# taz.de -- Menschenrechte in Ägypten: EIPR-Aktivisten wieder frei | |
> Drei Aktivisten in Ägypten sind wieder frei, doch etliche andere sitzen | |
> weiter im Gefängnis. Indes nimmt die Zahl der Hinrichtungen stark zu. | |
Bild: Der freigelassene Karim Ennarah und seine Frau Jess Kelly, aufgenommen 20… | |
KAIRO ap/afp/taz | Ägypten hat drei Mitglieder einer prominenten | |
Menschenrechtsorganisation aus der Haft entlassen. Sie seien am | |
Donnerstagabend freigekommen, sagte der geschäftsführende Direktor der | |
[1][Ägyptischen Initiative für Persönlichkeitsrechte (EIPR)], Hossam | |
Bahgat. taz-Korrespondent Karim El-Gawhary in Kairo bestätigte die Angaben | |
am Donnerstagabend. | |
Der Exekutivdirektor Gasser Abdel Rasek, Karim Ennarah und Mohammed Baschir | |
waren [2][im November nacheinander festgenommen worden]. Die | |
Aktivistengruppe war Gastgeber von ausländischen Diplomaten gewesen, um | |
über die Menschenrechtslage in Ägypten zu sprechen. | |
Den drei Mitgliedern wurde vorgeworfen, einer Terrorgruppe anzugehören und | |
Falschinformationen verbreitet zu haben. Ob die Freilassung bedeutet, dass | |
die Vorwürfe fallengelassen wurden, wurde zunächst nicht bekannt. EIPR | |
hatte am Dienstag von einem „Crackdown gegen EIPR“ [3][berichtet] und | |
gewarnt, die Arbeit der Organisation sei in Gefahr. | |
„Was EIPR erlebt, ist der jüngste Versuch der Behörden, alle Formen des | |
bürgerlichen Lebens zu erdrosseln“, schrieb die Organisation, „ein Versuch, | |
der den Weg für einen noch massiveren Crackdown in der Zukunft bereitet.“ | |
Dem Vorgehen der Behörden vorangegangen waren Treffen der | |
Menschenrechtsaktivisten unter anderem mit Diplomaten aus Deutschland, | |
Frankreich, Italien, Spanien und den Niederlanden. Dabei ging es nach | |
Angaben der Gruppe um die Frage, wie die Menschenrechtssituation in dem | |
Land verbessert werden kann. | |
Das französische Außenministerium hatte bereits nach der ersten Festnahme | |
„tiefe Besorgnis“ geäußert. Die Bundesregierung sprach von einer „neuen | |
Qualität der Repression“. Ägypten kritisierte im Gegenzug eine Einmischung | |
in die inneren Angelegenheiten des Landes. | |
## Andere Aktivist*innen weiter in Haft | |
Seit seiner Machtübernahme 2013 hat der ägyptische Präsident und Ex-General | |
Abdel Fattah al-Sisi versucht, die Opposition zu unterdrücken. Die | |
Regierung geht nicht nur gegen islamistische Gegner vor, sondern auch gegen | |
Demokratie-Aktivist*innen, Journalist*innen und Online-Kritiker*innen. EIPR | |
ist eine der wenigen noch aktiven Rechtsgruppen in dem Land. | |
Andere Aktivist*innen sitzen teils seit Jahren in Haft. Im Juni etwa wurde | |
[4][Sanaa Seif verschleppt und eingesperrt]. Auch ihr prominenter Bruder | |
[5][Alaa Abdel Fattah sitzt im Gefängnis], wie auch etliche andere | |
politisch Aktive. | |
Im Oktober hatten mehr als 200 europäische Abgeordnete, darunter EU- und | |
Bundestagsabgeordnete, [6][al-Sisi in einem Brief aufgefordert], die | |
politischen Gefangenen freizulassen. Die Repression untergrabe das | |
Fundament der europäisch-ägyptischen Beziehungen. | |
In einem ähnlichen, zeitnah veröffentlichen Schreiben von | |
US-Kongressmitgliedern hieß es: „Dies sind Menschen, die überhaupt nicht | |
hätten inhaftiert werden sollen.“ Mit Ausnahme des unabhängigen Senators | |
Bernie Sanders gehörten alle Unterzeichner der Demokratischen Partei an. | |
Die EU, Deutschland und die USA sind wichtige Verbündete Ägyptens. Das Land | |
zählt zu den größten Empfängern von US-Militärhilfe. Im Jahr 2020 war | |
Ägypten auch Hauptempfänger deutscher Kriegswaffen mit einem Exportvolumen | |
von 585,9 Millionen Euro. Europa unterstützt darüber hinaus Kairos | |
Bemühungen um ein Hilfspaket des Internationalen Währungsfonds in Höhe von | |
12 Milliarden US-Dollar, ohne dabei eine Verbesserung der | |
Menschenrechtslage einzufordern. | |
## Immer mehr Hinrichtungen | |
Neben der Repression gegen Aktivist*innen berichten | |
Menschenrechtsorganisationen auch von einer steigenden Zahl von | |
Hinrichtungen in Ägypten. Am Mittwoch erklärte Amnesty International [7][in | |
einem Bericht], dass allein im Oktober und November mindestens 57 Männer | |
und Frauen hingerichtet worden seien. | |
Das seien fast doppelt so viele Hinrichtungen gewesen wie im gesamten | |
vergangenen Jahr. Die Organisation sprach von einer „entsetzlichen“ | |
Hinrichtungswelle. Im Oktober hatte bereits die | |
US-menschenrechtsorganisation Human Rights erklärt, allein in der ersten | |
Oktoberhälfte seien 49 Todesurteile vollstreckt worden. | |
Die tatsächliche Zahl an Hinrichtungen ist jedoch unbekannt. Amnesty geht | |
davon aus, dass sie noch höher ist. Die ägyptischen Behörden haben keine | |
Statistiken zur Zahl der Hinrichtungen oder der Häftlinge im Todestrakt | |
veröffentlicht. | |
Die jüngste Hinrichtungswelle habe laut Amnesty nach einem Vorfall im | |
berüchtigten Tora-Gefängnis bei Kairo begonnen. Bei einem Ausbruchsversuch | |
waren im September mehrere Polizisten und Häftlinge getötet worden. | |
4 Dec 2020 | |
## LINKS | |
[1] https://eipr.org/en | |
[2] /Verhafteter-Menschenrechtsaktivist/!5729485 | |
[3] https://eipr.org/en/press/2020/12/freeze-eipr%E2%80%99s-assets-and-multiple… | |
[4] /Aktivistin-Sanaa-Seif-in-Aegypten/!5696916 | |
[5] /Repression-in-Aegypten/!5630804 | |
[6] /Politische-Gefangene-in-Aegypten/!5722826 | |
[7] https://www.amnesty.org/en/latest/news/2020/12/egypt-chilling-rise-in-execu… | |
## AUTOREN | |
Jannis Hagmann | |
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