# taz.de -- Bildung von Rom:nja- und Sinti:ze: Die Jüngeren holen auf | |
> Die Bildungschancen von Rom:nja- und Sinti:ze haben sich etwas | |
> verbessert. Doch das Bildungssystem schließt die Communites nach wie vor | |
> aus. | |
Bild: Bessere Bildungschancen mit viel Luft nach oben: Leeres Klassenzimmer ein… | |
BERLIN taz | Der Wunsch nach Teilhabe ist groß – doch das deutsche | |
Bildungssystem schließt Rom:nja und Sinti:ze noch immer weitgehend aus. | |
Das ist die zentrale Erkenntnis aus der Bildungsstudie „Ungleiche Teilhabe: | |
Zur Lage der Sinti und Roma in Deutschland“, die die bundesweite | |
Arbeitsgemeinschaft „RomnoKher“ am Mittwoch vorgestellt hat. | |
Für die Studie wurden vergangenes Jahr 729 Personen aus allen Bundesländern | |
befragt. Ihnen gemein ist, dass sie sich alle einer Rom:nja- oder | |
Sinti:ze-Community zugehörig fühlen, knapp ein Viertel der Befragten ist | |
in Deutschland geboren. | |
Laut den Autor:innen der Studie, die zum Teil selbst Rom:nja und | |
Sinti:ze sind, belegen die erhobenen Daten zwei Trends: einerseits eine | |
deutlich gestiegene Bildungsteilhabe im Vergleich zu der Vorläuferstudie | |
aus dem Jahr 2011. So geben Rom:nja und Sinti:ze heute häufiger ihr Kind | |
in die Kita, verlassen die Schule seltener ohne Abschluss, gehen öfters auf | |
Realschulen und Gymnasien und erlangen vermehrt einen Hochschulabschluss. | |
Bei der jüngsten Generation liegen die Werte überall noch mal höher: So | |
gingen beispielsweise von den 18- bis 25-Jährigen fast 16 Prozent aufs | |
Gymnasium, 2011 waren es insgesamt nur 2 Prozent. | |
## „Extreme“ Bildungsbenachteiligung | |
„Im Vergleich zur Gesamtbevölkerung ist der Abstand aber immer noch sehr | |
hoch“, stellte Daniel Strauß, Geschäftsführer von RomnoKher, fest. Während | |
fast 29 Prozent der Rom:nja und Sinti:ze die Schule ohne Abschluss | |
verlassen, sind es in der Gesamtbevölkerung nur 7 Prozent. | |
Ähnlich ist das Verhältnis bei der Hochschulreife: Da ist der Anteil der | |
Gesamtbevölkerung mit 51 Prozent sogar fast fünfmal so hoch. Die Befunde | |
aus der aktuellen Studie belegten eine „extreme“ Bildungsbenachteiligung | |
der rund 70.000 deutschen Rom:nja und Sinti:ze, so Strauß. | |
Verantwortlich dafür machte er die Bundesregierung, die es ablehne, | |
Rom:nja und Sinti:ze mit gezielten Fördermaßnahmen zu unterstützen, wie | |
es der „EU-Rahmen für Gleichstellung, Inklusion und Partizipation von Sinti | |
und Roma für 2020–2030“ von den Mitgliedsstaaten eigentlich fordere. Die | |
Bundesregierung verweist regelmäßig darauf, dass alle Maßnahmen zur | |
Chancengleichheit und Anti-Diskriminierung auch den Rom:nja und Sinti:ze | |
offen stünden. | |
Ein weiterer Befund der Studie sind die weit verbreiteten | |
[1][Diskriminierungserfahrungen] an den Schulen. Mehr als ein Viertel der | |
Befragten ist im Unterricht diskriminiert worden – viele auch von | |
Lehrkräften. Dazu kommt, dass mehr als ein Drittel der Lehrkräfte offenbar | |
nur geringe Erwartungen an die Schüler:innen der Communitys stellen. Die | |
Autor:innen fordern deshalb unter anderem, Lehrkräfte für | |
[2][rassistische Stereotype] zu sensibilisieren, Stipendien und andere | |
Förderinstrumente einzurichten sowie verstärkt Rom:nja und Sinti:ze als | |
Mediator:innen an Schulen einzusetzen. | |
24 Feb 2021 | |
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## AUTOREN | |
Ralf Pauli | |
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