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# taz.de -- Gedenkfeier an Opfer von Hanau: Glockenläuten um 19:02 Uhr
> Ein Jahr nach den rassistischen Morden gedenkt Hanau der Opfer.
> Angehörige konfrontieren die Behörden und beklagen „mangelnden
> Aufklärungswillen“.
Bild: Armin Kurtovic, der Vater von Hamza Kurtovic, während der Gedenkfeier am…
Frankfurt (Main) taz | Pünktlich um 19:02 Uhr läuteten am Freitag in Hanau
alle Kirchenglocken, zum Gedenken an den 19. Februar des vergangenen
Jahres. Den ganzen Tag über stand die Stadt im Zeichen der Erinnerung an
die neun jungen Menschen, die Tobias R. vor einem Jahr innerhalb von nur
fünf Minuten in rassistischem Wahn ermordet hatte. Scheinbar wahllos – doch
tatsächlich aus rassistischem Hass.
Der Täter habe ein Fanal setzen wollen, „als Kampfansage an gefundene
Formen friedlichen Zusammenlebens“, sagte Bundespräsident Frank-Walter
Steinmeier am Freitag bei der zentralen Gedenkfeier mit den Angehörigen der
Opfer im Kongresszentrum. „Der 19. Februar hat sich tief eingebrannt in
unser Gedächtnis“, so Steinmeier; „alle diese geliebten Menschen waren
einzigartig und einmalig, deswegen gedenken wir hier jedes einzelnen
Namens“, sagte der Bundespräsident.
„#Saytheirnames“, diese Forderung hatten [1][Angehörige und Freunde der
Opfer] an vielen Plätzen in Hanau gepostet, an den Tatorten am Heumarkt und
in Kesselstadt, auf dem Friedhof und auf dem Marktplatz. Für einen Tag
waren Straßennamen mit Magnettafeln überklebt worden, die die Namen der
Opfer trugen: Gökhan Gültekin, Sedat Gürbüz, Said Nesar Hashemi, Mercedes
Kierpacz, Hamza Kurtović, Vili-Viorel Păun, Fatih Saraçoğlu, Ferhat Unvar,
Kaloyan Velkov.
Für jedes Opfer stand auf der Bühne des Kongresszentrums am Abend eine
Lichtinstallation mit Porträt. Ministerpräsident Volker Bouffier und Hanaus
Oberbürgermeister Claus Kaminsky trugen ihre Namen vor.
## Angehörige stellen Fragen
Per Video kamen [2][auch die Angehörigen mit ihrem Leid, ihren Vorwürfen
und offenen Fragen] an die Behörden zu Wort. „Wieso hatte der Täter einen
Waffenschein, obwohl er als nicht geheilt aus der Psychiatrie entlassen
worden war?“, fragten Brüder und Väter. „Wenn die Behörden ihre Arbeit
richtig gemacht hätten, wären unsere Kinder noch am Leben“, sagte eine
Mutter. „Warum wurde meinem sterbenden Sohn nicht geholfen?“, eine andere.
Als Vertreter der Opferfamilien dankte Armin Kurtovic, Vater des ermordeten
Hamza, dem Bundespräsidenten und Hanaus Oberbürgermeister Kaminsky für ihre
Unterstützung. Er beklagte aber auch „Missstände und mangelnden
Aufklärungswillen“. Es sei nicht richtig, wenn Medien solche Taten als
„fremdenfeindlich“ bezeichneten. „Unsere Kinder waren keine Fremden“, s…
er.
Der Bundespräsident hatte in seiner Rede die Unzufriedenheit der
Opferfamilien angesprochen. „Ich weiß, dass es trotz allem, was an Gutem
geschehen ist, auch Kritik und Fragen an das staatliche Handeln gegeben hat
und weiter gibt“, sagte Steinmeier. Als Bundespräsident habe er nicht
Antworten auf alle offenen Fragen; der Staat und alle, die in ihm
Verantwortung tragen, seien nicht unfehlbar, räumte er ein und mahnte: „Wo
es Fehler oder Fehleinschätzungen gab, da muss aufgeklärt werden,
Aufklärung und Aufarbeitung stehen nicht in freiem Ermessen.“
Zu diesem Tag des Gedenkens hatten auch die Witwe und Söhne des ermordeten
Kassler Regierungspräsidenten Walter Lübcke, den Angehörigen der Opfer ihr
Mitgefühl ausgesprochen. „Wir wünschen Ihnen von ganzem Herzen, dass ihre
drängenden Fragen bald beantwortet werden. Es wird ihre Töchter und Söhne,
Geschwister, Freundinnen und Freunde nicht zurückbringen. Es wird die Tat
nicht ungeschehen machen. Aber es kann helfen, mit dem großen Schmerz und
dem tiefen Verlust umzugehen und Kraft geben, weiter für unsere Werte
Haltung zu zeigen,“ so die Botschaft der Familie Lübcke an die Opfer von
Hanau.
19 Feb 2021
## LINKS
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## AUTOREN
Christoph Schmidt-Lunau
## TAGS
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