# taz.de -- Eine Weihnachtsgeschichte: Tante Margie | |
> Wir kannten sie nicht. Doch dann kam sie und blieb: meine seltsame Tante. | |
Bild: Sie erkannten sich natürlich nicht, denn er hatte kein Schild in der Hand | |
Anfang Dezember erhielt ich einen Brief von Margie Patschekowski, in dem | |
sie ihren Besuch ankündigte. In dem Brief standen nur fünf Sätze, in einem | |
davon teilte sie mir mit, dass sie ihre Angelegenheiten ordnen und mich aus | |
diesem Grund in Hamburg besuchen wolle. | |
„Was meinst du, worum es geht?“, fragte ich Jens. | |
„Ach Monika“, sagte Jens, „wann ordnet man denn seine Angelegenheiten? Sie | |
will dir was vererben!“ | |
Margie Patschekowski war die Stiefschwester meiner Mutter. Ich hatte sie | |
gesehen, als meine Uroma Frieda Patschekowski beerdigt wurde, da war ich | |
sieben, und dann, als meine Mutter beerdigt wurde. Beim ersten Anlass war | |
ich zu klein, beim zweiten hatte ich keinen Sinn für Verwandte. Ich konnte | |
mich nicht an sie erinnern, aber ich wusste, dass meine Mutter sie nicht | |
leiden konnte. Margie war die Tochter Dieter Brenners, des späteren | |
Lebensgefährten meiner Großmutter, der ein Herumtreiber und Trinker gewesen | |
sein soll. Möglich, dass sie sich nach meinem strengen und fleißigen Opa | |
Heinz nach etwas anderem gesehnt hatte. Opa Heinz war ein anständiger | |
Mensch, wie es in der Familie hieß, wo jeder, der nicht mit diesem Adjektiv | |
bedacht wird, wenigstens ein Herumtreiber und Trinker ist. Er war Besitzer | |
einer Baumschule, betrieb die Friedhofsgärtnerei und war Protestant. Sein | |
Anstand schloss ein, Katholiken, Studierte und Ausländer zu verachten, aber | |
vor allem erstere. In seinen Augen waren Katholiken nichts als dumme Bauern | |
– gegen die er im Grunde nichts hatte, es sei denn, sie waren Katholiken – | |
die im Verborgenen perverse Schweinereien anstellten. Als Beispiel führte | |
er stets den Katholiken Wilfried Knaast an, von dem behauptet wurde, dass | |
er eine enge Beziehung zu seiner Kuh gehabt haben soll. Opa Heinz hatte | |
Prinzipien, Oma Frieda war ihm eine gute Ehefrau und lebte danach, bis zu | |
dem Tag, an dem sie ihn zu Grabe trug. Bald darauf geriet sie nämlich an | |
den konfessionslosen Dieter Brenner und zeugte mit ihm ein uneheliches | |
Kind, das in den Kreis der anständigen Patschekowskis nicht aufgenommen | |
wurde. Die Patschekowskis waren allesamt gute Protestanten, die ihrem Gott | |
dienten, indem sie möglichst wenig an ihn dachten. Fleiß, Sparsamkeit, | |
frühes Zubettgehen, seltener, aber effizienter Geschlechtsverkehr, | |
häusliches, samstägliches Trinken und allerhöchstens zwei Kinder, das waren | |
die Prinzipien. Mit den Kindern hatte meine Oma es zwar nicht übertrieben, | |
aber allen anderen Prinzipien wurde sie durch und mit Dieter Brenner | |
untreu. Sie reisten an den Comer See und mussten sich anschließend Geld | |
leihen. Sie feierten in seiner Gartenlaube Partys mit Leuten, die die | |
Patschekowskis noch nicht einmal kannten. Und schließlich ließ sie sich von | |
ihm dazu überreden, ihr Haar zu färben. Dieter Brenner betrieb eine Weile | |
einen erfolglosen Friseursalon und verlegte sich schließlich darauf, als | |
Vertreter für Haarpflegeprodukte durch die Lande zu reisen, bis er | |
schließlich irgendwo hängenblieb, vielleicht in Münster. Über Oma Frieda | |
hieß es in der Familie, und sie sagten es mit einem schmerzverzerrtem | |
Gesichtsausdruck: „Sie hat ihn geliebt.“ | |
Das Kind dieser Liebe war also unsere Tante Margie. | |
„Schreib ihr, sie kann bei uns wohnen“, sagte Jens, er ist immer so | |
