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# taz.de -- Mutmaßlicher AfDler auf Nazi-Demo: Ziemlich beste Freunde
> Guido G. war auf der Neonazi-Demo vor knapp zehn Tagen. Er ist mutmaßlich
> Mitarbeiter des AfD-Abgeordneten Gunnar Lindemann.
Bild: Zur Demo hatten Neonazi-Gruppen aufgerufen: Guido G. (3. v.l.) fühlte si…
Berlin taz | Für die Neonazis, die am Brandenburger Tor groß auftrumpfen
wollten, war es ein Misserfolg: Die Demo [1][vom vorletzten Samstag], zu
der extrem rechte Gruppen aufgerufen hatten und bei der unter anderem viele
NPDler, Hools und andere Neonazis waren, blieb mit unter 300
Teilnehmer:innen eher klein und war von Gegenprotest flankiert. Selbst
in den Telegram-Gruppen der Organisator:innen war von einem
[2][„Totalausfall“] die Rede.
Dennoch halten Bilder der Demo interessante Informationen bereit: Sie
belegen einmal mehr, dass zwischen Teilen der AfD Berlin und organisierten
Neonazi-Kreisen wenig Berührungsängste bestehen.
So sind auf Fotos von Antifaschist:innen nicht nur Personen aus dem
Spektrum der Neonazi-Parteien NPD und des III. Wegs und zahlreiche
antisemitische und neonazistische Symbole und Fahnen zu sehen, sondern auch
Guido G., der [3][mutmaßlich Mitarbeiter oder zumindest ein Vertrauter] des
Berliner AfD-Abgeordneten Gunnar Lindemann ist.
Lindemann holte 2016 für die AfD das Direktmandat in Marzahn-Hellersdorf
und wurde kürzlich als Beisitzer in den Vorstand der Partei gewählt. Er
gilt als Anhänger der angeblich aufgelösten rechtsextremen Parteiströmung
Flügel und posiert gern mit Daumen nach oben auf Fotos mit Björn Höcke. In
der Vergangenheit war Lindemann häufig zusammen mit G. unterwegs, wie der
taz vorliegende Fotos zeigen.
## Nazi-Sprüche und Antifa-Hass
Trotz der Vermummung des Mannes auf dem aktuellen Foto der Neonazi-Demo
lässt sich zweifelsfrei belegen, dass es sich um Guido G. handelt. Das
ergibt eine kurze Facebook-Recherche der taz: Auf seinem privaten Account
unter Klarnamen hat G. von der Veranstaltung live gestreamt. Auch trägt er
auf den Fotos von der Nazi-Demo dieselbe Jacke, Ledertasche, Käppi sowie
ein auffälliges rotes Brillengestell wie auf verschiedenen Facebook-Fotos.
Auf mehreren der taz vorliegenden Fotos von Demonstrationen begleitete G.
den Abgeordneten Lindemann teilweise im exakt gleichen Outfit, in dem er
nun auf der Nazi-Demo erschienen war: bei Bauernprotesten im Januar 2020,
bei einer AfD-Demo im Februar 2020, bei verschwörungsideologischen
Protesten im Dezember 2020 sowie im Mai 2020. Ebenso streamt G. auf
Facebook von den verschwörungsideologischen Autokorsos in
Marzahn-Hellersdorf, an denen auch Lindemann immer wieder teilnimmt.
Auch sonst lässt das Facebook-Konto von G. tief blicken: Neben
Union-Berlin-Selfies postet der Mann gerne Bilder von sich mit AfD-Slogans,
posiert ohne Maske vor dem Supermarktregal oder montiert auf Urlaubsfotos
von der Ostsee den Nazi-Spruch „White Lives Matter“. Ebenso finden sich
Anklänge an die neonazistische Anti-Antifa: „Love Football – hate Antifa�…
Auf taz-Anfrage bestreitet Lindemann, dass es sich bei dem Mann um seinen
Mitarbeiter handeln soll. Guido G. sei niemals sein Mitarbeiter gewesen und
er habe auch nicht vor, diesen zu beschäftigen.
Blöd nur, dass Lindemann selbst sagte, dass es sich bei G. um seinen
Mitarbeiter handele – und zwar in einem gut drei Monate alten
Video-Interview am Rande einer verschwörungsideologischen Demo. Damals
interviewte ihn der antisemitische Videoblogger und als sogenannter
„Volkslehrer“ bekannte Holocaust-Leugner Nikolai Nerling.
In dem Video sieht man [4][ab Minute dreieinhalb], wie Lindemann und G. mit
der Polizei diskutieren, bis G. schließlich von der Polizei weggeschickt
wird – vermutlich wegen der Infektionsschutzbestimmungen. Lindemann gibt
daraufhin dem rechtsextremen Videoblogger ein Interview, spricht von
aufgeregten Polizisten und sagt: „Mein Mitarbeiter hat seinen Ausweis
leider nicht mit, darum muss er jetzt spazieren gehen.“ Auch an jenem Tag
trug G. dieselbe Jacke und Tasche wie vergangenes Wochenende auf der
Nazi-Demo.
Trotz Konfrontation mit diesem Ausschnitt bestreitet Lindemann auf erneute
Nachfrage weiter, dass G. sein Mitarbeiter sei. In welchem Verhältnis er
dann zu ihm stehe, beantworte Lindemann genau so wenig wie die Frage, warum
er dem extrem rechten Videoblogger Nerling ein Interview gibt.
Möglich natürlich, dass Lindemann lediglich gegenüber der Polizei
fälschlich behauptet hatte, dass es sich bei G. um seinen Mitarbeiter
handele. In jedem Fall bleibt es aufschlussreich, dass ein mit Lindemann
vertrauter oder bekannter Mann sich auf Neonazi-Demos herumtreibt.
30 Mar 2021
## LINKS
[1] /Corona-Demos-in-Berlin/!5754961
[2] https://www.belltower.news/berlin-war-ein-totalausfall-die-gescheiterte-neo…
[3] https://twitter.com/KimWinkler1312/status/1373664860815380487
[4] https://www.dailymotion.com/video/x7y75ch
## AUTOREN
Gareth Joswig
## TAGS
Schwerpunkt AfD in Berlin
Rechtsextremismus
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Coronaleugner
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