| # taz.de -- Abgeordnetenhaus: Wider die Extreme | |
| > In einer Debatte zu den Hanauer Morden vor einem Jahr wenden sich alle | |
| > Redner gegen Extremismus. Die Grünen wollen eine Enquêtekommsion zu | |
| > Rassismus. | |
| Bild: Die Morde von Hanau und Rassismus waren am Donnerstag zentrales Thema im … | |
| Berlin taz | Hanau also. Genauer: das Gedenken ein Jahr nach den | |
| rechtsextremistisch motivierten Morden. Auch das Abgeordnetenhaus will in | |
| seiner zentralen Debatte mehrheitlich – sprich: mit rot-rot-grüner Mehrheit | |
| – darüber und über den Kampf gegen Rassismus diskutieren. Würde da noch | |
| etwas Neues kommen, nach all den Demonstrationen vom Wochenende und | |
| Gedenkworten des Bundespräsidenten? Eineinviertel Stunden Debatte zeigen: | |
| ja, durchaus. | |
| Es ist Raed Saleh, der als Erster ans Mikro tritt. „Die Morde von Hanau | |
| betreffen auch uns in Berlin“, sagt der im Libanon geborene | |
| SPD-Fraktionschef, der als Fünfjähriger nach Deutschland kam. „Die | |
| Verschiedenheit gehört zu Deutschland wie die Fußball-Nationalelf, wir sind | |
| heute multiethnisch, wir sind heute multireligiös.“ Alten Nazis sage er: | |
| „Ihr Deutschland gibt es nicht mehr, zum Glück, und daran wird sich nichts | |
| ändern.“ | |
| Bei CDU-Fraktionschef Burkard Dregger ist die Richtung schnell zu erkennen: | |
| die Opfer beklagen, aber den Blick über den Rechtsextremismus und | |
| -terrorismus hinaus weiten. Er empfinde Abscheu über die Taten von Hanau | |
| genau wie über den Anschlag auf die Synagoge in Halle, bei der zwei | |
| Menschen starben, und über die Ermordung des Kassler Regierungspräsidenten | |
| Walter Lübcke von der CDU. | |
| Aus Dreggers Sicht darf es nicht sein, dass die einen Links-, die anderen | |
| Rechtsextremismus kritisieren. „Es gibt keinen Unterschied zwischen gutem | |
| und schlechtem Extremismus, es gibt nur schlechten Extremismus“, sagt er, | |
| man müsse sich gegen jede Form wenden. | |
| ## Kritik an CDU: „Sie relativieren“ | |
| Schaut man nach diesem Satz von der Pressetribüne auf die Reihen der | |
| Abgeordneten von SPD, Linkspartei und Grünen, so ist da kein Beifall | |
| erkennbar. „Sie relativieren“, ist dort stattdessen eine Frauenstimme zu | |
| vernehmen, was offenbar heißen soll, dass Dregger durch Vergleiche | |
| verharmlosen wolle. Der drängt als Lösungsansatz auf Verbesserungen in den | |
| Schulen: Blieben die in schlechtem Zustand, „dann bleibt die | |
| Extremismusprävention auf der Strecke“. | |
| Anne Helm, die Chefin der Linksfraktion, befindet gleich nach ihm mit Blick | |
| auf den Kampf gegen Rassismus: Wer arabische Großfamilien stets mit | |
| organisierter Kriminalität in Zusammenhang bringe, „ist Teil des Problem | |
| und nicht der Lösung“. Das richtet sich gegen Dregger, aber merklich auch | |
| gegen die ja gar nicht anwesende SPD-Landeschefin Franziska Giffey, die | |
| seit Langem Clan-Kriminalität anprangert. | |
| Für Grünen-Fraktionschefin Antje Kapek bietet der Staat nicht allen seinen | |
| Bürgern denselben Schutz. Das mache sie wütend, genauso wie die den | |
| Rechtsextremen zugerechnete und weiter unaufgeklärte Anschlagserie in | |
| Neukölln. Sie fordert eine Enquêtekommission, „die rassistische Strukturen | |
| entlarvt“. | |
| Zum Ende hin gibt es entschuldigende Worte von Andreas Geisel, dem | |
| SPD-Innensenator: Er bedauere zutiefst, dass Betroffenen der Neuköllner | |
| Anschlagserie das Vertrauen in die Sicherheitsbehörden verloren hätten. | |
| Hinzu fügt er: „Ich möchte aber auch sagen, dass es keinen Sinn macht, die | |
| Ermittlungsbehörden als Gegner oder sogar als Feind zu betrachten.“ | |
| 25 Feb 2021 | |
| ## AUTOREN | |
| Stefan Alberti | |
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