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# taz.de -- Tasmania-Fan über Schalkes Talfahrt: „Wir bleiben Letzter“
> Dem Fanbeauftragten des SV Tasmania Berlin, Hacel Bazić, ist Schalkes
> Pleiteserie egal. Seinem Verein bleiben viele miese Rekorde erhalten.
Bild: Verbeugung vor dem geduldigen Publikum: Tasmania Berlin 1966
taz: Herr Bazić, Ihr Verein, der vor einer Insolvenz 1973 noch Tasmania
1900 Berlin hieß, legte 1965/66 die legendär schlechteste Bundesligasaison
aller Zeiten hin. Unter anderem konnte man 31 Spieltage lang keinen
einzigen Sieg einfahren. Tasmania ist darauf durchaus halbironisch stolz.
Nun droht das Horrorszenario, dass Schalke den Rekord dieses Wochenende
beim Spiel gegen Hoffenheim einstellt. Wie schlimm wäre das?
Hacel Bazić: Ach, das ist ja nur einer von 15 Rekorden, die wir in der
einzigen Saison, in der wir in der Bundesliga waren, aufgestellt haben. Die
wenigsten Tore in einer Saison, die meisten Gegentore und so weiter – diese
Rekorde würden dann noch alle weiter bestehen.
Die Saison ist ja noch nicht vorbei.
Das stimmt. Die Schalker können noch einiges schaffen. Die können ja bis
zum Ende der Saison so weiterspielen und dabei eine Menge unserer Rekorde
einstellen. Das Thema wird uns also wahrscheinlich bis zum Ende der
Spielzeit begleiten. Aber unseren Rekord für die Ewigkeit werden sie nicht
einstellen können.
Und welcher wäre das?
Den Rekord, den wir für die Ewigkeit haben, ist, der Letzte in der ewigen
Bundesligatabelle zu sein. In der Tabelle sind die 56 Mannschaften dabei,
die jemals Bundesliga gespielt haben, und da sind wir Platz 56. Den Rekord
kann Schalke uns nicht wegnehmen. Wir haben halt nur eine Saison Bundesliga
gespielt, und das sehr, sehr schlecht. Wir haben die wenigsten Punkte in
der ewigen Tabelle, und Schalke ist dort eigentlich ziemlich weit oben. Die
können also gar nicht so schlecht spielen, um uns hier noch gefährlich zu
werden.
Und welcher ist der wichtigste der Rekorde, die Tasmania aufgestellt hat?
Der ewige Letzte, das ist schon der elementarste Rekord. Wir sind
aufgestiegen, dann mit der schlechtesten Leistung aller Zeiten wieder
abgestiegen, und danach haben wir nie wieder Bundesliga gespielt. Sobald
wir jemals wieder in das Oberhaus aufsteigen sollten, wäre natürlich auch
dieser Rekord gefährdet.
Wie sind Sie überhaupt dazu gekommen, ausgerechnet Fan von Tasmania zu
sein?
Ich bin Berliner. Und für Berliner war Tasmania schon immer ein Begriff.
Und zwar nicht nur wegen dieser einen schlechten Bundesligasaison. Tasmania
war stets ein guter, ein ehrenwerter Verein, der zig Berliner
Meisterschaften und den Berliner Pokal gewonnen hat. Tasmania war einst
einfach das Neuköllner Gegenstück zu Hertha BSC, die ursprünglich aus dem
Wedding kommen, und zu Tennis Borussia Berlin aus Charlottenburg. Und da
ich eine Zeit lang in Neukölln gewohnt habe, wurde Tasmania halt zu meinem
Verein.
Konnten Sie sich da auch gleich mit dem Loser-Image des Vereins
identifizieren?
Eher mit dem Neuköllner Loser-Image. Wir haben hier die Rütli-Schule, es
ist alles nicht so dufte, aber wir sind trotzdem stolz drauf, hier zu
leben, weil wir kämpfen uns so durch, und wenn wir gefallen sind, auch
wieder nach oben. Ich finde auch gar nicht, dass der Verein ein Loser-Image
hat.
Ach ja?
Unsere Identität ist eher, dass wir der beste Verein Neuköllns sind. Es gab
kaum Zeiten, in denen mal ein anderer Neuköllner Verein so weit oben war
wie wir. Und wir sind stark migrantisch geprägt, das gehört auch dazu. Wir
sind so, wie sich Tennis Borussia Berlin immer gern darstellt: ein
Multikultiverein. Das sind wir einfach von Hause aus, damit müssen wir gar
nicht groß angeben. Warum heißen wir überhaupt Tasmania? Die Legende
besagt, dass die Gründer des Vereins irgendwann ins australische Tasmanien
auswandern wollten. Das waren Leute, die irgendwo ein anderes Leben
suchten. Und das hat bei vielen unserer Spieler mit Migrationshintergrund
eben auch mal eine Rolle gespielt: Wir gehen woandershin und fangen von
vorne an. Nach einer katastrophalen Bundesligasaison und einem Konkurs dann
noch zu sagen: Okay, wir gründen jetzt einen neuen Verein, der wieder
Tasmania heißt, wir fangen einfach noch mal von vorne an, das ist doch eine
total positive Geschichte.
Und der ganze Rummel jetzt um Ihren kleinen Verein, was macht der mit Ihnen
und den anderen in Ihrem Fanclub?
Ach, wir nehmen das alles schon ganz gerne mit, aber das wird ja auch
wieder nachlassen. Mehr freuen würde uns, wenn wir wieder den Betrieb
aufnehmen dürften und erneut Fußball gespielt werden darf. Und wenn wir,
als Spitzenreiter der Oberliga Nord, tatsächlich in die Regionalliga
aufsteigen würden. Das sind die Themen, die uns deutlich mehr am Herzen
liegen als die Frage, wie viele Rekorde noch von Schalke gebrochen werden.
Aber Sie hoffen schon stark, dass Schalke gegen Hoffenheim gewinnt?
Wir nehmen es, wie es kommt. Ich traue Schalke das auch zu, dass die das
schaffen. Ich glaube, die werden durchaus motiviert sein. Natürlich werde
ich auch die Dauem drücken. Aber im Grunde können wir uns das Spiel relativ
gelassen anschauen. Zur Not können wir am Ende der Saison ja immer noch
sagen: Na, aber ewiger Letzter sind wir trotzdem noch.
8 Jan 2021
## AUTOREN
Andreas Hartmann
## TAGS
Fußball
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