freundlich, und das ist auch ein Grund, dass ich mich für ihn entschieden | |
habe. Damit mein Leben etwas von diesem warmen Licht der Güte abbekommt, | |
denn ich habe den misstrauischen Protestantismus unserer Familie mit auf | |
den Weg bekommen. | |
„Ich weiß nicht, ob das so eine gute Idee ist“, sage ich zu Jens. „In | |
diesen Zeiten. Wir treffen kaum noch jemanden, schränken unsere Kontakte | |
ein, und dann kommt diese … Frau hier plötzlich angereist. Sie ist ja auch | |
gar keine richtige Patschekowski.“ | |
„Gut“, sagte Jens. | |
Ich lud sie also ein, und sie schickte eine Postkarte: Komme am siebenten | |
Dezember mit dem Zug um 12:13 Uhr aus Köln, Gleis 8, Gruß – Margie. | |
Tatsächlich holte Jens sie dann ab. Er fühlte sich verpflichtet, wegen der | |
genauen Angaben, die sie über ihre Ankunft gemacht hatte. „Und wenn“, hatte | |
ich gesagt, „sie kann doch nicht erwarten, dass wir uns wegen ihr | |
freinehmen. Zwölf Uhr dreizehn, da arbeiten Menschen normalerweise.“ Wegen | |
des Virus arbeiteten wir beide im Homeoffice und waren für jede Abwechslung | |
dankbar. Wir stritten uns darum, wer einkaufen gehen durfte. Wir arbeiteten | |
und wohnten zusammen in unserer Wohnung und jeder von uns hätte wenigstens | |
den Einkauf gern allein erledigt. Aber wenn die Auseinandersetzung | |
entschieden war, sagte plötzlich jeweils der, der in diesem Kampf unterlag: | |
„Ach, ich komme mit.“ Tja, deshalb lohnte sich dieser Kampf im Grunde gar | |
nicht. | |
So war die Lage, als unsere Tante Margie am siebenten Dezember von Jens vom | |
Hauptbahnhof abgeholt wurde. Sie erkannten sich natürlich nicht, denn er | |
hatte kein Schild in der Hand, auf dem „Willkommen Tante Margie“ stand. Er | |
hatte ihr nur angekündigt, dass er eine blaue Jacke tragen würde. Ich hatte | |
zu diesem Plan nur höhnisch gelacht und er hatte das höhnische Lachen | |
ignoriert. So sind wir, so gehen wir miteinander um und es hat sich | |
bewährt. Wir lieben uns immer noch. | |
Es klingelte und eine raue Stimme krächzte durch die Sprechanlage. | |
„Kannst du mir eben helfen? Ich habe einiges an Gepäck dabei.“ | |
Tatsächlich standen drei riesige Koffer vor der Tür. Tante Margie trug | |
einen grauen Pelzmantel und Lacklederstiefelchen. Ihr Haar sah wie orange | |
eingefärbte Zuckerwatte aus, ihr Gesicht war in kräftigen Farben | |
geschminkt, sie rauchte gierig und hustete, als sie mich sah. | |
„Meine Liebe!“ Trotz Corona drückte sie mich an ihren mächtigen Pelzbusen | |
und blies mir ihren Zigarettenatem ins Gesicht. „Ich konnte nicht ewig | |
warten. Männer mit blauen Jacken gibt’s wie Sand am Meer.“ | |
„Bist du denn mit dem Gepäck zurechtgekommen?“ Ich versuchte, zwei der | |
Koffer hochzuheben, gab es aber gleich wieder auf. | |
„Ach, man fragt eben um Hilfe“, sagte sie. „Und so schwach bin ich auch | |
noch nicht.“ Aber außer ihrer Handtasche trug sie nichts weiter in den | |
vierten Stock unseres Genossenschafts-Altbaus. Jens rief an und ich sagte, | |
„Sie ist da. Beeil dich, die Koffer stehen unten vor der Tür.“ | |
„Drei Koffer“, fragte ich Tante Margie, „was hast du noch vor?“ | |
„Ach, man braucht so dies und jenes“, sagte sie und sah sich in Sarahs | |
ehemaligem Kinderzimmer um, das uns als Büro und Gästezimmer diente. „Hier | |
soll ich also leben“, sagte sie. Der Ausdruck „leben“ beunruhigte mich | |
etwas. „Gefällt es dir nicht?“, fragte ich rasch, „sonst müssen wir dir… | |
Hotelzimmer finden.“ „Weißt du, das ist derzeit gar nicht so einfach“, | |
sagte Tante Margie und ließ sich auf das Bett plumpsen, in dem unsere | |
Tochter Sarah mit ihrem Handy einen Großteil ihrer frühen Jugend verlebt | |
