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# taz.de -- Die Wahrheit: Fungie ist futsch
> Der irische Flipper heißt Fungie und ist zum Leidwesen eines Küstenkaffs
> leider spurlos verschwunden. Wir kondolieren.
Das vergangene Jahr war überall schlecht, aber für Dingle war es besonders
katastrophal. Der Stadt mit rund 2.000 Einwohnern im Südwesten Irlands ist
die wirtschaftliche Basis abhandengekommen. Daran war aber nicht das
Coronavirus schuld, sondern Fungie. Der ist seit Oktober verschollen, und
es gibt keine Hoffnung, dass er wieder auftaucht.
Erstmals aufgetaucht ist der Delfin vor 37 Jahren. Und er blieb in der
Bucht von Dingle. Bald merkte man im Ort, dass man den Großen Tümmler
lukrativ vermarkten konnte. Dingle war damals ein abgelegenes Fischerdorf
mit wenigen Jobs und hoher Auswanderung. Mit Fungies Ankunft änderte sich
das.
Zum Schluss fuhren zwölf Schiffe täglich hinaus, um den Delfin zu besuchen,
bis zu 100.000 Menschen im Jahr kamen deshalb nach Dingle. Die Touristen
durften ihre 15 Euro zurückverlangen, falls sich das nasse Säugetier nicht
sehen ließ, aber Fungie spielte immer mit.
Auch an Land lohnte das Geschäft mit dem Tier – von Stoffdelfinen über
Ansichtskarten bis hin zu Geschäften und Pubs, die ihre Räume mit
Delfinmotiven dekorierten. Fungie sorgte für hundert Arbeitsplätze. Der Ort
war so dankbar, dass man eine Bronzestatue von dem Meeressäuger vor das
Fremdenverkehrsamt stellte.
## Hai-Attrappe als Delfin
Aus und vorbei. Wären die Tourismusmanager weitsichtig gewesen, hätten sie
einen Ersatzdelfin in der Hinterhand gehabt. Oder sie hätten sich an die
Produzenten des Spielfilms „Der weiße Hai“ gewendet, um sich eine
realistische Fungie-Attrappe zu sichern.
Er habe Anfang Oktober müde ausgesehen, behaupten seine Fans. Für einen
Entertainer wie Fungie sei die Sommersaison trotz Corona recht anstrengend
gewesen. An der groß angelegten Suchaktion hat sich der ganze Ort
beteiligt, aber nach vier Tagen gab man auf. Vor Kurzem tauchten Gerüchte
auf, wonach Fungie erschossen worden sei. Jimmy Flannery, der 33 Jahre
lang mit seinem Boot Touristen in die Bucht gefahren hatte, hält das für
Blödsinn. Wenn Nachbarorte wegen des Fremdenverkehrsmagneten neidisch
gewesen wären, hätten sie wohl kaum drei Jahrzehnte mit dem Meuchelmord
gewartet.
Fungie ist wohl an Altersschwäche gestorben, schließlich hatte er mit über
40 Jahren längst das Rentenalter erreicht. Er ist jetzt im Himmel – im
wahrsten Sinne des Wortes. Seine Fangemeinde hat am Weihnachtstag einen
Stern im Corvus-Sternbild gekauft und ihn „Fungie Forever“ getauft.
Demnächst werde man in Dingle eine Gedenkveranstaltung samt Gottesdienst
für Fungie abhalten. Lokalpolitiker haben die Regierung in Dublin
aufgerufen, Geld lockerzumachen, um für ein „gebührendes Vermächtnis“ zu
sorgen. Denkbar seien ein Fungie-Kulturzentrum sowie eine jährlicher
Zeremonie auf dem Wasser. „Ich werde dafür sorgen, dass niemand vergisst,
was Fungie für Dingle und für die Tourismusindustrie getan hat“, sagt
Flannery. Auch ein toter Delfin ist schließlich für ein paar Euro gut.
4 Jan 2021
## AUTOREN
Ralf Sotscheck
## TAGS
Kolumne Die Wahrheit
Delfine
Hai
Irland
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