# taz.de -- Massenproteste den vierten Tag in Folge: Militär verstärkt Repres… | |
> Myanmars Putschregime verbietet Versammlungen und verhängt | |
> Ausgangssperren. Wasserwerfer und Schlagstöcke kommen zum Einsatz – erste | |
> Schüsse fallen. | |
Bild: In Naypyidaw setzte die Polizei am Montag Wasserwerfer gegen die Demonstr… | |
BERLIN taz | Am Dienstag ist die Polizei in Myanmar erstmals in größerem | |
Stil gegen die Massenproteste vorgegangen. Diese hielten den [1][vierten | |
Tag in Folge] an, obwohl zuvor Versammlungen von mehr als fünf Personen | |
verboten wurden. Von 20 Uhr, wenn allabendlich Zehntausende mit klapperndem | |
Kochgeschirr und Autohupen protestieren und so den Putsch wie Geister | |
traditionell verjagen wollen, gilt bis vier Uhr morgens eine | |
Ausgangssperre. Verstöße gegen das Verbot können mit sechs Monaten Haft | |
bestraft werden. | |
Einige Demonstrant:innen hatten sich schon mit Regenkleidung auf den | |
Einsatz von Wasserwerfern vorbereitet, wie Bilder auf der Weltseite der | |
Zeitung [2][Frontier] zeigten. Aus der zweitgrößten Stadt Mandalay | |
kursierten Bilder, die denen aus Hongkong im letzten Jahr glichen: Mit | |
Schirmen schützten sich Demonstrant:innen vor der Polizei, die brutal | |
losknüppelte. Es gab mehrere Verletzte. Rund 20 Personen sollen | |
festgenommen worden sein. Hier gab es auch zum Teil gewaltsame Gegenwehr. | |
In der Hauptstadt Naypyidaw, wo viele Beamte leben und es nur selten | |
Proteste gibt, setzte die Polizei drei Wasserwerfer ein. Laut der | |
Nachrichtenwebseite [3][Myanmar Now] wurden 50 Schüsse abgefeuert. Eine | |
19-Jährige wurde lebensgefährlich am Kopf getroffen, wie in sozialen Medien | |
kursierende Bilder zeigten. Zuerst hieß es, sie sei getötet worden. | |
Demonstrant:innen identifizierten den Polizeischützen anhand seines | |
Facebook-Profils und prangerten ihn an. Myanmar Now berichtete unter | |
Berufung auf einen Krankenhausarzt, dass eine zweite Person | |
lebensgefährlich verletzt wurde. | |
## Einige Polizisten schließen sich Protesten an | |
Viele der von einer Kampagne zivilen Ungehorsams bestreikten Krankenhäuser | |
hatten sich mit der Bereitstellung von Krankenwagen auf verletzte | |
Demonstrant:innen vorbereitet. In den sozialen Netzwerken kursierten | |
Tipps, wie man Verletzungen durch Wasserwerfer verhindert und sich auf | |
Demonstrationen und bei Festnahmen verhält. | |
Vereinzelt gab es Fälle, in denen uniformierte Polizisten zu den | |
Demonstrant:innen überliefen. Immer wieder ertönten Rufe, mit denen die | |
Uniformierten als „Polizei des Volkes“ bezeichnet und damit zum Überlaufen | |
aufgefordert wurden. | |
Zwei Übergelaufene wurden in Magway von der Menge der Demonstrant:innen | |
vor ihren Exkollegen geschützt, die sie festnehmen wollten. In der | |
südlichen Kleinstadt Myeik belagerten am Abend Demonstrant:innen eine | |
Polizeiwache, in der ein Polizist wegen Sympathien mit der Protestbewegung | |
von Kollegen gefangengehalten worden sein soll. | |
In der Metropole Yangon blieben die Proteste friedlich. Mit Straßensperren | |
versuchte die Polizei, Demonstran:innen davon abzuhalten, die | |
Innenstadt zu erreichen. Doch umgingen diese die Barrikaden zu Fuß. | |
Am Montagabend hatte sich der Putschführer und bisherige Armeechef, Genreal | |
Min Aung Hlaing (64), erstmals öffentlich zum Staatsstreich vom Montag vor | |
einer Woche geäußert. In seiner Ansprache im Staatssender wiederholte er | |
die nicht bewiesenen Vorwürfe von Manipulationen der Parlamentswahl im | |
November, bei der die militärnahe Partei USDP eine krachende Niederlage | |
erlitten hatte. | |
## Putschführer fordert Disziplin | |
Der General versprach Wahlen direkt nach einem einjährigen Notstand und | |
beteuerte, die Situation sei anders als nach den Putschen in den Jahren | |
1962 und 1988. Zugleich betonte er, dass Disziplin nötig sei – was als | |
Drohung gewertet wurde. | |
Der [4][UN-Vertreter in Myanmar], Ola Almgren, forderte die | |
Sicherheitskräfte auf, Menschenrechte und fundamentale Freiheiten | |
einschließlich der Versammlungs- und Meinungsfreiheit zu gewährleisten. | |
„Der Einsatz unverhältnismäßiger Gewalt ist inakzeptabel“, erklärte er.… | |
Freitag will der UN-Menschenrechtsrat zu einer Sondersitzung zum Thema | |
Myanmar zusammenkommen. | |
Neuseeland erklärte am Dienstag die Beziehungen zu Myanmar wegen des | |
Putsches für ausgesetzt. Die sozialdemokratische Premierministerin Jacinda | |
Ardern sagte, es gelte ein Besuchsverbot für Angehörige der Militärführung | |
aus Myanmar. Und Entwicklungshilfe werde nur für Projekte fortgesetzt, von | |
denen auf keinen Fall das Militär nicht profitiere. | |
9 Feb 2021 | |
## LINKS | |
[1] /Kampagne-des-zivilen-Ungehorsams/!5746617 | |
[2] https://www.frontiermyanmar.net/en/myanmar-protests-live-tens-of-thousands-… | |
[3] https://www.myanmar-now.org/en/news/two-people-in-critical-condition-after-… | |
[4] https://myanmar.un.org/en/111127-united-nations-myanmar-expresses-strong-co… | |
## AUTOREN | |
Sven Hansen | |
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