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# taz.de -- Vorwürfe gegen Marilyn Manson: Was bekannt war
> Dem Rockstar Marilyn Manson werfen mehrere Frauen Vergewaltigung vor –
> sowie psychische Folter. Er bestreitet alles, doch es gibt Konsequenzen.
Bild: Rockmusiker Marilyn Manson im Jahr 2019
„Ich finde, wir leben nicht mehr in einer Zeit, in der man noch schweigen
kann“, schrieb die US-Schauspielerin Evan Rachel Wood 2016 in einem Brief,
den der Rolling Stone veröffentlichte. Darin warf Wood einem Expartner
Vergewaltigung vor, nannte aber keinen Namen. [1][Bis zu diesem Montag, als
sie] den mutmaßlichen Täter erstmals benannt hat: Musiker Brian Warner,
bekannt als Marilyn Manson.
Wood und Manson lernten sich Anfang der nuller Jahre kennen. Wood, heute
bekannt aus der Serie „Westworld“, war damals 18 Jahre alt, der Rockstar
Manson 36. Die beiden führten bis 2010 eine On-off-Beziehung. Was Wood aus
dieser Zeit schildert, klingt grauenhaft: Vergewaltigungen, psychische und
körperliche Folter, Manipulation, Morddrohungen.
Kurz darauf erheben [2][vier weitere Frauen] Vorwürfe ähnlichen Ausmaßes
gegen Manson. Die Models Sarah McNeill und Ashley Lindsay Morgan berichten
von posttraumatischen Belastungs- und Angststörungen, die bei ihnen
[3][nach gewaltvollen Beziehungen] mit Manson diagnostiziert worden seien.
Manson selbst äußerte zu den Vorwürfen [4][bei Instagram] „Die jüngsten
Behauptungen über mich sind schreckliche Verfälschungen der Realität.“ Und:
„Meine intimen Beziehungen waren immer einvernehmlich mit gleichgesinnten
Partnerinnen.“ Bis ein Gericht urteilt – sofern es zur Anklage kommt –,
gilt hier die Unschuldsvermutung. Allerdings ist dies nicht der erste
Verdacht, dass er Wood gegenüber gewaltvoll gewesen sein könnte.
Während seiner Beziehung mit Wood fiel Manson schon mit verstörenden
Aussagen auf. In einem Song besang er öffentlich Tötungsfantasien gegenüber
seiner Partnerin und gab diese auch offen zu. In einem Interview von 2009
sagt er: „Ich habe jeden Tag Fantasien, ihren Schädel mit einem
Vorschlaghammer einzuschlagen.“ Das ist kein Schuldbeweis, aber spätestens
aus heutiger Sicht ist verstörend, dass solche Aussagen unter Kunstfreiheit
und Provokation liefen.
Im vergangenen Jahr äußerte sich Mansons ehemaliger Assistent Dan Cleary
auf [5][Twitter zu Mansons Verhalten gegenüber Wood], das er miterlebt
habe. Cleary beschreibt sehr konkret, übelste Drohungen, Demütigung und
Manipulation. Seit über einem Jahrzehnt dürfte Mansons Verhalten also in
der Branche bekannt sein.
## Verurteilungen sind selten
Und erst jetzt interessiert sich jemand dafür? Erst jetzt verspüren die
mutmaßlichen Opfer die nötige Sicherheit? Erst die #MeToo-Bewegung hat den
meisten klargemacht, wie ausweglos die Lage für Betroffene sexualisierter
Gewalt ist.
Nur in wenigen Fällen landen Anzeigen wegen Vergewaltigung vor Gericht. Und
wenn, kommt es selten zu einer Verurteilung. Die Gründe dafür reichen von
Verjährungsfristen, mangelnder Beweislage, fehlenden Zeug:innen über
unsensible Ermittler:innen bis hin zu [6][sexistischen Denkmustern] bei
Richter:innen. Auch gegen Manson wurde schon 2018 Anzeige wegen
Vergewaltigung erhoben. Die Staatsanwaltschaft stellte das Verfahren jedoch
ein, nannte Verjährung sowie Mangel an Beweisen als Gründe.
[7][Hollywood-Produzent Harvey Weinstein bleibt der einzige prominente
Täter, der seit #MeToo] zu einer Haftstrafe verurteilt wurde.
Aber #MeToo hat auch dazu geführt, dass mutmaßliche Täter inzwischen ohne
Richterspruch Konsequenzen zu spüren bekommen. Mansons Plattenfirma Loma
Vista Recordings stellt nun die Zusammenarbeit ein, zwei bereits gedrehte
Folgen von TV-Serien mit Manson werden nicht ausgestrahlt.
Viele Menschen zeigen sich am Montag in sozialen Netzwerken solidarisch mit
den mutmaßlich betroffenen Frauen, darunter auch Prominente. Andere
kritisieren die Reaktion der Platten- und Produktionsfirmen, unterstellen
„Zensur“ und „Cancel Culture“.
Die Zivilgesellschaft hat nicht zu entscheiden, ob jemand eines Verbrechens
schuldig ist. Aber sie kann durchaus über gewaltverherrlichendes Verhalten
bei einem Prominenten richten, sofern es öffentlich dokumentiert oder
bezeugt ist. Beides ist hier der Fall. Was sagen die Fans heute zu Mansons
Lyrics und Aussagen? Provokation? Cool? Oder geht gar nicht – auch nicht
als Fantasie?
Manson ist ja [8][nicht der einzige Promi], dessen gewaltverherrlichende
Äußerungen unter Kunstfreiheit liefen. Und Täter agieren in einem System,
das dadurch am Laufen gehalten werden kann, dass die Mitwissenden schweigen
– oder billigen.
2 Feb 2021
## LINKS
[1] https://www.instagram.com/p/CKvmsUmF1ho/?utm_source=ig_web_copy_link
[2] https://www.vanityfair.com/hollywood/2021/02/he-horrifically-abused-me-for-…
[3] /Missbrauchsdebatte-in-Frankreich/!5743771
[4] https://www.instagram.com/p/CKxZavzAGOe/?utm_source=ig_web_copy_link
[5] https://twitter.com/DanCleary79/status/1304976908489076739?s=20
[6] /Kuenstlerin-ueber-Gewalt-gegen-Frauen/!5730542
[7] /Strafmass-fuer-Harvey-Weinstein-verkuendet/!5671337
[8] /Gedicht-von-Rammsteins-Till-Lindemann/!5676267
## AUTOREN
Carolina Schwarz
## TAGS
Schwerpunkt #metoo
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