# taz.de -- Zukunft der sozialistischen Tageszeitung: Ist das ND nah? | |
> Die Tageszeitung „Neues Deutschland“ soll eine Genossenschaft werden. So | |
> wollen es ihre Gesellschafter, zu der auch Die Linke gehört. | |
Bild: Glückt die Genossenschaftsgründung? Redaktionsgebäude des „nd“ in … | |
Die linke Tageszeitung [1][Neues Deutschland (nd)] steht vor einer | |
ungewissen Zukunft. Ihre Gesellschafter planen, die Eigentümerstruktur der | |
Zeitung zu verändern. Bisher gehört sie je zur Hälfte der Partei Die Linke | |
beziehungsweise deren Gesellschaft Fevac und einer | |
Beteiligungsgenossenschaft, der Communio eG, die der Partei nahesteht. | |
Deren Vorsitzender und Mehrheitseigner, Matthias Schindler, ist auch | |
Geschäftsführer des nd. Diesen Posten will er bis Ende des Jahres aufgeben. | |
Vergangene Woche habe Schindler die Belegschaft darüber informiert, dass | |
die Gesellschafter beschlossen hätten, die GmbH, die das nd herausgibt, zum | |
Jahresende aufzulösen. [2][So schreibt es der Chefredakteur des nd]. Vorher | |
solle die Belegschaft eine Genossenschaft gründen, die die Zeitung dann | |
weiter herausgeben könne. Gelänge ihr das nicht, solle die Zeitung | |
abgewickelt werden. „Eiskalt“ habe sie diese Ankündigung erwischt, heißt … | |
aus der Redaktion. | |
Sollten die beiden Gesellschafter des nd, also die Fevac und die Communio, | |
die Auflösung der Verlags-GmbH tatsächlich beschlossen haben, müsste der | |
Parteivorstand dem wohl noch zustimmen. Das ist offenbar noch nicht | |
passiert. Die Idee der Genossenschaft sei innerhalb der Partei diskutiert | |
worden, einen Beschluss des Parteivorstands gebe es aber nicht, [3][sagte | |
der scheidende Parteivorsitzende Bernd Riexinger am Samstag] bei einer | |
Protestaktion der nd-Belegschaft vor dem Bundesparteitag der Linken. | |
Ähnlich äußerte sich auch Harald Wolf, Schatzmeister der Partei, in anderen | |
Medien. | |
Es ist nicht das erste Mal, dass die Partei [4][über die Zukunft der | |
Zeitung diskutiert]. Die Krise im Tageszeitungsgeschäft trifft das nd | |
härter als viele andere Blätter. Die Auflage sinkt, gut 18.000 Exemplare | |
verkauft sie momentan noch. [5][Online] nimmt sie kaum Geld ein, 2018 stand | |
die Insolvenz knapp bevor, die Gehälter der Mitarbeitenden sollten gekürzt | |
werden. Die Linkspartei gab einen Kredit, aber schon damals war klar, dass | |
die Partei die Zeitung [6][nicht ewig am Leben halten würde]. | |
## Das nd könnte es schwerer haben als die taz | |
Die Idee, die Zeitung in eine Genossenschaft zu überführen, stößt sowohl in | |
der Belegschaft als auch bei der Gewerkschaft Verdi, die die Belegschaft | |
unterstützt, grundsätzlich auf Gefallen. Die Belegschaft hatte in der | |
Vergangenheit schon einmal versucht, eine Genossenschaft zu gründen. Der | |
Geschäftsführer Matthias Schindler hatte das damals abgelehnt. | |
Nun organisiert sich die Redaktion selbst, fordert von den Gesellschaftern | |
Transparenz und hat für kommenden Mittwoch einen Genossenschaftsprofi zur | |
Beratung eingeladen. „Wir sind sehr motiviert, weil wir das nd als wichtige | |
linke Stimme in der Medienlandschaft halten wollen“, sagt Marie Frank, | |
Co-Ressortleiterin der Berlin-Redaktion. Allerdings fühle sich die | |
Redaktion, als bekäme sie die „Pistole auf die Brust“ gesetzt. Eine | |
Genossenschaft zu gründen brauche Zeit und Geld, von beidem gebe es nach | |
der Ankündigung der Geschäftsführung nun nicht viel, so Marie Frank. | |
Beginnend mit der taz 1992, haben sich in den letzten Jahren mehrere | |
Berliner Medien wie die Junge Welt und Krautreporter als Genossenschaften | |
etabliert. Das nd könnte es dennoch schwerer haben. Ihre LeserInnenschaft | |
ist alt, älter vermutlich als die anderer Zeitungen. Den Großteil ihrer | |
LeserInnen hat das Blatt in Ostdeutschland, viele von ihnen sind treu | |
geblieben aus alter DDR-Verbundenheit, als die Zeitung noch Zentralorgan | |
der SED war. Treten die noch in eine neue Genossenschaft ein? | |
Die Belegschaft des nd hält die Gründung einer Genossenschaft dennoch für | |
sinnvoll. Die Redaktion könnte sich damit nicht nur finanziell, sondern | |
auch in ihrer Außenwahrnehmung unabhängig von der Linkspartei machen kann, | |
sagt Redakteurin Marie Frank. Zwar regelt das Redaktionsstatut, dass die | |
Partei keinen Einfluss auf die Berichterstattung haben darf. Allerdings | |
erzählen nd-Mitarbeitende hinter vorgehaltener Hand, wie | |
Linken-PolitikerInnen hartnäckig versuchten, ihre Beiträge in die Zeitung | |
zu bringen. Auch aus Parteikreisen heißt es immer mal wieder, [7][das nd | |
sei nicht nah genug dran an Entwicklungen in der Partei]. | |
Einhundert Angestellte arbeiten beim nd. Sollten zum Ende des Jahres | |
wirklich Schluss sein, und die Mitarbeitenden ihre Jobs verlieren, wäre das | |
das ersten Mal seit dem [8][Ende der Financial Times Deutschland] und der | |
[9][Insolvenz der Frankfurter Rundschau] 2012, dass eine Tageszeitung auf | |
der Kippe stünde. | |
1 Mar 2021 | |
## LINKS | |
[1] /Neues-Deutschland-mit-neuer-Optik/!5700449 | |
[2] https://www.neues-deutschland.de/artikel/1148838.zukunft-einer-tageszeitung… | |
[3] https://twitter.com/texterhase/status/1365673861396709376?s=20 | |
[4] /Sozialistische-Tageszeitung-nd/!5559836 | |
[5] /Linkes-Debatten-Magazin/!5529772 | |
[6] /Neues-Deutschland-Auflage-broeckelt/!5504099 | |
[7] https://www.berliner-zeitung.de/politik-gesellschaft/brief-im-wortlaut-so-b… | |
[8] /Berufliche-Zukunft-fuer-Journalisten/!5049084 | |
[9] /Frankfurter-Rundschau-insolvent/!5079538 | |
## AUTOREN | |
Anne Fromm | |
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