Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Lokalwahl in Bosnien-Herzegowina: Hoffnungsschimmer in Mostar
> Nach 12 Jahren wurde in Mostar wieder gewählt. Die Wahlbeteiligung war
> gering. Erstmals wird es eine ernst zu nehmende Opposition geben.
Bild: Grund zum Jubeln: Irma Baralija erreichte in den drei bosniakischen Wahlb…
Split taz | Bei der [1][ersten Lokalwahl in Mostar seit 12 Jahren] ist es
der nichtnationalistischen Opposition gelungen, einen Achtungserfolg zu
verzeichnen. Nach der Abstimmung am Sonntag stellte sich bei den
Oppositionsparteien Freude, aber auch Ernüchterung ein.
Freude, weil es trotz aller Hindernisse gelungen ist, den Nationalparteien
empfindliche Verluste zuzufügen. Zwar bleibt die kroatische
Nationalistenpartei HDZ mit voraussichtlich 39 Prozent weiterhin stärkste
Partei in der Stadt, sie hat jedoch mit der Kroatischen Republikanischen
Partei erstmals eine ernst zu nehmende Oppositionspartei in den drei
kroatisch dominierten Wahlbezirken gegen sich.
Das aus fünf Parteien bestehende Parteienbündnis „Koalition für Mostar
2020“ unter Führung der bosniakischen Nationalpartei SDA konnte sich zwar
mit knapp 30 Prozent in den bosniakischen Wahlbezirken behaupten. Doch dass
nichtnationalistische Parteien wie BH Blok Mostar (Sozialdemokraten und
Nasa Stranka) aus dem Stand fast 30 Prozent der bosniakischen Stimmen und
damit mindestens 6 der 35 Mandate erringen konnten, löst bei der SDA und
auch der HDZ deutliches Unbehagen aus.
Irma Baralija, die mit ihrem Gang vor den Menschenrechtsgerichtshof in
Straßburg 2019 die [2][Wahl in Mostar überhaupt erst möglich gemacht
hatte], erreichte in den drei bosniakischen Wahlbezirken mit ihrem „Blok“
jeweils den zweiten Platz, gewann aber auch einige Prozente in den drei
kroatischen Wahlkreisen, was durchaus Grund zum Jubeln bot. Doch die
geringe Wahlbeteiligung von nur 55 Prozent ist ein Dämpfer.
## HDZ will nicht von Macht ablassen
HDZ-Vorsitzender Dragan Čović erklärte seine Nationalistenpartei noch am
Wahlabend zum großen Sieger, beklagte aber nach Trump'scher Manier
angesichts der Oppositionsstimmen angebliche Wahlfälschungen und forderte
eine Neuauszählung – weshalb das Endergebnis bis Dienstagvormittag noch
nicht feststand. Die Partei wird voraussichtlich nur 13 Sitze im
35-köpfigen Stadtparlament besetzen können.
Ob die kroatische Oppositionspartei Republikaner, die drei Sitze erreichen
könnte, bei der Bürgermeisterwahl die HDZ unterstützten wird, ist fraglich.
Denn die kroatischen Republikaner sind wie der Blok angetreten, die
Korruption in der Stadt aufzudecken. Die HDZ braucht 18 Sitze, um ihren
Bürgermeister durchzubringen.
Jetzt hofft Čović auf die vier Stimmen der serbischen Partei. Der
inzwischen an Corona erkrankte [3][serbische Nationalistenführer Milorad
Dodik] hat sie ihm zugesagt. Als Alternative bliebe noch eine große
Koalition mit der bosniakischen SDA, die ebenfalls scheut, die Korruption
in der Stadt aufzudecken.
Die Oppositionspolitikerin Irma Baralija mahnte nach der Abstimmung an:
„Wir stehen erst am Anfang eines Prozesses, wir brauchen einen langen
Atem.“ Die Wahl wurde auch von internationalen Vertretern wie dem
EU-Außenbeauftragten Josep Borrell und dem für die EU-Erweiterung
zuständigen Kommissar Oliver Varhely genau beobachtet. 12 Jahre lang
regierten die HDZ und die SDA durch ein Arrangement die geteilte Stadt ohne
demokratisch legitimierte Kontrolle. Damit könnte bald Schluss sein.
22 Dec 2020
## LINKS
[1] /Lokalwahl-in-Bosnien-Herzegowina/!5739959
[2] /Kommunalwahlen-in-Herzegowina/!5733896
[3] /Nationalismus-in-Bosnien-Herzogowina/!5666891
## AUTOREN
Erich Rathfelder
## TAGS
Kommunalwahl
Bosnien und Herzegowina
Bosnien-Herzegowina
Mostar
Russland
Menschenrechte
Bosnien und Herzegowina
Srebrenica
## ARTIKEL ZUM THEMA
CSU-Politiker Christian Schmidt in Bosnien: Letzte Chance
Der CSU-Abgeordnete Christian Schmidt soll als neuer Hoher Repräsentant
einen Neuanfang für Bosnien markieren. Die Frage ist, um welchen Preis.
Kommunalwahlen in Herzegowina: Die Frau, die es möglich machte
Irma Baralija zog vor den Menschenrechtsgerichtshof, weil sie
Kommunalwahlen in Mostar, Hauptstadt Herzegowinas, wollte. Ihr Erfolg
überrascht alle.
Lokalwahlen in Bosnien und Herzegowina: Schlappe für die Nationalisten
In Sarajevo verliert die Regierungspartei SDA Stadtteile an ein
linksliberales Bündnis. Es gibt Hoffnung auf einen grundsätzlichen
Politikwechsel.
25. Jahrestag des Massakers in Srebrenica: Der Krieg im Klassenzimmer
Was junge Bosnier*innen in der Schule über Kriegsverbrechen lernen,
hängt stark von der Schule ab. Das Bildungssystem vertieft die Gräben.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.