# taz.de -- Netflix-Serie und die Golden Globes: „Warum sollte ich lügen?“ | |
> Komikerin Abby Govindan gibt sich als Urheberin der Serie „Emily in | |
> Paris“ aus. Ihre Kritik richtet sich gegen die weiße | |
> Mainstream-Unterhaltung. | |
Bild: Sagt ein paar Mal süß „Oh lala“ in very american, viel mehr kommt b… | |
BERLIN taz | Ein [1][satirischer Tweet], knapp 12.000 Retweets und schon | |
verliert ein erfolgreicher Fernsehproduzent und Drehbuchautor kurzzeitig | |
seine Rechte an einer gerade für die Golden Globes nominierten Serie. Kann | |
sich etwa nicht Darren Star, Produzent und auch Autor von erfolgreichen | |
Serien wie „[2][Sex and the City“], „Beverly Hills 90210“ und „Melrose | |
Place“, für einen weiteren Serienerfolg aus dem vergangenen Jahr mit | |
[3][„Emily in Paris“] auf Netflix feiern? Ist die Serie etwa in | |
Wirklichkeit Abby Govindans Verdienst? Und wäre das für sie überhaupt ein | |
Grund, zu feiern? | |
Kurz nachdem am Donnerstag, 4. Februar, bekannt gegeben wurde, dass die | |
klischeetriefende US-Serie gleich zweimal bei den Golden | |
Globes-Nominierungen auftaucht (beste Comedy-Serie, beste Hauptdarstellerin | |
in einer Comedy-Serie), twitterte die Komikerin Abby Govindan: „Als | |
Urheberin von Emily in Paris kann ich nur sagen … warum zum Teufel wurden | |
wir für einen Golden Globe nominiert? Ich habe diese Show als Scherz | |
gemeint.“ | |
Dafür ernete sie einige Zustimmtung, manche Verwunderung. Eine Userin | |
fragt: „Hat nicht Darren Star die Serie kreiert?“ – „Ähm, nein? Warum | |
sollte ich über etwas im Internet lügen?“ antwortet ihr Govidan. Nach den | |
vielen Reaktionen twitterte Abby Govindan munter ihre Globes-Kritik in | |
diesem Stil weiter. [4][Unter anderem schrieb sie]: „Ja, ich bin eine | |
Inderin, die eine Show über ein weißes Mädchen in Paris kreiert hat. Warum | |
sollte es mir wichtig sein, diversere Geschichten zu erzählen, wenn ich mit | |
nicht-diversen Geschichten 20 Millionen Dollar verdienen kann.“ | |
## Kritik an weißer Dominanz | |
Viral ging am Abend des 5. Februar dann ihr Tweet, in dem die Komikerin | |
behauptet, dass sie die Serie „Emily in Paris“ ursprünglich als Geschichte | |
über ein indisches Mädchen angelegt habe, aber diese von den | |
Produzent*innen abgelehnt wurde. Nachdem dann die gleiche Geschichte | |
mit einem weißen Mädchen umgesetzt wurde, sei das erfolgreiche Ergebnis die | |
gerade erfolgten Nominierungen bei den Golden Globes. | |
Mehr als 41.000 Menschen teilten diesen Tweet. Mehrere Medien griffen ihre | |
Kritik auf, bezweifelten ihre Autorinnenschaft für die Serie in keinem Wort | |
und hielten ihre Anschuldigungen für plausibel. Govindan twittere dazu nur: | |
„Journalist*innen veröffentlichen wirklich alles, oder?“ | |
Funktioniert haben die Tweets der Komikerin so gut, da sie sich in eine | |
Reihe von empörten Reaktionen auf die Nominierungen bei den jährlich | |
vergebenen Filmpreisen einreihten. Viele Kino- und Serienfans kritisierten, | |
dass eine flache Serie wie „Emily in Paris“ es zu zwei Nominierungen | |
schaffe, während etwa die [5][viel gelobte britisch-amerikanische | |
Dramaserie „I May Destroy You“] (BBC-Produktion, in Deutschland auf Sky und | |
AmazonPrime zu sehen) keine Nominierung erhalten hat. Die Serie | |
thematisiert die Vergewaltigung einer jungen Autorin, gespielt von [6][der | |
schwarzen Autorin und Schauspielerin Michaela Coel], die auch das Drehbuch | |
zur Serie schrieb. | |