hat. | |
„Ich weiß“, sagte ich traurig. „Ich weiß.“ | |
Jens brachte keuchend, einen nach dem anderen, die Koffer hoch. | |
„Sie hat dich nicht erkannt“, sagte ich, als er wieder zu Atem gekommen | |
war, „trotz der guten Beschreibung.“ | |
„Ich bin fast verrückt geworden mit diesen ganzen blauen Jacken“, kreischte | |
Tante Margie und drückte Jens die Hand. „Kann denn ein Mann auch noch was | |
anderes tragen als eine blaue Jacke?“ | |
„Ich bin modisch eher unaufgeregt“, sagte Jens. Das stimmte und obschon ich | |
mich kurz freute, weil ich sein Scheitern vorausgesehen hatte, wurde ich | |
rasch wieder gerecht. Jens war vielleicht modisch unaufgeregt, aber er war | |
mein Mann und ich liebte ihn. Darum sagte ich, „Über Geschmack lässt sich | |
nicht streiten, sonst würde ich vielleicht etwas zu deinem Mantel gesagt | |
haben, Tante Margie.“ | |
„Hach“, kreischte sie, „eine Grüne! Holt die Farbbeutel raus!“ | |
In den nächsten Tagen breitete sich Tante Margie in unserer Wohnung aus. | |
Sie hatte so ihre Angewohnheiten. Sie rauchte. Wir legten ihr nahe, draußen | |
oder wenigstens am geöffneten Fenster zu rauchen. Aber sie sagte, „Herz, es | |
ist doch so kalt!“ „Aber du hast doch den schönen, warmen Mantel“, wandte | |
ich ein. | |
„Ich rauche doch nicht in meinem Mantel, stell dir vor, da fliegt was von | |
der Glut drauf. Das ist echtes Kanin.“ | |
„Kanin?“ | |
„Und wir haben sie alle selber gegessen“ | |
Hatte ich angesichts des Pelzmantels Hoffnungen gehabt, erstarben sie | |
jetzt. Wie viel konnte Kanin schon wert sein? „Jens, es ist Kaninchenfell“, | |
sagte ich abends im Bett. „Und sie haben sie alle selbst gegessen.“ „Aha�… | |
sagte Jens, „dann ist es ja nicht so schlimm, oder?“ „Schlimm?“ „Es w… | |
doch immer so argumentiert, dass der Pelz von Pelztieren so verwerflich | |
wäre, weil diese Tiere nur wegen des Pelzes getötet würden. Aber wenn man | |
die Tiere auch isst, wie zum Beispiel Kühe, dann ist die Verarbeitung der | |
Haut oder des Pelzes eben nicht so schlimm.“ „Aber Jens, das ist doch nicht | |
der Punkt!“, sagte ich. „Wenn es nur Kaninchenfell ist, dann hat sie doch | |
vielleicht gar kein Geld. Ich meine, sie trägt Kaninchen, wer trägt denn | |
Kaninchen? Das kommt mir mehr wie … wie …, das hat doch keine Klasse!“ | |
„Dann wäre es dir lieber, wenn sie Nerz trüge?“ „Im Grunde schon“, sa… | |
ich. „Nicht, weil ich es befürworten würde, aber es wäre ihr schlechter | |
Charakter. Ich würde nur unschuldig erben. Das hast du doch gemeint, dass | |
sie gekommen ist, um mir etwas zu vererben.“ | |
Jens drehte sich im Bett von mir weg. „Ein bisschen zweifele ich an dir, | |
Monika“, sagte er. „Ob du wirklich so ein guter Mensch bist, wie du es | |
vorgibst zu sein.“ | |
„Ich bin gut“, sagte ich. | |
Tante Margie schlief stets lange, dann saß sie lange in der Küche und | |
schlürfte lange Kaffee und irgendwann verließ sie das Haus. Wir wussten | |
nicht, wohin sie ging, wir waren nur dankbar, weil wir uns dann in unserer | |
Wohnung frei fühlten. Wir arbeiteten. Wenn sie wiederkam, legte sie sich | |
für ihren Mittagsschlaf hin, und etwa ab vier oder fünf wurde sie gesellig. | |
Wir führten eine Menge Gespräche mit Tante Margie. Sie redete gern und viel | |
und wir erfuhren Dinge, die wir vielleicht gar nicht hätten wissen wollen. | |
„Sie hatte einen großen sexuellen Appetit“, sagte Tante Margie über ihre | |
Mutter, „und dein Opa Heinz war dafür nicht der richtige Mann.“ Sie faltete | |
die Hände und sah uns beide nacheinander prüfend an. „Sie hatte Glück, dass | |
sie meinen Vater kennenlernte. Wisst ihr, er war ein freundlicher Mensch | |
