# taz.de -- Korruption in Spaniens Regierungspartei: Einer nach dem anderen sin… | |
> In den Korruptionsfällen der Konservativen packen immer mehr Angeklagte | |
> aus. Ministerpräsident Rajoy gerät zunehmend unter Druck. | |
Bild: Francisco Correa auf dem Weg ins Gericht | |
MADRID taz | Als „La Traviata in c-Moll“ bezeichnet die spanische | |
Nachrichtenseite El Pluraldas, was da seit einigen Wochen vor Gericht | |
geschieht: In den [1][Korruptionsfällen] rund um die konservative | |
Volkspartei (Partido Popular, PP) „singen“ immer mehr Angeklagte. | |
Detailliert berichten sie, wer, wo, wann, wofür und wozu Schwarzgeld | |
kassiert hat. Ministerpräsident Mariano Rajoy gerät durch die Ermittlungen | |
zunehmend unter Druck. | |
Zu denen, die ihr Schweigen gebrochen haben, zählt der ehemalige | |
Generalsekretär der PP in der Mittelmeerregion Valencia, Ricardo Costa. Er | |
hat dargelegt, wie die Partei die Wahlkämpfe 2007 bis 2011 mit Schwarzgeld | |
finanziert hat. In Madrid hat der frühere Kabinettschef der | |
Landesregierung, Francisco Granados, vor Gericht gesagt, in seiner Region | |
habe es nicht anders ausgesehen. | |
Die Gelder stammten hauptsächlich vom Netzwerk „Gürtel“ – so der Codena… | |
der Ermittler für das größte Korruptionsgeflecht rund um die PP. „Gürtel�… | |
ist die Übersetzung des Nachnamen jenes Unternehmers, der die schmutzigen | |
Geschäfte abwickelte, Francisco Correa. Egal, ob es sich um Großaufträge | |
der Landesregierungen handelte, um die Organisation und TV-Übertragung des | |
Besuchs von Papst Benedikt XVI. im Juli 2006 in Valencia, das Rennen der | |
Formel 1 in der Stadt oder den Ausbau des U-Bahn-Systems in Madrid: Immer | |
kassierte die Partei ab. Das Netzwerk fädelte Geschäfte ein, stellte | |
falsche Rechnungen aus oder arbeitete gegen Schwarzgeld – neben | |
Schmiergeldern auch illegale Parteispenden von Großunternehmern – im | |
Wahlkampf für die PP. | |
Insgesamt werden derzeit 65 Korruptionsfälle der PP verhandelt; Hunderte | |
Beschuldigte stehen vor Gericht; es geht um Milliarden von Euro. Allein das | |
Netzwerk Gürtel soll nach Berechnungen von Journalisten knapp eine | |
Milliarde Euro beiseite geschafft haben. Correa bereicherte sich mit | |
mindestens 119 Millionen Euro. Seine Nummer zwei, Pablo Crespo, verdiente | |
etwa halb so viel. Der ehemalige PP-Buchhalter Luis Bárcenas verbarg rund | |
90 Millionen Euro auf ausländischen Konten. | |
## Im Kassenbuch steht alles | |
Schon bald könnten – dank der Aussagen von Granados – in der | |
Hauptstadtregion Madrid weitere hohe PP-Politiker vorgeladen werden. Der | |
Politiker Ignacio González zum Beispiel soll unter anderem mittels | |
Geschäften der Wasserwerke Millionen in die eigenen Tasche gewirtschaftet | |
haben. | |
Gürtel-Chef Correa selbst sprach Anfang des Monats per Video aus der | |
Untersuchungshaft vor einem Ermittlungsausschuss im spanischen Parlament. | |
Regierungschef Rajoy sei über alles im Bilde gewesen und habe „sein Okay | |
gegeben“. Es ist nicht das erste Mal, dass Rajoys Name im Zusammenhang mit | |
Korruptionsvorwürfen fällt. Exschatzmeister Bárcenas führte ein | |
handschriftliches Kassenbuch mit Einnahmen und Ausgaben aus dunklen | |
Quellen. Das Buch ist einer der Hauptbeweise, nachdem die Festplatten aus | |
Bárcenas Rechnern in der Parteizentrale mutwillig zerstört wurden. | |
Aus der Schwarzgeldkasse zahlte er unter anderem Zusatzgehälter für hohe | |
Parteifunktionäre. Im Kassenbuch sind auch insgesamt 350.000 Euro für einen | |
„M. Rajoy“ vermerkt. Der Chefinspektor der Antikorruptionsabteilung der | |
spanischen Polizei, Manuel Marrocho, bestätigte vor dem Ausschuss, alle | |
Indizien deuteten darauf hin, dass Rajoy tatsächlich größere Summen in die | |
eigenen Tasche steckte. Dennoch wurde der Regierungschef bisher nur als | |
Zeuge vor Gericht geladen. | |
Die Parteispitze versucht die Vorwürfe auszusitzen. Gefragt, ob er belegen | |
könne, dass die PP sich weder in Valencia noch in Madrid illegal finanziert | |
habe, antwortete PP-Fraktionssprecher Rafael Hernando: „Ich bin | |
Parteimitglied in Almeria“, und beendete die Pressekonferenz. Tags darauf | |
konnte er in einigen Medien die Korruptionsfälle aus seiner Heimatprovinz | |
nachlesen. | |
21 Feb 2018 | |
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## AUTOREN | |
Reiner Wandler | |
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