## Viele Klischees, wenig Inhalt | |
Eine gänzlich andere Serie aus der Kategorie „seichte Unterhaltung“ ist | |
hingegen „Emily in Paris“. Emily, gespielt von Schauspielerin Lily Collins, | |
wird darin von ihrer US-Marketingfirma nach Paris geschickt, um dort als | |
Kreativ-Direktorin zu arbeiten. Ohne Französisch-Kenntnisse, mit | |
ausgefallenem Modestil und natürlich als extrem von sich selbst überzeugte | |
Amerikanerin macht sie sich bei ihren französischen | |
Arbeitskolleg*innen zunächst reichlich unbeliebt. | |
Doch nicht nur die Figur der ignoranten und naiven Emily ist ziemlich | |
einfallslos angelegt, auch die französischen Protagonist*innen werden | |
in der Serie mehr als klischeehaft dargestellt: Unfreundlich, arrogant, | |
sexistisch, und natürlich hat ein Großteil von ihnen überhaupt keine Lust, | |
in einer anderen Sprache zu kommunizieren als ihrer eigenen. Ein paar | |
Liebesgeschichten und Modestreits später und der Inhalt der Serie ist | |
erzählt. | |
An den renommierten Filmpreisen, wie den Golden Globes oder auch den | |
Oscars, gibt es seit Jahren die Kritik, dass mehrheitlich immer noch | |
Filmproduzent*innen, Schauspieler*innen und Regisseur*innen | |
ausgezeichnet werden, die weiß sind, und häufig auch wenig | |
gesellschaftliche Diversität in den geehrten Filmen gezeigt wird. 2015 gab | |
es im Zuge dieser Kritik den viel beachteten Hashtag in den sozialen Medien | |
#OscarsSoWhite, da die Filmakademie zwei Jahre hintereinander alle 20 | |
Nominierungen an weiße Schauspieler*innen vergab. | |
## Netflix hat die Nase vorn | |
Netflix allerdings kann sich in der Coronapandemie einmal mehr auf das | |
Erfolgsmodell des Heimkino-Angebots verlassen und auch „Emily in Paris“ | |
wurde vielfach gestreamt. Wenig verwunderlich daher, dass die Serie bei den | |
Golden Globes in der Kategorie Fernsehen mit 19 weiteren | |
Netflix-Produktionen nominiert ist. Außerdem erhielt der Streaming-Dienst | |
22 Nominierungen bei Spielfilmen. | |
Am erfolgreichsten war dabei mit sechs Nominierungen das Schwarz-Weiß-Drama | |
„Mank“ über die Entstehung des Hollywood-Klassikers „Citizen Kane“. Der | |
ebenfalls bei Netflix erschienene Film „The Trial of the Chicago 7“ über | |
Proteste gegen den Vietnam-Krieg Ende der 60er Jahre erhielt fünf | |
Nominierungen. Jeweils vier Nominierungen gab es für „The Father“, | |
„Nomadland“ und „Promising Young Woman“. | |
Freuen konnte sich auch die zwölfjährige deutsche Jungschauspielerin Helena | |
Zengel. Sie wurde für ihre Rolle in „Neues aus der Welt“ an der Seite von | |
Tom Hanks als beste Nebendarstellerin nominiert. | |
Die Golden Globes werden dieses Jahr am 28. Februar in Beverly Hills | |
verliehen, das ist rund zwei Monate später als ursprünglich geplant. | |
Moderiert wird die 78. Golden-Globes-Zeremonie von den Komikerinnen Tina | |
Fey und Amy Poehler. [7][Die ursprünglich für den 28. Februar geplante | |
Oscar-Verleihung wurde auf den 25. April verschoben.] (mit afp) | |
7 Feb 2021 | |
## LINKS | |
[1] https://twitter.com/abbygov | |
[2] /Sex-and-the-City-bekommt-Neuauflage/!5739039 | |
[3] /Was-kann-die-Serie-Emily-in-Paris/!5716989 | |
[4] https://twitter.com/abbygov/status/1357377535772925954 | |
[5] /Serie-I-May-Destroy-You/!5720013 | |
[6] /Nominierungen-fuer-die-Golden-Globes/!5745230 | |
[7] /Oscar-Gala-2021-verschoben/!5692943 | |
## AUTOREN | |
Linda Gerner | |
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