Landtagsparteien. | |
Im September hatte es in Niedersachsen eine Abstimmung über die Kammer | |
gegeben, auch dort fiel das Votum mit 70 Prozent [2][klar für die | |
Abwicklung] aus. | |
27 Mar 2021 | |
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## AUTOREN | |
Esther Geißlinger | |
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