# taz.de -- Diplomatische Beziehungen mit Taiwan: Washingtons Bärendienst an T… | |
> Kurz vor dem Machtwechsel will die US-Regierung die Beziehungen zu Taiwan | |
> stärken. Unklar ist, wie Politiker*innen in Taiwan das finden. | |
Bild: Will es nochmal wissen: Amtierender US-Außenminster Mike Pompeo | |
PEKING taz | Nur Tage vor der geplanten Amtsübergabe von Präsident Trump | |
hat der scheidende US-Außenminister Pompeo angekündigt, die jahrzehntealten | |
Beschränkungen für diplomatische Kontakte mit Taiwan vollständig | |
aufzuheben. „Damit ist jetzt Schluss“, sagte Pompeo. Bislang wird die | |
offizielle Kommunikation zwischen den zwei Regierungen nicht direkt | |
abgewickelt, sondern läuft über das American Institute in Taiwan. Die nun | |
abgeschafften Beschränkungen Washingtons besagen zudem auch, dass Taiwan | |
nicht offiziell als Land bezeichnet werden darf. | |
[1][Die Maßnahme ist natürlich vor allem eine Botschaft an die chinesische | |
Regierung], die den Inselstaat Taiwan als abtrünnige Provinz betrachtet, | |
die wieder ans Mutterland eingegliedert werden solle – notfalls auch mit | |
Gewalt, wie Parteichef Xi Jinping nicht müde wird zu betonen. | |
Die Staatsführung verlangt seit jeher von seinen diplomatischen Partnern, | |
[2][offizielle Kontakte mit der Regierung in Taipeh zu unterbinden.] | |
Dementsprechend drastisch fiel die Replik Pekings aus: „Wir wissen, dass | |
jene antichinesischen Politiker in den USA einen hohen Preis für ihr | |
Fehlverhalten bezahlen werden“, sagte Außenamtssprecherin Hua Chunying. Vor | |
allem aber könnte sich der Zorn Pekings auch direkt auf den Inselstaat | |
richten. | |
[3][Seit die überaus populäre, Peking-kritische Präsidentin Tsai Ing-wen im | |
Jahr 2016 regiert,] hat China seinen Druck auf Taiwan verschärft. Die Angst | |
innerhalb der Bevölkerung von 23 Millionen vor einer möglichen | |
Militärinvasion der Volksbefreiungsarmee ist deutlich gestiegen – auch | |
aufgrund der Entwicklungen in Hongkong, wo Peking die Opposition seit | |
diesem Sommer fast vollständig niedergeschlagen hat. | |
## Die Trump-Regierung hat andere Ziele | |
Nach außen jedoch fällt die Reaktion Taipehs positiv aus. Taiwans | |
Regierungsvertreterin in den USA, Hsiao Bi-khim sprach von einem „großen | |
Tag für unsere bilateralen Beziehungen. Jahrzehnte der Diskriminierung sind | |
beseitigt“. Auch von der politischen NGO „US-Taiwan Watch“ heißt es | |
euphorisch, „die Normalisierung der bilateralen Beziehungen zu Washington | |
haben einen deutlichen Schritt nach vorne genommen“. | |
Dennoch darf bezweifelt werden, ob sich Taipeh tatsächlich noch auf die | |
Trump-Regierung verlassen kann. Bereits weite Teile der Protestbewegung | |
Hongkongs hatten ihre Hoffnung auf den scheidenden US-Präsidenten gesetzt, | |
der als einer der wenigen Staatschefs Tacheles gegenüber Pekings | |
repressiver Machtpolitik gesprochen hatte. Dabei war auch der | |
Demokratiebewegung in der Finanzmetropole durchaus klar, dass es Trump | |
weniger um die Freiheitsrechte der Demonstranten geht als um seinen | |
China-Kurs. | |
Die Entscheidung Washingtons erfolgt ohnehin zu einem denkbar heiklen | |
Zeitpunkt, schließlich soll am 13. Januar die amerikanische | |
UN-Botschafterin Kelly Craft zu einem umstrittenen Besuch nach Taipeh | |
aufbrechen. Und die bilateralen Beziehungen sind so angespannt wie seit | |
Jahrzehnten nicht mehr. | |
## Schwieriges Erbe | |
Der ehemalige Regierungsbeamte im US-Verteidigungsministerium, Drew | |
Thompson, zeigte sich zwiegespalten über die Ankündigung seines einstigen | |
Arbeitgebers. Der Ansatz sei zwar richtig, doch dessen Zeitpunkt und | |
Umsetzung falsch, schreibt Thompson auf Twitter: „Ich weiß nicht, ob bei | |
der Entscheidung die negativen Auswirkungen auf Taiwan berücksichtigt | |
wurden.“ Vor allem könne die Ankündigung in nur wenigen Wochen ohne Aufwand | |
wieder rückgängig gemacht werden, was Peking einen großen Anreiz gäbe, | |
Druck auszuüben. | |
Der chinesisch-amerikanische Publizist Kaiser Kuo schreibt hingegen, dass | |
es der US-Regierung vornehmlich darum ginge, dem künftigen Präsidenten Joe | |
Biden einen weiteren Stein in den Weg zu legen. Während sich Außenminister | |
Mike Pompeo nun vor seinem Wahlvolk stolz auf die Brust trommeln könne, sei | |
für seinen Nachfolger Anthony Blinken die hochkomplizierte geopolitische | |
Lage in der Region noch vertrackter geworden. | |
10 Jan 2021 | |
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## AUTOREN | |
Fabian Kretschmer | |
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