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# taz.de -- Typologie des Pressesprecherwesens: Danke, Harry!
> Es gibt die seriösen Pressesprecher*innen, die einfach nur ihren Job
> machen. Und es gibt die anderen – und die bringen richtig Spaß.
Bild: Es gibt Pressesprecher, die wollen keine Informationen rausrücken
Dies ist eine Kolumne [1][für meine allerliebsten Pressesprecher*innen
im ganzen Land]. Wie ich es genieße, sie mit meinen wochen-, manchmal
monatelangen Recherchen zu konfrontieren.
Klar, es gibt diese langweiligen Pressesprecher*innen in Unternehmen,
Parteien oder Behörden, die einfach nur professionell ihren Job machen,
respektvoll und fristgerecht die Antworten rüberschicken, um die ich sie
stets höflich bitte. Aber es gibt auch jene Sprecher*innen auf der
anderen Seite der Macht, die ich einfach nur amüsant finde.
Da war neulich ein Sprecher einer süddeutschen Polizeidirektion. Wenige
Minuten nachdem ich meine Fragen abgeschickt hatte, rief er direkt bei
Ressortleitung und Chefredaktion an, um sich über mich zu beschweren. Es
hat sich aber herausgestellt, dass petzen gut für mich als freier Autor
ist. Dann haben die Chefs mal meinen Namen gehört und gesehen, wie viel
Mühe ich mir gebe. Mein Honorar wurde danach auch nach oben aufgerundet.
Danke, Harry!
Neulich hatte ich den Sprecher einer ostdeutschen Landesbehörde am Telefon.
Er fand, er müsse mir generell gar keine Auskunft geben. Ich habe ihm dann
erklärt, dass ich das gern so in meinen Text schreiben könne. Er war dann
noch angepisster als zuvor und sagte, er lasse sich nicht bedrohen. Ich
wünschte ihm einen schönen Tag und legte auf. Eine Stunde später trudelte
eine Mail mit Antworten ein.
## Ich hätte noch länger durchgehalten
Auch nice: Die Variante, erst gar nicht zu antworten oder ans Telefon zu
gehen. Bei einer Staatsanwaltschaft haben sie neulich sieben Tage
ausgeharrt, mich zunächst hinzuhalten und danach ganz zu ignorieren. Aber
dann wurde ihnen die Flut an E-Mails im Halb-Stunden-Takt doch zu viel, und
sie haben geantwortet. Schade, ich hätte länger durchgehalten: auf „allen
antworten“ klicken > Anfrage neu in die Mail kopieren > senden > repeat.
Eine Recherche hatte im weitesten Sinne mit arabischsprachigen Menschen zu
tun. Ein Unternehmenssprecher behauptete daraufhin, [2][dass sich ja alle
arabischsprachigen Menschen kennen], suggerierte, dass wir unter einer
Decke stecken. Und sowieso sind ja alle Nafris miteinander verwandt:
Leuchtet natürlich ein. Seine wütende schriftliche Antwort, meine Fragen
seien „nicht seriös“, feiere ich irgendwie. Jede Pressestelle, die ich mit
inhaltlichen Nachfragen und Recherchen verärgere, zählt wie drei fett
dotierte Journalismuspreise.
Eigentlich kann das Geschäft, wie gesagt, auch super langweilig sein:
Journalismus recherchiert, Presseabteilungen antworten auf kritische
Fragen, fertig. Dementsprechend bitte ich nun die Pressestelle der
Vereinigung der Harry-Pressesprecher*innen bis kommende Woche Donnerstag,
18 Uhr, höflich um die Beantwortung folgender Frage:
Harry, du wolltest doch einfach auch mal in den Nafrichten vorkommen, nicht
wahr?
Mit freundlichsten Grüßen
Mohamed Amjahid
18 Feb 2021
## LINKS
[1] /MDR-Pressesprecher-geht-in-Ruhestand/!5635946
[2] /Bezeichnung-Arabischer-Fruehling/!5740396
## AUTOREN
Mohamed Amjahid
## TAGS
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Presse
Mediengesellschaft
Antirassismus
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Kolumne Flimmern und Rauschen
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