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# taz.de -- Räumung im Dannenröder Forst: Die letzten Meter im „Danni“
> Die Aktivist:innen bereiten sich auf die Räumung der letzten besetzten
> Bäume im Dannenröder Forst vor. Am Sonntag kommt es noch mal zu
> Protesten.
Bild: Konfrontation im Wald: Die Polizei kam mit Wasserwerfern
Dannenrod taz | Es sind am Samstag nur noch etwa 150 mal 50 Meter Wald, die
die [1][Klimaaktivist:innen im Dannenröder Forst gegen die Räumung durch
die Polizei verteidigen]. Längst ist das Waldstück in Hessen östlich von
Marburg zu einem [2][Symbol von Verkehrswende und Klimapolitik] geworden.
Am 10. November hatten Polizei und Waldarbeiter mit der Rodung der
geplanten Autobahntrasse für den Weiterbau der A 49 zwischen Kassel und
Gießen begonnen. Nun, gut vier Wochen später, steht das Ende der
Baumbesetzung unmittelbar bevor.
Von zwei Seiten sind Polizei und Waldarbeiter mit Baggern und Harvestern
immer weiter in den Wald vorgedrungen. Von den ehemals 13 Baumhausdörfern
mit je rund 10 befestigten Häusern entlang der geplanten Trasse steht nur
noch ein letztes: das Barrio „Oben“. Es war das erste Baumhausdorf, das im
vergangenen Jahr im Wald errichtet worden war – und es wird nun wohl das
letzte sein, das den Räumarbeiten zum Opfer fällt. Auch in diesem Barrio
wurden am Freitag bereits drei besetzte Bäume gefällt. Jetzt sind nur noch
fünf Baumhäuser in den Kronen zu sehen.
Auf einem davon, in etwa 20 Meter Höhe steht Feda, einer der Aktivisti, auf
einem Holzvorsprung vor einer zweistöckigen Holzkonstruktion, an der er
selbst mitgebaut hat. „Pfuschbau“ hat er das Baumhaus auf der alten Eiche
liebevoll getauft. Unter ihm am Boden haben Aktivist:innen von Ende Gelände
in weißen Maler:innen-Anzügen Barrikaden aus Baumstümpfen und Zweigen um
das Barrio errichtet und Tripods aufgestellt.
Ende Gelände spricht von 800 Aktivist:innen, die an diesem Wochenende in
den Wald gekommen sind, um die Autobahnbaustelle solidarisch zu besetzten.
Es ist etwa 14 Uhr und zwei Hundertschaften der Polizei sind gerade dabei,
die Tripods unter lautstarken Protestrufen der Aktivisti einzureißen. Das
geht nur langsam voran, weil in zwei der Tripods Menschen an Seilen
baumeln.
Für Feda steht fest, dass auch er sich von der Polizei räumen lassen wird.
„Das heißt aber nicht, dass wir dann aufhören werden, gegen die Autobahn zu
sein, sondern nur, dass wir nicht mehr auf diesem Baum sitzen.“ Vor der
Räumung aus der Baumkrone habe er durchaus Angst. „Die Polizei hat in den
vergangenen Wochen mehrmals die Sicherungsseile durchgeschnitten und
mehrmals sind Menschen abgestürzt“, sagt er. Es sei ein Lotteriespiel, wer
die Räumung durchführe. „Es gibt bestimmt Polizist:innen, die das
ordentlich machen, aber es gibt auch immer wieder Beamte, die drauf
scheißen, was mit unserer Sicherheit ist.“
Auch am Samstag war es im Morgengrauen bereits zu Auseinandersetzungen mit
der Polizei gekommen, als Ende-Gelände-Aktivisti auf zwei verschiedenen
Routen zur Autobahnbaustelle vordrangen. Trotz Schnee und Temperaturen um
den Gefrierpunkt setzte die Polizei Wasserwerfer und laut
Augenzeugenberichten auch Tränengas ein.
Die Polizei schrieb per [3][Pressemitteilung], die von den Aktivisti
errichteten Schneemänner und Blockaden hätten die Rettungszufahrt
blockiert. Auch zu Rangeleien sei es gekommen, wie Augenzeugen berichten.
Einer der Aktivisti zeigt später seine blutige Unterlippe und sagt, ein
Polizist habe ihn mit der Faust ins Gesicht geschlagen. Die Polizei
schreibt, Personen hätten „unter der Anwendung von Zwangsmaßnahmen
abgedrängt werden“ müssen.
## „Planmäßig“ keine Baumfäll- oder Rodungsarbeiten
Ronja Weil, eine der Sprecherinnen von Ende Gelände, zieht am Samstagabend
dennoch eine positive Bilanz. Kein Baum wurde gefällt. „Eigentlich hatte
die Polizei angekündigt, dass sie an diesem Wochenende mit der Räumung
fertig sein will“, sagt Weil. „Stattdessen ist es uns gelungen, eine neue
Barrikade zu errichten und auch zu halten.“ Die Polizei wird später
schreiben, man habe am 26. Einsatztag „planmäßig“ keine Baumfäll- oder
Rodungsarbeiten durchgeführt.
Am Sonntag hat sich zusätzlich zu den Ende-Gelände-Aktivisti auch
VIP-Verstärkung angesagt. Die Spitzen mehrere Umweltverbände,
Friday-for-Futur-Sprecherin Luisa Neubauer, Förster Peter Wohlleben und
andere zivilgesellschaftliche Akteure wollten für eine klimaschonende
Verkehrspolitik demonstrieren. Es könnte für alle Beteiligten die letzte
Gelegenheit sein.
6 Dec 2020
## LINKS
[1] /Raeumung-des-Dannenroeder-Forsts/!5734763
[2] /Rolle-der-Gruenen-bei-Waldrodung/!5736557
[3] https://twitter.com/Polizei_MH
## AUTOREN
Marlene Halser
## TAGS
Schwerpunkt Klimawandel
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Verkehrswende
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