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# taz.de -- Anti-Islamismus-Paket in Frankreich: Abgeordnete winken Gesetz durch
> Gegen Polygamie und Jungfrauentests: Neue Gesetze sollen Islamismus
> zurückdrängen, verstoßen aber womöglich gegen die französische
> Verfassung.
Bild: Mitglieder des französischen Parlaments bei einer Trauerfeier für den e…
Paris taz | Die französische Nationalversammlung hat am Dienstagabend in
erster Lesung ein Gesetzespaket verabschiedet, mit dem die seit 1905
geltenden Regeln der Trennung von Staat und Religion und der Neutralität
des öffentlichen Dienstes neu gefasst werden sollen.
Die Regierungsmehrheit sieht darin eine Antwort auf eine Bedrohung der
weltlichen Republik durch den religiösen und politischen „Islamismus“.
Unmittelbarer Anlass ist die [1][Ermordung des Lehrers Samuel Paty], der am
16. Oktober von einem islamistischen Terroristen enthauptet worden war.
Ein Artikel der Gesetzesvorlage erklärt es zum Straftatbestand, Mitglieder
der öffentlichen Dienste in den Netzwerken böswillig und mit Namen zu
bedrohen. Staatsangestellte wiederum sollen schwören, dass sie „mit Würde
der Republik mit ihrer Verfassung und ihren Grundwerten der Freiheit,
Gleichheit und Brüderlichkeit dienen“.
Andere Bestimmungen betreffen die Gesellschaft und teilweise auch das
Privatleben, vor allem in Bezug auf die Gleichstellung der Geschlechter. So
wird es Ärzt:innen untersagt, Jungfräulichkeitsbescheinigungen
auszustellen. Religiöse Hochzeiten dürfen erst nach der zivilen Trauung
gefeiert werden.
In Polygamie lebenden Ausländern kann die Aufenthaltsgenehmigung entzogen
werden, und die Möglichkeit, die Kinder zu Hause zu unterrichten, wird
stark eingeschränkt und ab 2024 einer Bewilligungspflicht unterstellt.
Damit soll vermieden werden, dass sich ganze Familien in Gemeinschaften
abkapseln.
## Gesetz könnte gegen Verfassung verstoßen
Vereine, die öffentliche Subventionen beziehen, müssen sich vertraglich den
Grundwerten der Republik und ihren Symbolen verpflichtet erklären. Speziell
behandelt werden religiöse Vereine, die Kultstätten betreiben, besonders
Moscheen.
Da im strikt laizistischen Frankreich der Bau von Kirchen oder Moscheen
nicht öffentlich finanziert werden darf, sind die Glaubensgemeinschaften
auf Spenden und Geldgeber angewiesen – die könnten sich darüber Einfluss in
Frankreich sichern. Ab jetzt sollen Bargeldspenden auf 150 Euro limitiert
werden, die Buchhaltung muss offengelegt und Zuwendungen aus dem Ausland
über 10.000 Euro müssen den Behörden gemeldet werden.
Noch ist das Gesetzespaket nicht durch, im März soll es vor den Senat
kommen. In mehreren Punkten könnte die auf islamische Gemeinschaften
abzielende Ausrichtung gegen die laizistische Verfassung verstoßen – die
verpflichtet den Staat ausdrücklich zur Neutralität.
17 Feb 2021
## LINKS
[1] /Islamistische-Anschlagsserie/!5721076
## AUTOREN
Rudolf Balmer
## TAGS
Schwerpunkt Frankreich
Islamismus
Polygamie
Lehrer
Lesestück Recherche und Reportage
Kolumne Stadtgespräch
Schwerpunkt 9/11
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