| # taz.de -- Die Wahrheit: Krosse Kerle | |
| > Kartoffelchips, eine etatmäßige Sängerin und Thrash Metal: Schreiber, | |
| > bleib bei deinen Leisten, heißt es. Sprich: Fahren, fahren, fahren. | |
| Till ruft an und fragt, ob ich am Wochenende was vor hätte. Wenn meine | |
| Leute mir so kommen, wollen sie meistens irgendwohin chauffiert werden. | |
| „Nee du, tut mir leid, mein Sohn hat ein Handballspiel, ich muss die Hecke | |
| schneiden und außerdem bin ich bei einer Grappa-Verkostung.“ | |
| „Schade, du hast doch so ein Mörderorgan, wir sind im Studio und am | |
| Wochenende ist das Backinggegröl dran.“ Till, muss man wissen, ist das Tier | |
| hinterm Schlagzeug bei den Death-Thrashern [1][Headshot], die, wenn es | |
| Gerechtigkeit in der Welt gäbe, längst einen Majordeal in der Tasche | |
| hätten. | |
| „Lässt sich aber alles verlegen“, sage ich. „Bin dabei!“ | |
| „Sehr gut, das ist die richtige Einstellung“, lobt er. „Könntest du | |
| fahren?“ | |
| ## Die etatmäßige Sängerin | |
| Ich spediere also einen Teil der Band in den Vorharz, nach Langelsheim, wo | |
| sich [2][Jost Schlüters Tonstudio] befindet. Headshot und Jost kennen sich | |
| seit Jahrzehnten, also werden erst mal ein paar Bier geöffnet und eine Tüte | |
| „[3][Krosse Kerle]“ geht herum. Ein paar Minuten später kommt Till mit | |
| einer weiteren Wagenladung Backingröhren im Gepäck. Die etatmäßige Sängerin | |
| Daniela ist dabei, sie ist mit Abstand der krosseste Kerl von allen. | |
| Jost, der alte Studiofuchs, bildet zwei Gruppen, damit etwas kompetitive | |
| Energie fließt. „Ihr seid das Geschwader Gold“, bestimmt er und zeigt auf | |
| Daniela, den Bassisten Ben und mich. „Und Marc, Till und Fränky, ihr seid | |
| Geschwader …“ „Braun“, fällt mir ganz spontan ein. | |
| Jost nickt zufrieden. Die drei Carusos knurren obszöne Beleidigungen. | |
| ## DYING | |
| Schließlich geht es los. Wir bölken wie Yetis nach dem ersten Schnee. | |
| „BURNING … FASTER … SCREAMING … DYING.“ Daniela schreit Ben von der S… | |
| an. Sein Pony flattert im Wind. Im Verbund mit ihr klingen wir wie die gut | |
| besetzte Südkurve von Eintracht Braunschweig. | |
| Till, Marc und Fränky rauchen wie Fabrikschornsteine, tanken Angstbiere | |
| nach und die Tüte mit den „Krossen Kerlen“ wandert hektisch von Hand zu | |
| Hand. Sie haben nicht den Hauch einer Chance. „Geschwader Goldkehlchen | |
| zieht spielend vorbei“, feixt Daniela. Der nächste Song bekommt seine | |
| Veredelung, wir dürfen fast schon ganze Sätze möllern. „DOWN FOR LIFE … | |
| SACRIFICE … TILL YOU DIE.“ Shakespeare! Oder immerhin Venom! | |
| Daniela geht schnell zwei rauchen, um bei Stimme zu bleiben. Weitere Runden | |
| folgen. „Es heißt DENIED“, lässt sie Fränky auflaufen, „und nicht DIE | |
| NAHT!“ Nach drei Stunden sind die Backing Vocals im Kasten. Viel zu früh. | |
| ## Nach Hause | |
| „Dann kann ich ja doch noch ein Gitarrensolo spielen“, versuche ich mein | |
| Glück. Till gibt mir Zeichen. Ein Schnitt durch die Gurgel? Wieso? Olaf, | |
| Hauptsongwriter und Leadgitarrist bei Headshot ist kurz davor, wie ein | |
| Polenböller hochzugehen. | |
| Jost behält klaren Kopf. „Alter, das Album ist richtig gut geworden, mach | |
| es nicht kaputt!“ Ich gebe mich geschlagen, öffne eine neue Tüte „Krosse | |
| Kerle“ und konzentriere mich auf das, was ich am besten kann. Die Band nach | |
| Hause fahren. | |
| 12 Jan 2021 | |
| ## LINKS | |
| [1] http://www.headshot-inc.de/index.htm | |
| [2] http://www.puresonic.de/pages/anfahrt.html | |
| [3] http://www.heimart-chips.de/krosse-kerle-kartoffelchips/ | |
| ## AUTOREN | |
| Frank Schäfer | |
| ## TAGS | |
| Kolumne Die Wahrheit | |
| Heavy Metal | |
| Braunschweig | |
| Kolumne Die Wahrheit | |
| Kolumne Die Wahrheit | |
| Kolumne Die Wahrheit | |
| Party | |
| Kolumne Die Wahrheit | |
| ## ARTIKEL ZUM THEMA | |
| Die Wahrheit: Romantisches Schwermetallwochenende | |
| Endlich wieder ein Konzert. Von der die Marmel durchpustenden harten Sorte. | |
| Mit Shoutern, Anhimmlern und Zulötern. | |
| Die Wahrheit: Metallköpfe wirbeln wieder | |
| Endlich gibt es wieder Heavy-Metal-Konzerte. Manchen Fans stehen die | |
| Kullertränen in den Augen, andere lassen einfach die Kopffransen fliegen. | |
| Die Wahrheit: Live aus der Minikonzertarena | |
| Mein Vater war nie der größte Fan meiner Musik. Wenn Metal aus den | |
| Lautsprechern hämmerte, stand er gern in der Tür und hielt mich für | |
| verrückt. | |
| Die Wahrheit: Die Tartarus-Taktik | |
| Endlich eine Party. Mit Freunden. Und allem Drum und Dran. Außer Musik. | |
| Schließlich könnte die Feier in den Grölmodus hinüberschwappen … | |
| Die Wahrheit: Die letzten zwei Metal-Minuten | |
| Vor einem Jahr war das Festival, und so schnell werden alle Metaller nicht | |
| noch einmal ein Konzert und vor allem dessen Nachklang erleben. |