# taz.de -- Sri Lanka und seine Muslime: Hardliner wollen Burkaverbot | |
> In Sri Lanka sollen islamische Schulen geschlossen und das Tragen eines | |
> Gesichtsschleiers verboten werden. Aktivist:innen klagen dagegen. | |
Bild: Straßenszene in Sri Lankas Hauptstadt Colombo | |
MUMBAI taz | Sri Lankas Regierung hat Pläne bekannt gemacht, das Tragen | |
eines Gesichtsschleiers erneut zu verbieten und 1.000 muslimische Schulen | |
zu schließen. „Früher haben muslimische Frauen und Mädchen keine Burka | |
getragen“, wetterte Sarath Weerasekara, Minister für öffentliche | |
Sicherheit. | |
Der Kriegsveteran nennt das Tragen von Burkas ein „Zeichen von religiösem | |
Extremismus“, der „die nationale Sicherheit gefährdet“. | |
Der Gesetzentwurf muss noch vom Parlament gebilligt werden. Das erscheint | |
allerdings als Formsache: Die buddhistisch-nationalistische Regierung unter | |
[1][Gotabaya Rajapaksa] verfügt über eine komfortable Zweidrittelmehrheit. | |
„Hoffentlich führt der #burqaban nicht zur unnötigen Belästigung von | |
muslimischen Frauen, die sich entschieden haben, ihren Kopf zu bedecken“, | |
äußerte sich Jamila Husain, Journalistin vom sri-lankischen Blatt Daily | |
Mirror. | |
## Menschenrechtsaktivistin: Es geht um Grundrechte | |
Die Menschenrechtsaktivistin Shreen Saroor vom Women’s Action Network | |
meint, dass die Aussagen des Ministers muslimische Frauen dämonisieren. | |
„Selbst wenn es weniger als 1 Prozent der Musliminnen in Sri Lanka | |
betrifft, die einen Gesichtsschleier tragen, geht es hier um ihre | |
Grundrechte“, sagt sie der taz. Sie vermutet, dass sie dadurch erneut zur | |
Zielscheibe von radikalen Buddhisten werden. | |
Ein ähnliches Szenario spielte sich auf der Insel nach den islamistischen | |
Terroranschlägen Ostern 2019 ab, auf die eine Notstandsverordnung samt | |
Verschleierungsverbot folgte. Frauen wurden daran gehindert, öffentliche | |
Verkehrsmittel oder selbst Krankenhäuser zu betreten | |
„Männer in Jeans haben diese Taten begangen, keine verschleierten Frauen“, | |
sagt Saroor. Viele hätten seitdem den Schleier abgelegt, um weiterer | |
Schikane zu entgehen – andere würden kaum mehr das Haus verlassen. | |
Am Montag legte Saroor eine Beschwerde vor dem UN-Menschenrechtsrat gegen | |
die neuen Gesetzesentwürfe ein. Kürzlich erst war auf dessen 46. Sitzung | |
die sich verschlechternde Rechtslage in Sri Lanka angesprochen worden. | |
## Sorge vor verschärfter Anwendung von Antiterrorgesetz | |
Saroor blickt ebenfalls mit Sorge auf die Ankündigung, dass das | |
Antiterrorgesetz PTA in größerem Umfang angewendet werden soll. Unter dem | |
PTA wurde beispielsweise ein junger muslimischer Dichter inhaftiert, der | |
seitdem ohne Anhörung eingesperrt ist. | |
Außerdem sollen 1.000 islamische Madrassa-Schulen schließen. Diese Schulen | |
seien nicht registriert und verstießen gegen die nationale Bildungspolitik. | |
Ein Großteil würde zudem nur das Arabisch des Koran lehren, begründetet | |
Admiral Weerasekara das zweite Vorhaben. | |
Der Einfluss des Wahabismus, einer konservativen Form des sunnitischen | |
Islams, ist in Sri Lanka unbestreitbar. Armut und fehlende soziale | |
Aufstiegsmöglichkeiten haben dies begünstigt, so der Politikwissenschaftler | |
Mohamed Imtiyaz. Eine Ausrede ist das aber nicht für den Kurs der Regierung | |
von [2][Gotabaya Rajapaksa] gegen Minderheiten. | |
Während der Pandemie wurde bereits Kritik an der sri-lankischen Regierung | |
laut, die 2020 die Einäscherung aller Covid-19-Toten anordnete. Dabei | |
verstößt dies gegen die Tradition, dass Muslime ihre Toten begraben. Die | |
Bestattungsvorschrift wurde nach internationalem Druck aufgehoben. | |
16 Mar 2021 | |
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## AUTOREN | |
Natalie Mayroth | |
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