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# taz.de -- Fragestunde bei der Kanzlerin: Harter Winter
> Bei der Bundespressekonferenz möchte Angela Merkel den Menschen
> mitteilen, was sie als Kanzlerin in der Pandemie leite.
Bild: Merkel: Die neue Virusmutation müssen wir sehr ernst nehmen
Berlin taz | Es kommt nicht oft vor, dass die Kanzlerin in die von
JournalistInnen geleitete Bundespressekonferenz kommt, um sich den Fragen
der Hauptstadtpresse zu stellen. Im vergangenen Jahr war das nur dreimal
der Fall. Dass Angela Merkel sich hier nach recht kurzfristiger Einladung
am Donnerstagvormittag einfindet, kann man also durchaus eine Überraschung
nennen. Um elf Uhr sitzt sie vor der markanten blauen Wand, wirkt frisch
und ausgeruht und erläutert, warum sie gekommen sei.
Es gebe doch ein sehr großes Bedürfnis zu wissen, was sie als Kanzlerin in
der Pandemie leite, sagt sie. Und da sie coronabedingt derzeit nicht so
viel reisen könne, sei es „eine Fügung, dass es die Bundespressekonferenz
gibt“. Hier könne sie die Fragen beantworten, die die Medien auch aus der
Bevölkerung aufnähmen. In einer Situation, in der die [1][Coronamaßnahmen
allerorten an den Nerven zerren] und es eine neue Verlängerung zu verdauen
gilt, will sich die Kanzlerin den Menschen erklären.
„Wir sind in einer sehr schwierigen Phase der Pandemie“, sagt Merkel zu
Beginn und verweist auf das gespaltene Bild, das sich derzeit darstelle.
Die Anzahl der Neuinfektionen gehe „endlich“ zurück, ebenso die Anzahl der
Patienten auf den Intensivstationen. Das sei eine gute Nachricht: „Es zeigt
sich, dass die Mühe sich lohnt.“ Auf der anderen Seite aber stünden die
erschreckend hohen Todeszahlen und die neue Gefahr: die Mutation des Virus,
die nach jetziger Erkenntnis deutlich ansteckender sei als die
Ursprungsversion. „Das müssen wir sehr ernst nehmen, das würde ich uns
allen raten.“ Sonst drohe eine dritte Welle, die schlimmer werden könne als
die beiden zuvor.
Merkel macht nicht nur den Ernst der Lage klar, sie nimmt auch den Unmut in
Teilen der Bevölkerung auf, spricht davon, dass die Pandemie eine Zumutung
sei und der Winter sehr, sehr schwer. Vergessen aber dürfe man nicht, dass
es jetzt schon, und das sei eben extrem [2][schnell, Impfstoffe gebe,] die
auch schnell an Mutationen angepasst werden könnten. Merkel, die nüchterne
Naturwissenschaftlerin, will Hoffnung verbreiten. Ihr ist klar: Nichts ist
wichtiger, als die Bevölkerung bei der Stange zu halten.
## Staatliches Gedenken an die Toten der Pandemie
Mit bemerkenswerter Detailkenntnis beantwortet sie die vielen Fragen, die
dann eine Stunde lang auf sie einprasseln. Nicht ein Mal schaut sie dabei
auf einen Spickzettel, oder falls sie das tut, merkt man es nicht. Merkel
rattert die aktuellen Inzidenzzahlen von Bremen und Thüringen herunter, um
die unterschiedliche Haltung der MinisterpräsidentInnen zu erklären. Sie
erläutert, warum Bund und Länder auch dann, wenn die [3][Corona-Inzidenz
von 50] erreicht sei, nicht sofort alle Maßnahmen aufheben könnten. Sei
dieser Wert höher, könne ein durchschnittliches Gesundheitsamt die
Infektionsketten nicht nachverfolgen. Wirklich gut funktioniere dies aber
erst bei einem Inzidenzwert von unter 10.
Dass zuerst [4][Kitas und Schulen] geöffnet würden, sei Konsens in der
Runde mit den MinisterpräsidentInnen. Danach werde es diffizil. „Ich würde
mal sagen, aus praktischen Gründen müsste man dann bald die Friseure
rannehmen“, sagt sie und lässt kurz ihren Witz aufblitzen.
Sicherheitshalber schiebt sie aber gleich nach: „Aber das ist jetzt mehr
anekdotisch.“
Als ein Journalist sie mit der Kritik konfrontiert, sie lasse sich von
ExpertInnen nur einseitig beraten, erläutert Merkel, dass die [5][Fachleute
je nach Fragestellung zu Gesprächen] eingeladen würden. Aber sie macht auch
klar, dass dem auch eine politische Grundhaltung zugrunde liege. Von der
Strategie der Herdenimmunität halte sie nichts.
Merkel spricht sich für ein staatliches Gedenken an die Toten der Pandemie
aus, wie es der Bundespräsident bereits angeregt habe. Hinter den
„erschreckend hohen Todeszahlen“ stünden Menschen und Familien, die
trauerten. „Mir bricht das Herz, wenn ich sehe, wie viele Menschen dort
auch in Einsamkeit gestorben sind“, sagt sie. „Das ist emotional auch für
mich extrem schwierig.“ Solche Worte hört man von der Kanzlerin eher
selten.
Auch beteuert sie, trotz Corona nicht zu bereuen, 2017 trotz Bedenken doch
noch mal angetreten zu sein. Die Entscheidung sei ihr nicht leichtgefallen,
sie bedauere sie aber nicht. Politik bestehe eben darin, morgens ins Büro
zu kommen und nicht zu wissen, wie der Abend aussehe, so Merkel. „Das ist
manchmal anstrengend, aber das ist einfach auch das, was den Reiz
ausmacht.“ Sie werde bis zur Bundestagswahl mit Freude regieren. Dann sei
sie aber auch froh, wenn die neue Bundesregierung möglichst schnell
gebildet werde.
21 Jan 2021
## LINKS
[1] /Lockdown-in-Deutschland-verlaengert/!5745564
[2] /Privilegien-fuer-Corona-Geimpfte/!5744549
[3] /Aktuelle-Entwicklungen-in-der-Coronakrise/!5745527
[4] /Kitas-verschaerfen-Zugang-zu-Notbetreuung/!5745721
[5] /Corona-Politiker-Karl-Lauterbach-im-Portraet/!5727184
## AUTOREN
Sabine am Orde
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