| # taz.de -- Fragliche Abschiebepraktiken: Rassismus gegen Dealer? | |
| > Andreas Geisel (SPD) begleitete einen Polizeieinsatz im Görlitzer Park. | |
| > Ein Offener Brief kritisiert den Innensenator nun scharf. | |
| Bild: Geisel im Görlitzer Park auf der Suche nach Stoff | |
| Berlin taz | Eine breite Koalition migrantischer und antirassistischer | |
| Gruppen, unter ihnen die Initiative Schwarze Menschen in Deutschland, haben | |
| in einem [1][offenen Brief] einen Presseauftritt von Innensenator Andreas | |
| Geisel (SPD) im Görlitzer Park am vergangenen Freitag deutlich kritisiert. | |
| Sie werfen Geisel vor, sich in „rassistisch diskriminierender Art und | |
| Weise“ über Schwarze Menschen geäußert zu haben. | |
| In Videoclips, welche die [2][B. Z.] veröffentlichte, erzählt Geisel im | |
| Görlitzer Park, eine Delegation aus Guinea halte sich in Berlin auf, | |
| welcher „Dealer“ ohne Dokumente „vorgeführt“ würden. Die Delegation | |
| entscheide dann, ob es sich um guineische Staatsbürger:innen handle – | |
| falls ja, würden die Betroffenen abgeschoben. In 15 von 22 Fällen sei das | |
| bereits „bestätigt“ worden. | |
| Im offenen Brief heißt es, Geisel habe guineische Menschen mit | |
| Drogendealern gleichgesetzt. Es scheine ihm „allein um den populistischen | |
| Vorwahlkampf“ zu gehen. Diese Vorwürfe wies Martin Pallgen, Pressesprecher | |
| der Senatsverwaltung für Inneres, als „vollkommen absurd“ zurück. Der | |
| Senator habe die Ergebnisse der Arbeitsgemeinschaft Görlitzer Park | |
| vorgestellt und dabei „klar gemacht, dass racial profiling in der Berliner | |
| Polizei verboten ist“. | |
| Allerdings bestätigte Pallgen die Praxis, ausreisepflichtige Geflüchtete | |
| vor Delegationen ihrer vermeintlichen Herkunftsländer vorzuführen. Eine | |
| „entsprechende Expertenkommission“, bestehend aus „ermächtigten | |
| Bediensteten“ des vermuteten Herkunftslandes, sei tätig geworden. | |
| ## Abschiebungen mit ungewissen Ausgang | |
| Diese Praxis kritisierten der Berliner Flüchtlingsrat und andere | |
| Organisationen am Dienstag in einer [3][Pressemitteilung] scharf. So sei | |
| etwa „höchst fragwürdig“, wie die guineische Delegation arbeite oder wie | |
| sie sich legitimiere. Zudem käme es bei solchen „Zwangsvorführungen“ immer | |
| wieder zu körperlicher Gewalt. | |
| Ohnehin lasse die Lage in Guinea keine Abschiebungen zu. Neben der | |
| Coronapandemie bahne sich durch eine erneute Ausbreitung des Ebola-Virus | |
| eine humanitäre Katastrophe an. Zudem gingen von Präsident [4][Alpha | |
| Condé], der sich letztes Jahr via Verfassungsreform weitere Amtszeiten | |
| sicherte, unter anderem „willkürliche Übergriffe gegen Zivilist*innen | |
| und Demonstrant*innen“ aus, so Balde Aissatou Cherif von der Organisation | |
| Guinée-Solidaire in der Mitteilung. | |
| Ob die Delegation von ebenjener Regierung gestellt wird, ist unklar. | |
| Pressesprecher Pallgen schrieb der taz, nähere Details könnten aus | |
| Geheimhaltungsgründen nicht ausgeführt werden. Laut Flüchtlingsrat steht | |
| für die vermeintlichen Guineer aber am 15. März ein Charter-Abschiebeflug | |
| parat. | |
| 12 Mar 2021 | |
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| [1] https://fluechtlingsrat-berlin.de/wp-content/uploads/offener-brief-zu-press… | |
| [2] https://www.bz-berlin.de/berlin/friedrichshain-kreuzberg/kampf-gegen-krimin… | |
| [3] https://fluechtlingsrat-berlin.de/wp-content/uploads/09.03.2021_pm_guinea_.… | |
| [4] https://www.hrw.org/news/2020/12/14/relentless-crackdown-guineas-opposition | |
| ## AUTOREN | |
| Timm Kühn | |
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