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# taz.de -- Korruptionsskandal in Spanien: Herr über das Schwarzgeld
> Luis Bárcenas ist der Hauptangeklagte in der Schmiergeldaffäre der
> konservativen Partido Popular (PP). Zeugen wissen angeblich von nichts.
Bild: Luis Bárcenas, ehemaliger Schatzmeister der konservativen Volkspartei (P…
Madrid taz | Der Geschäftsführer und spätere Kassenwart einer großen Partei
streicht über 850 Millionen Schmiergeld ein, [1][finanziert damit
Wahlkämpfe], den Umbau der Parteizentrale und verteilt Monat für Monat an
hochrangige Mitglieder Umschläge mit bis zu 15.000 Euro. Und keiner hat
etwas davon gewusst?
Genau dies versuchen dieser Tage eine ganze Reihe namhafter Zeugen aus den
Reihen der konservativen Volkspartei Partido Popular (PP) glauben zu machen
– unter ihnen die beiden Ex-Regierungschefs Mariano Rajoy und José María
Aznar, die am Mittwoch vom obersten Strafgericht in Madrid, der Audiencia
Nacional, verhört wurden. Der Hauptangeklagte heißt Luis Bárcenas. Der
heute 64-Jährige war bis 2013 Herr über die PP-Buchführung und damit auch
über Schwarzgeld.
Seine erste Anstellung in der Alianza Popular, Vorgängerpartei der PP,
bekam Bárcenas 1982 kurz nach Abschluss eines Wirtschaftsstudiums, nachdem
sein Vater – Direktor einer Bankfiliale – zu günstige Kredit an einen
Parteiführer vergeben hatte. Bárcenas stieg bald schon in die
Geschäftsführung auf und lernte, auf was es ankam.
Unternehmer leisteten unter der Hand Spenden und wurden dafür in Regionen
und Gemeinden, wo die Partei regierte, mit großzügigen Aufträgen bedacht.
Es ging um Großaufträge, wie die Organisierung des Papstbesuchs, der Formel
1 in Valencia und um die Vergabe von Bauland. Alle an der Parteispitze
hätten davon gewusst und von den Umschlägen profitiert, verteidigt sich
Bárcenas, Freund von Skiurlauben in der Schweiz, wo er millionenschwere
Konten unterhielt.
## Unterlagen verschwanden
Doch Bárcenas, der für die PP auch im Senat, dem spanischen Oberhaus, saß,
hat keine Unterlagen mehr, um dies zu belegen. Nach seiner Entlassung 2013
wurde sein Büro in der Parteizentrale ausgeräumt, die Festplatten seiner
Computer wurden gelöscht und anschließend mechanisch zerstört. Doch damit
nicht genug: Beamte aus der Polizeiführung zu Zeiten der Regierung Rajoy
(2011 bis 2018) werden in anderen Ermittlungen und einem parlamentarischen
Untersuchungsausschuss verdächtigt, Bárcenas und dessen Ehefrau
nachgestellt und mithilfe seines Chauffeurs Dokumente entwendet zu habe.
Die Ermittlungen zum Korruptionsgeflecht der PP, in deren Zentrum immer
wieder Bárcenas steht, führten zu einer ganzen Reihe von Gerichtsverfahren.
2018 wurde in einem davon die Partei als solche wegen Korruption
verurteilt. Kurz darauf wurde die Regierung Rajoy per Misstrauensvotum
abgesetzt.
Beim jetzigen Fall geht es um 1,5 Millionen Euro Schwarzgeld, die zwischen
2005 und 2010 in den Umbau der Parteizentrale in Madrid flossen. Natürlich
gaben sich auch Aznar und Rajoy, der einst nach der ersten Verhaftung die
Nachricht [2][„Sei stark, Luis“] an Bárcenas schickte, vor Gericht völlig
unwissend. Die heutige PP-Spitze, Pablo Casado, versucht sich derweil
verzweifelt von der systematischen Korruption seiner Ziehväter zu
distanzieren, in dem er die Parteizentrale, noch vor dem Urteil, verkaufen
und in ein anderes Gebäude umziehen will.
24 Mar 2021
## LINKS
[1] /Korruption-in-Spaniens-Regierungspartei/!5483067
[2] https://twitter.com/Jaumeasens/status/1356982584329314313?s=20
## AUTOREN
Reiner Wandler
## TAGS
Spanien
PP
Rajoy
Kolumne Vor der Tür
Pablo Iglesias
Madrid
Spanien
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