Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Schalke weiter ohne Sieg: Nieder mit dem Tasmania-Rekord!
> Der FC Schalke 04 schickt sich endlich an, den Uralt-Hit des Berliner
> Klubs zu übertönen. Das wird ganz groß.
Bild: 0:4 gegen Köln: Tasmania-Torwart Heinz Rohloff und seine Abwehrspieler a…
Es heißt jetzt allerorten, Schalke brauche nur noch ein siegloses Spiel, um
den Negativrekord von Tasmania Berlin zu knacken. Das ist nur zur Hälfte
richtig. Der Klub aus Neukölln, der in der Bundesliga-Spielzeit 1965/66 so
schlecht spielte, erzielte seine Serie von 31 sieglosen Spielen während
einer einzigen Saison. Schalkes Misere erstreckt sich dagegen über zwei
Spielzeiten und fällt damit eigentlich in eine andere Kategorie.
Aber weil die Formkrise der Profis aus Gelsenkirchen so fundamental und die
vermeintliche Hatz auf Tasmania ein mediales Schmankerl ist, findet sich
dieses Detail, wenn überhaupt, nur im Kleingedruckten. Die Alt-Tasmanen
könnten also selbst bei einer Niederlage – oder einem Unentschieden – der
Schalker am kommenden Wochenende gegen Hoffenheim weiter behaupten, dass
sie die Schlechtesten der Schlechten in der deutschen Fußballhistorie
seien, also jene mit den meisten Niederlagen in einer Saison (28), den
wenigsten Toren (15), den meisten Gegentoren (108) und den wenigsten
Zuschauern (856) in einem Spiel.
Dabei war Tasmania seinerzeit grandios gestartet. Über 80.000 Zuschauer
waren ins Olympiastadion gepilgert, um am ersten Spieltag einen 2:0-Sieg
gegen den Karlsruher SC zu feiern. Es sollte dann aber vom 21. August bis
zum 21. Mai ein beispielloser Niedergang einsetzen, der erst am 33.
Spieltag, mit einem 2:1 gegen Borussia Neunkirchen, einen weiteren
Absteiger, gestoppt werden konnte. Zwischendurch gelang den Tasmanen mal
ein 0:0-Unentschieden gegen Borussia Mönchengladbach – vor bereits
erwähnten 856 Zuschauern (einer echten Coronakulisse) im riesigen
Olympiastadion – oder ein 1:1 gegen Werder Bremen.
## „Wir hatten Glück, dass wir so schlecht waren“
Je länger die Saison dauerte, desto mehr wünschten sich die Spieler wohl,
niemals ins Oberhaus aufgestiegen zu sein. Das war ihnen ohnehin nur durch
einen Kniff des Deutschen Fußball-Bundes gelungen: [1][Hertha BSC] wurde
vom DFB vor der Saison in die Regionalliga versetzt, weil der Klub Spielern
zu hohe Handgelder gezahlt hatte – ein Verstoß gegen die Statuten. Die
Bundesliga hatte damals nur 16 Mannschaften; abgestiegen wären Schalke und
Karlsruhe. Doch nun wurde darüber diskutiert, welcher Verein oben spielen
durfte. Am Ende entschied der DFB-Bundestag, sie Liga sollte auf 18 Klubs
wachsen, Tasmania kam also dazu.
Die Geschichte der Tasmania wird auch deswegen so gern erzählt, weil dieser
Ausflug in die 60er Jahre den Fußball als (fast) noch unschuldiges
semiprofessionelles Unternehmen zeigt. Jedenfalls stimmte das für Tasmania,
wo der eine Spieler als Bäcker Brötchen buk und der andere als
Verwaltungsangestellter im Landesamt für Eich- und Messwesen arbeitete. Vor
der inferioren Saison kassierten die Kicker jeweils ein Handgeld von 5.000
Mark, pro Monat bekamen sie 1.500 Mark, für einen Sieg 500 und für ein
Unentschieden 250 Mark. Viel Geld für damalige Verhältnisse, aber kein
Vergleich zu den Summen des Jahres 2021.
„Hatten wir ein Glück, dass wir so schlecht waren“, hat der ehemalige
[2][Tasmania-Torhüter Jockel Posinski] in Interviews immer gern gesagt. Auf
diese Weise sei der Klub, der heute in der Oberliga NOFV-Nord spielt, stets
„in“ geblieben. Diese Sichtweise muss sich der FC Schalke 04 jetzt
erarbeiten. Noch stecken sie zu sehr in den Mühlen der Gegenwart, als dass
sie distanziert auf ihr vielleicht epochales Werk schauen könnten.
Neutrainer Christian Gross, der im ersten Spiel seiner Amtszeit den
Kellermief nicht vertreiben konnte (0:3 am Samstag gegen Hertha BSC
Berlin), sollte sich als Meister des Perspektivwechsels begreifen. In
Schönheit könnten sie „sterben“, in Würde untergehen, dabei tasmanische
Rekorde brechen, dem Leistungsgedanken könnten sie eine lange Nase drehen,
einen Kontrapunkt setzen zum Immer-weiter, Immer-höher der
Wachstumsgesellschaft. Sind wir, so gesehen, nicht alle ein bisschen
Tasmania? Oder Schalke?
3 Jan 2021
## LINKS
[1] https://www.bundesliga.com/de/bundesliga/news/1964-65-zwangsabstieg-war-her…
[2] https://11freunde.de/artikel/und-ewig-gr%C3%BC%C3%9Ft-die-schie%C3%9Fbude/4…
## AUTOREN
Markus Völker
## TAGS
Fußball
Schalke 04
Fußball-Bundesliga
Kolumne Press-Schlag
Schwerpunkt Rassismus
Fußball
Fußball
Fußball
## ARTIKEL ZUM THEMA
Kein Platz für Schalke 04: Schlimmer als alle anderen
Ein Schalke-Hasser macht sich Luft: Selbst die Zweite Liga hat S04 nicht
verdient. Lizenzentzug für einen Klub mit solch fürchterlichen Traditionen!
Tasmania-Fan über Schalkes Talfahrt: „Wir bleiben Letzter“
Dem Fanbeauftragten des SV Tasmania Berlin, Hacel Bazić, ist Schalkes
Pleiteserie egal. Seinem Verein bleiben viele miese Rekorde erhalten.
Schalke 04 kurz vor Tasmania-Rekord: Es kann nur einen Letzten geben
Schalke 04 könnte den Negativ-Bundesligarekord von Tasmania Berlin
einstellen. Warum der Neuköllner Verein trotzdem der beste Verlierer
bleiben wird.
Schalkes neuer Trainer Christian Gross: „Eine ganz spezielle Aufgabe“
Coach Numero 4 soll nun Schalke 04 vor dem Abstieg bewahren. Am Samstag
soll er gegen Hertha BSC den Negativrekord abwenden.
Herthas Absturz: Berliner Rätsel
Aus einem bewunderten Meisterschaftskandidaten wird ein allseits
belächelter Krisenklub. Der Absturz des Hauptstadtklubs ist in der
Geschichte der Liga beispiellos.
die wahrheit: In der Schaumschlägerei
Heruntergekommene Berufe – Heute: Der Fußballlehrer (der Kropf).
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.