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# taz.de -- „Flitzer“ beim Sport: Applaus für den Herrn ohne Hose
> Beim Superbowl zeigt ein Mann die Pobacken. Doch Flitzen schockiert
> längst nicht mehr. Dafür ist es wenigstens erfrischend harmlos.
Bild: Zu Fall gebracht: der Flitzer beim diesjährigen Superbowl
Beim Endspiel der [1][US-Football-Liga] ist Sonntagnacht mal wieder ein
Nackter übers Feld gelaufen. Ein Halbnackter vielmehr, der Mann trug
Shorts, als er sich Zugang zum Spielfeld verschaffte, die dann
runterrutschten und einen pinken Mankini freigaben. Der „Flitzer“, wie so
was hierzulande heißt, machte offenbar Werbung für den Kanal eines
russischen Youtubers.
Das Blankziehen bei massenmedialen Sportevents, auf Englisch streaking, ist
längst keine Kuriosität mehr, sondern einfach Teil des Sports. Immer mal
wieder findet ein nackter oder fast nackter Mann seinen Weg aufs Feld und
zu acht Sekunden Ruhm. Und ja, ehe Sie einschreiten: Es sind nicht immer
[2][Männer], es hat auch schon flitzende Frauen gegeben.
Geschockt ist davon niemand mehr, unterhalten dagegen schon. Ob aber der
Nackedei selbst spannend ist oder nicht eher die Sicherheitskräfte, die ihn
jagen und sich am Ende meist auf ihn werfen, wäre eine Überlegung wert.
Der angeblich erste „Flitzer“ soll ein Mann namens Michael O’Brien gewesen
sein, der 1974 bei einem Rugbyspiel in London nackt aufs Feld rannte. Kaum
zu glauben, immerhin war die Live-Übertragung von Sportevents zu diesem
Zeitpunkt längst nicht mehr neu. Andererseits brachten die 68er ja auch
erst kurz zuvor diese gewisse Lust auf Nacktheit wieder. Das englische Wort
streaking ist aber älter, der Nudismus sowieso.
## Flitzen kann Kunst sein – ist es aber meistens nicht
Viel eher hatte Mr. O’Brien schlicht das Glück, dass er hervorragend
fotografiert worden ist. [3][Fotograf Ian Bradshaw gelang damals ein
Schnappschuss, bei dem einfach alles stimmt]. Der vollbärtige, langhaarige
O’Brien, jesusgleich und abendmahlerisch die Rechte zur klagenden
Judasgeste gestreckt, die Körpermitte im klassischen contrapposto zu einer
Seite geneigt; abgeführt von mehreren Polizisten, von denen einer die Scham
mit seiner Mütze bedeckt; während im Hintergrund jemand mit einer Jacke
heraneilt, wie die Hore in Botticellis „Geburt der Venus“.
Die Erleichterung und Zumutung von Nacktheit im Angesicht der Autorität:
Das ist der Geist des Flitzers. Nur, verglichen mit O’Briens ikonischem
Moment wirkt jede Aktion seither dann doch traurig irdisch und gewöhnlich.
Immerhin ist diese Form der sexualisierten männlichen Grenzüberschreitung
eher harmlos. Belästigt wird vom Flitzer niemand, und Schaden nimmt am Ende
höchstens er selbst.
8 Feb 2021
## LINKS
[1] /Superbowl-Triumph-fuer-Tom-Brady/!5746642
[2] /Beweglichkeit-aelterer-Herren/!5736210
[3] https://deadspin.com/the-story-behind-the-perfect-photo-of-sports-first-str…
## AUTOREN
Peter Weissenburger
## TAGS
Football
Nackt
Männer
Fußball-WM
Andropause
Kunst Berlin
Penis
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