# taz.de -- FC St. Pauli schlägt HSV im Derby: Feuerwerk und Freudentanz | |
> Der FC St. Pauli gewinnt das Hamburger Derby mit 1:0 und darf sich weiter | |
> Stadtmeister nennen. Der HSV zeigt im Aufstiegskampf wieder einmal | |
> Nerven. | |
Bild: Überflieger: St. Paulis Daniel-Kofi Kyereh feiert sein Tor mit einem Sal… | |
Hamburg taz | Das Trauma ist die 4: In die vergangenen beiden | |
Zweitliga-Saisons waren die Profifußballer des Hamburger SV als | |
Aufstiegsfavorit gestartet – und am Ende jeweils [1][auf dem vierten Platz | |
gelandet], dem ersten Rang, der mit dem Sprung in die Bundesliga nichts | |
mehr zu tun hat. Elf Spieltage vor Saisonschluss rutschten die Hamburger am | |
Montagabend erneut vom ersten Platz auf Rang vier ab. Und das nach einer | |
0:1-Niederlage in jener Partie, die für die meisten Hamburger Fußballfans | |
das Spiel der Spiele ist – dem Derby beim Lokalrivalen FC St. Pauli. | |
Wie blank die Nerven bei den Hamburgern liegen, bewiesen die letzten | |
Minuten einer bis dahin hochklassigen Partie: Erst trat HSV-Kapitän Tim | |
Leibold abseits bei unterbrochenem Spiel St. Paulis Stürmer Guido | |
Burgstaller um. Aus Frust über die dafür fällige rote Karte schrie sich | |
sein Teamkollege Simon Terrode dann minutenlang die Seele aus dem Leib – | |
mit Worten, die hier besser nicht wiederholt werden. | |
Drei Minuten zuvor hatte der HSV den 0:1-Rückstand kassiert, drei Minuten | |
später war klar: Zweite Niederlage in Folge– und Platz vier. Der HSV, von | |
[2][Finanzproblemen] und dem [3][Dauer-Streit in der Vereinsspitze] | |
gebeutelt, ist auf der Zielgerade zum Liga-Endspurt mal wieder raus aus den | |
Aufstiegsrängen. | |
Ganz anders sieht die Welt des FC St. Pauli aus – für ihn spielte sich der | |
Abend zwischen Feuerwerk und Freudentänzchen ab. Vor Beginn hatten einige | |
Fangruppen auf dem angrenzenden Heiligengeistfeld eine farbenfrohe | |
Choreographie aus den zum Jahreswechsel nicht verbrauchten Silvesterraketen | |
gezaubert, weil so ein Derby ganz ohne Pyrotechnik einfach kein Derby ist. | |
## Die Stimmung im vollbesetzten Millerntor ist nur zu erahnen | |
Am Ende tanzte die braungekleidete Spielertraube im Kreis und skandierte an | |
Stelle der ausgesperrten fans „Derbysieger! Derbysieger!“. Wie die Stimmung | |
in einem vollbesetzten Millerntor zu dieser Stunde ausgesehen hätte, man | |
kann es nur erahnen. | |
Dazwischen lagen 97 Minuten harte Arbeit. Denn von der Feuerwerksdarbietung | |
zeigte sich zunächst nur der HSV inspiriert, schon nach genau 60 Sekunden | |
landete ein Freistoß-Kracher von Sonny Kittel an der Latte des | |
St.Pauli-Tores. Und Keeper Dejan Stojanovic musste in den den folgenden | |
Minuten einige Male explodieren um die HSV-Schreckschüsse zu entschärfen. | |
Doch dauerte das Fan-Feuerwerk vor der Partie nur wenige Minuten so | |
verglomm das des HSV nach einem Viertelstündchen. Fortan übernahm der FC | |
St.Pauli die Initiative und bestimmte das Spiel bis zum Ende. Mehrfach | |
zündelte die Offensivabteilung des Stadtteilclubs um Rodrigo Zalazar und | |
Daniel-Kofi Kyereh an der Lunte und der Abwehr des HSV gelang es nur mit | |
Mühe den Brand im eigenen Strafraum zu löschen. | |
Das Team mit der Raute auf der Brust strahlte in einem intensiven, | |
kämpferisch und taktisch hochklassigen Derbyfight nur noch zu bei | |
gelegentlichen Kontern und Standards Gefahr aus. Doch trotz einiger | |
Möglichkeiten auf beiden Seiten ging es mit 0:0 in die Pause. | |
Im zweiten Durchgang hatten beide Mannschaften ihr Pulver bereits | |
weitgehend verschossen. Für Aufregung sorgten zunächst nur noch die | |
Schiedsrichter: Zunächst pfiff Deniz Aytekin zehn Minuten nach Wiederbeginn | |
Elfmeter für St. Pauli, nachdem der unsichere HSV-Keeper Sven Ulreich den | |
Ball nicht hatte festhalten können und Gideon Jung den einschussbereiten | |
Rodrigo Zalazar umgesenst hatte. | |
## Schiedsrichter sorgen für Emotionen | |
Auf Intervention des Videoschiedsrichters nahm Aytekin den Strafstoß jedoch | |
wieder zurück, da Jung bei seinem Tackling auch minimal den Ball gespielt | |
hatte. Nach erneuten Zuruf aus dem Kölner Keller kassierte Aytekin auch das | |
vermeintliche 1:0 für den HSV durch Terrode, der vor seinem Torschuss den | |
Ball mit der Hand gestoppt hatte. | |
Je länger die Partie dauerte, desto mehr verkrampfte die Mannschaft des | |
HSV, die unbedingt gewinnen mussten, um auf einem direkten Aufstiegsplatz | |
zu bleiben. St. Pauli kontrollierte das Spiel, doch am Ende fehlten Kraft | |
und Konzentration zu einem Torabschluss. Als alle Beteiligten sich bereits | |
mit einem – für den HSV schmeichelhaften – Unentschieden abgefunden zu | |
haben schienen, legte der eingewechselte Luca Zander drei Minuten vor Ende | |
der regulären Spielzeit an der Strafraumgrenze den Ball mustergültig auf | |
Kyereh ab, der die Kugel mit perfekter Schusstechnik zum 1:0-Siegtreffer in | |
den Winkel traf. | |
Der FC St. Pauli verteidigte mit diesem erneuten Derbysieg – dem dritten in | |
den vergangenen vier Partien gegen den HSV – die inoffizielle, aber für | |
viele Fans deswegen nicht weniger wichtige Stadtmeisterschaft und | |
bestätigte mit nun sieben Siegen in den vergangenen acht Spielen seinen | |
steilen Aufwärtstrend. | |
Der HSV erinnert aber an die in den Nachthimmel aufsteigenden Raketen, die | |
nach hohem Flug und bravourösem Farbenspiel verglommen und den Sturzflug | |
nach unten antraten. Die nächsten beiden Partien muss der Tabellenvierte | |
ausgerechnet gegen die beiden führenden Teams aus Kiel und Bochum | |
bestreiten. Das Platz-4-Trauma könnte neue Nahrung erhalten. | |
2 Mar 2021 | |
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## AUTOREN | |
Marco Carini | |
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