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# taz.de -- Minderheiten in Großbritannien: „Unerträgliche Spannungen“
> Ein britischer Regierungsberater will gehen, bleibt aber doch. Das wirft
> ein Schlaglicht auf Boris Johnsons Minderheitenpolitik.
Bild: Premierminister Boris Johnson steht wegen seiner Minderheitenpolitik im F…
LONDON taz | Samuel Kasumu, ein konservativer britischer Regierungsberater
mit dem Aufgabenbereich [1][schwarze und ethnische Minderheiten], bleibt
vorerst im Amt. Am Donnerstag hatte er seinen Rücktritt angekündigt, am
Freitag war dann jedoch davon keine Rede mehr.
Kasumu, dessen Eltern aus Nigeria stammen, hatte in seinem
Rücktrittsschreiben erklärt, dass die konservative Partei bei
Minderheitenfragen eine „Politik der Spaltung betreibe“ und „die Spannung…
diesbezüglich fast nicht auszuhalten seien“. Wenngleich Kasumus Ankündigung
keine Konsequenzen folgten, erlaubt sein Verhalten jedoch einen
interessanten und seltenen Blick hinter die Kulissen der Regierung von
Boris Johnson.
Auslöser der jüngsten Entwicklung war eine von Kasumu organisierte
Videoaktion, mit der schwarze Brit*innen dazu aufrufen würden, sich gegen
Covid-19 impfen zu lassen. Skepsis gegenüber den Impfungen, aber auch
falsche Informationen unter britischen Minderheiten stellen derzeit eine
große Herausforderung dar. Folglich tauchten in dem Video
parteiübergreifend nahezu alle schwarzen Parlamentarier*innen auf.
Einzig das Regierungsmitglied für Gleichberechtigung, Kemi Badenoch,
glänzte durch Abwesenheit.
Auf die Frage der schwarzen Huffpost-Nachwuchsjournalistin, Nadine White,
nach dem Grund ihres Fernbleibens, veröffentlichte Badenoch, deren Eltern
ebenfalls aus Nigeria stammen und die der Regierung angehört, Whites
E-Mails Ende Januar auf Twitter. Sie empfinde Whites Fragen als „gruselig
und bizarr“. Daraufhin wurde White mit Hassbotschaften regelrecht
bombardiert.
## Mangelnde Empathie
Einer Entschuldigung, die unter anderem auch der britische
Journalist*innenverband gefordert hatte, verweigerte sich Badenoch.
Kasumu hatte in seiner Rücktrittserklärung geschrieben, dass er das
Ausbleiben einer Reaktion von 10 Downing Street als „noch beunruhigender
als den eigentlichen Auslöser empfinde.“ „10 Downing Street mangelt es an
Empathie“, behauptete er weiter.
Am Ende war es angeblich der persönliche Einsatz des Ministers Nadhim
Zahawi, der Kasumu zum Bleiben überredete. Auch Zahawi, 1967 in Baghdad
geboren, ist einer der zahlreichen Kabinettsmitglieder Johnsons mit
Migrationshintergrund. Von der taz um eine Stellungnahme zum
Nicht-Rücktritt Kasumus gebeten, verwies ein Sprecher von 10 Downing Street
auf die Tatsache, dass Johnsons Regierung die ethnisch vielfältigste in der
Geschichte des Vereinigten Königreichs sei.
Unterdessen liegt Johnsons Kabinett eine Beschwerde von Labours
Schattenministerin [2][für Gleichberechtigung] Marsha De Cordova vor. Die
schwarze Abgeordnete glaubt, dass Badenoch gegen den Verhaltenskodex für
Minster*innen verstossen habe. Kasumu hatte in seinem
Rücktrittsschreiben die gleiche Meinung vertreten.
Am Freitag wollte Downing Street zu der Causa Kasumu keine weiteren Angaben
machen, betonte aber, dass die Regierung der Integration und der
Zusammenarbeit der Kommunen verpflichtet sei. Ergebnisse einer speziellen
Regierungskommission zu Ungleichheiten zwischen verschiedenen
Bevölkerungsgruppen würden demnächst veröffentlicht.
Auf diese Ergebnisse sind viele gespannt, darunter auch der erste und von
Johnson gefeuerte Vorsitzende dieser Kommission Simon Woolley. Wooley hatte
bereits im Oktober den Versuch Johnsons scharf kritisiert, das Thema
Rassismus auf das Narrativ eines Opferkultes zu reduzieren. Badenoch selber
hatte drei Monate nach den Black-Lives-Matter-Protesten in Großbritannien
erklärt, dass Themen wie weiße Privilegien und kritische Rassismustheorie
im Schulunterricht zu behandeln gegen das Gesetz verstoße. Diese Ansätze
„seien nicht bewiesen.“
5 Feb 2021
## LINKS
[1] /UK-Aktivist-ueber-den-Windrush-Day/!5690946
[2] /Institutioneller-Rassismus/!5452022
## AUTOREN
Daniel Zylbersztajn-Lewandowski
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