# taz.de -- Scientology in Hamburg: Am Rande der Bedeutungslosigkeit | |
> Scientology hat in Hamburg rapide an Mitgliedern verloren. Als | |
> Gegenmaßnahme instrumentalisiert die Sekte das Gedenken an Nazi-Opfer. | |
Bild: Wenig los: Hamburger Scientology-Zentrale in der Hamburger City | |
HAMBURG taz | Es war still geworden um [1][Scientology]. Zwar hat die Sekte | |
aus den USA immer noch ihr Center am Domplatz in Hamburg und bietet dort | |
teure Psycho-Workshops an, doch die Zahl ihrer Anhänger*innen geht seit | |
Jahren zurück. Nun unternimmt die „Church“ über eine ihrer | |
Tarnorganisationen einen neuen Anlauf, in Hamburg wieder besser Fuß zu | |
fassen. | |
Dafür instrumentalisiert sie ausgerechnet den Tag des Gedenkens an die | |
Opfer des Nationalsozialismus, an dem 1945 die Überlebenden des KZ | |
Auschwitz befreit wurden. Die Scientology-Organisation „Kommission für die | |
Verstöße der Psychiatrie gegen Menschenrechte“ (KVPM) hat für den | |
Nachmittag des 27. Januar eine Kundgebung am Hauptbahnhof angemeldet. Tenor | |
der Versammlung: „Am internationalen Holocaust-Gedenktag erinnern wir: | |
Psychiatrie, Wegbereiter und Architekt des Massenmords“. | |
Seit Jahren initiiert die KVPM, die eine Ortsgruppe in Hamburg besitzt, | |
Kampagnen gegen die Psychiatrie und Pharmakologie und ordnet ihr eine | |
Mitverantwortung für die Massenmorde in der Zeit des Nationalsozialismus | |
zu. „Die Kampagne gegen die Psychiatrie soll den Boden für scientologische | |
Alternativen und einen möglichen Einstieg in die extremistische | |
Organisation bereiten“, befürchtet der Sprecher des Hamburger | |
Verfassungsschutzes, Marco Haase. | |
Scientology lehnt professionelle psychologische Behandlungen vehement ab. | |
Sie setzt ihnen die eigene Technik des „Auditing“ entgegen, die viele | |
Aussteiger*innen als Gehirnwäsche beschreiben, mit dem Ziel, psychisch | |
instabile Menschen an die Sekte zu binden und ihnen das Geld aus der Tasche | |
zu ziehen. Das aber gelingt der von L. Ron Hubbard gegründeten Sekte immer | |
seltener. | |
Hatte die selbsternannte „Church“ in den 90er-Jahren noch über 1.000 | |
Anhänger*innen in Hamburg, von denen viele auf dem Immobilienmarkt | |
aktiv waren, so ist ihre Zahl inzwischen auf 300 abgerutscht. Da die | |
[2][Scientology-Zentrale in Clearwater (Florida)] genau darauf achtet, wie | |
erfolgreich ihre lokalen Dependancen bei der Rekrutierung neuer Mitglieder | |
sind, steht die Hamburger Filiale stark unter Druck. Kenner der Sekte | |
sprechen deshalb von einem „letzten Zucken der Hamburger Scientologen“. | |
Zuletzt versuchten die 2019 recht erfolglos durch eine weitere | |
Tarnorganisation mit der Kampagne „Sag Nein zu Drogen – Sag Ja zum Leben“ | |
in Hamburg Mitglieder zu rekrutieren. | |
Seit 1997 wird [3][Scientology vom Verfassungsschutz beobachtet], da ihre | |
totalitäre Ideologie, die Weltherrschaft anstrebt, mit den Prinzipien der | |
freiheitlich demokratischen Grundordnung nicht vereinbar ist. Zwischen 1992 | |
und 2010 besaß die Innenbehörde gar eine „Arbeitsgruppe Scientology“, die | |
die Aktivitäten der Sekte genau beobachtete und Aussteiger*innen | |
beriet. | |
27 Jan 2021 | |
## LINKS | |
[1] https://de.wikipedia.org/wiki/Scientology | |
[2] https://de.wikipedia.org/wiki/Clearwater_(Florida) | |
[3] /Innenminister-zu-Scientology/!5190337 | |
## AUTOREN | |
Marco Carini | |
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