# taz.de -- Kanzlerkandidatur in der Union: Freundliche Revanche | |
> NRW-Ministerpräsident Laschet präsentiert die Neuauflage einer | |
> Söder-Biografie – und erklärt, warum der Franke Kanzler werden könnte, | |
> aber nicht sollte. | |
Bild: Hier hat er seinen Konkurrenten in der Hand: Laschet mit Söder-Biografie | |
BOCHUM taz | Noch will Markus Söder nicht nach Berlin. Einfach nur „Terra | |
Incognita“, unbekanntes Land, sei die Bundeshauptstadt für Bayerns | |
Ministerpräsidenten, glaubt Roman Deininger. Der 42-Jährige ist politischer | |
Reporter der Süddeutschen Zeitung – und hat zusammen mit dem | |
SZ-Wirtschaftskorrespondenten Uwe Ritzer schon 2018 eine Söder-Biografie | |
mit dem Untertitel „Politik und Provokation“ geschrieben. In der Neuauflage | |
steht nun werbewirksam „Der Schattenkanzler“ unter Söders Namen – und | |
Werbung kann auch der Mann brauchen, der das Buch am Freitagmorgen auf der | |
Bühne der Berliner Urania präsentiert: Nordrhein-Westfalens | |
Ministerpräsident Armin Laschet. | |
Denn im Kampf um den CDU-Bundesvorsitz liegt Laschet in Umfragen schon seit | |
Monaten nicht nur hinter seinem Konkurrenten Friedrich Merz. Auch der bei | |
der NRW-Landtagswahl 2012 gescheiterte Norbert Röttgen könnte zumindest in | |
der Gunst der Wähler:innen an ihm vorbeigezogen sein. | |
Zwar entscheiden Mitte Januar nicht die Bürger:innen, [1][sondern die 1.001 | |
Delegierten des Bundesparteitags] – doch selbst wenn der Rheinländer aus | |
Aachen zum Chef gewählt würde: Ein Selbstläufer wäre die Kanzlerkandidatur | |
für Laschet auch dann nicht. Schließlich wird Söder, der in München den | |
allerhärtesten Corona-Bekämpfer gibt, inmitten der zweiten Pandemie-Welle | |
jeden Tag populärer. | |
Umso mehr Charme hat die Präsentation der Söder-Biografie durch Laschet, | |
die auch eine Revanche ist: [2][Schon im September hat Söder die | |
Laschet-Biografie] „Der Machtmenschliche“ der beiden Journalisten Tobias | |
Blasius (Funke Mediengruppe) und Moritz Küpper (Deutschlandfunk) | |
vorgestellt – ebenfalls in Berlin. Ein „Déjà-vu“ sei das Format, sagt | |
deshalb Moderatorin Miriam Hollstein, Chefreporterin Politik der | |
Funke-Mediengruppe, die in Essen die Westdeutsche Allgemeine herausgibt. | |
## Freundliches Rückspiel | |
Freundlich hat Söder im September noch vor Publikum über Laschet geredet, | |
ihn als Wahlsieger gelobt, der den Sozialdemokraten ihr Stammland | |
Nordrhein-Westfalen abgenommen habe. Und freundlich, coronabedingt aber vor | |
leeren Sitzreihen, redet auch Laschet per Youtube-Livestream über Söder: | |
„Clever“, „unterhaltsam“, „nie langweilig“ sei der in Nürnberg geb… | |
Franke, dazu ein „großer Kommunikator“ mit einem „kraftvollen Auftritt, … | |
die Menschen schätzen“. | |
Glaubt man Söders SZ-Biografen Deininger und Ritzer, kann sich Laschet das | |
Lob leisten: „Niemals“, schreiben sie in ihrem Buch, würde sich Bayerns | |
Regierungschef in eine Schlacht stürzen, die er nicht gewinnen kann. | |
Kanzlerkandidat werde Söder nur, wenn sich die Christdemokraten im Streit | |
um den besten Bundesvorsitzenden selbst zerlegen, wenn sich die Lager von | |
Laschet, Merz und Röttgen auch nach dem Bundesparteitag unversöhnlich | |
gegenüberstehen – egal, wer dann Chef ist. | |
Von München nach Berlin gehe der Franke nur, „wenn ihm die CDU die | |
Kandidatur auf dem silbernen Tablett serviert“, sagt der politische | |
Korrespondent Deininger. „Zutrauen würde er es sich aber“, meint sein oft | |
investigativ arbeitender Co-Autor Ritzer. | |
## Seitenhiebe auf Röttgen und Merz | |
Auch Laschet kennt die doppelte Hürde, die auf dem Weg ins Kanzleramt vor | |
ihm liegt. „Jeder Ministerpräsident kann Kanzler“, lobt er Söder – und | |
macht gleichzeitig klar, wer es nicht kann: Ein Kanzlerkandidat, erklärt | |
der Rheinländer, „sollte auch schon mal eine Wahl gewonnen haben.“ | |
Außerdem, findet Laschet, solle er „mal regiert haben und wissen, wie ein | |
Ressort funktioniert“ – klare Seitenhiebe nicht nur auf den Wahlverlierer | |
Röttgen, sondern auch auf Friedrich Merz: Der CDU-Rechtsausleger hat nie | |
regiert, war vor knapp 20 Jahren lediglich 14 Monate lang | |
Bundestagsfraktionschef. | |
Viel schwerer fällt Laschet die Erklärung, warum er ein besserer Kanzler | |
wäre als Söder. Wie ähnlich beide seien, hat er schon geschildert: Beide | |
sind Juristen, beide waren Stipendiaten der CDU-nahen | |
Konrad-Adenauer-Stiftung, beide haben als Journalisten für den Bayerischen | |
Rundfunk gearbeitet. Schwarz-Grün könne Söder als einstiger Umweltminister | |
wie er selbst auch – schließlich gilt Laschet als Mitgründer der „Pizza | |
Connection“, des ersten schwarz-grünen Gesprächskreises unter | |
Bundestagsabgeordneten. | |
Aber Unterschiede? Laschet schnauft, braucht ewig wirkende 42 Sekunden für | |
eine Antwort, die er offenbar sorgfältigst abwägt. „Das ist wirklich | |
schwierig, weil vieles doch sehr ähnlich ist“, sagt er etwas hilflos. | |
Vielleicht, meint der Mann, der Kanzler werden will, dann plötzlich ganz | |
vorsichtig, sei er eben noch etwas kompromissfähiger als der Söder, dessen | |
CSU in Bayern Jahrzehnte allein regiert hat. Denn verprellen will Laschet | |
den Christsozialen auf keinen Fall: Für ihn bleibt der Mann aus München | |
mindestens ebenso gefährlich wie Merz oder Röttgen. | |
18 Dec 2020 | |
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## AUTOREN | |
Andreas Wyputta | |
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