und so lebenslustig!“ | |
„Mein Gott, das haben wir alles gar nicht gewusst“, sagte Jens. | |
„Und du meinst, das stimmt alles?“, sagte ich, denn ich mag es nicht, wenn | |
meine Familie in irgendeiner Weise schlechtgemacht wird. | |
„Aber ja, sie hat es mir doch erzählt“, sagte Margie. | |
„Deine Mutter hat mir dir über ihre Sexualität gesprochen?“ | |
„Das ist eine gute Sache“, sagte Jens. | |
„Das ist keine gute Sache“, erregte ich mich. „Das ist überhaupt keine g… | |
Sache. Denkst du, ich möchte etwas über den sexuellen Appetit meiner Mutter | |
wissen? Oder meiner Großmutter?“ | |
Tante Margie steckte sich ein Stück Dresdener Stollen in den Mund. | |
„Aber Moni, warum denn nicht?“, fragte sie mit vollem Mund und sehr sanft. | |
Sie war ein Berg von Fleisch in unserem weißen Ikea-Sessel, sie füllte ihn | |
ganz aus. Ihr Busen bebte unter einer Art buntem Kaftan und ihre Füße | |
steckten in silbern bestickten Pantoffeln mit kleinen Absätzen und einem | |
(Kaninchenfell?-)Puschel obenauf. Ihr Parfum brachte einen fast um. Ich | |
wurde plötzlich von so einer Schwäche erfasst, dass ich am liebsten geweint | |
hätte. Seit Wochen hatte ich nicht mehr mit Jens geschlafen. Dieses | |
ständige Zusammensein, sogar im Supermarkt, das machte uns zu Geschwistern, | |
zu asexuellen Arbeitskollegen, unsere gereizten Auseinandersetzungen, die | |
sonst immer das Feuer entfacht und unsere Sexualität am Leben erhalten | |
hatten, verpufften müde. Warum sollte man nicht mit anderen Menschen über | |
seine sexuellen Probleme reden, und warum nicht mit seiner Mutter? | |
Weil ich darauf keine Antwort wusste und fühlte, wie ich ins Hintertreffen | |
geriet, spielte ich meinen Trumpf aus. Ich fragte, „Warum bist du | |
eigentlich hier, Tante Margie?“ | |
Sie legte ihre Hand auf meinen Arm. | |
„Ich möchte meine Angelegenheiten klären.“ | |
„Und die wären?“, fragte ich fuchtig. | |
„Monika, nun werd nicht gleich unhöflich“, sagte Jens. | |
„Sie ist nicht sehr ausgeglichen“, sagte Tante Margie und zündete sich eine | |
Zigarette an. Die Kerzenflamme zischte und versank im Wachs. Jemand warf im | |
Hof Glas in den Container. Dann hörte ich nur noch meinen eigenen Atem, wie | |
er hübsch rein- und rausging. Auch Jens war gespannt, ich sah es ihm an. | |
Sie musste auch ihm auf die Nerven gehen. | |
Schließlich drückte sie die Zigarette auf ihrem Kuchenteller aus. Der Qualm | |
ringelte sich romantisch über dem Adventskranz zur Decke hoch. | |
Sie klatschte einmal munter in die Hände, hielt die Hände dann fest und | |
knetete sie. | |
„Ich denke, es ist an der Zeit … euch mitzuteilen, dass ich … Ich hatte | |
einfach ein gutes Angebot, und da dachte ich, wenn man ein gutes Angebot | |
hat, dann muss man es eben annehmen. Sie wollten es und ich habe es | |
verkauft.“ | |
„Was?“, fragte Jens. | |
„Mein Haus.“ | |
„Du hast ein Haus, in Köln?“ | |
„Lüghausen, Hoffnungstal in Rösrath im Rheinisch-Bergischen Kreis bei Köln. | |
Siebenunddreißig Jahre hatten wir es, ein Endhaus.“ | |
„Ein Endhaus? Und nun hast du es also nicht mehr?“, fragte Jens. | |
Sie schüttelte den Kopf, dass die Zuckerwatte bebte. | |
„Wenn ihr es wissen wollt: Ich habe kein Dach über dem Kopf. Ich bin | |
obdachlos.“ Sie lachte dröhnend und zündete sich noch eine Zigarette an. | |
Und dann sagte Jens langsam, „Du kannst ja … erst mal … bei uns wohnen.“ | |
In der Nacht weinte ich leise. Um halb vier rüttelte ich Jens wach. „Was | |
hast du mit ‚erst mal‘ gemeint?“, fragte ich. | |
„Sie ist obdachlos“, murmelte er. Seine Augen waren klein und verschlafen | |
und ich wusste, er würde sie auch für immer bei uns wohnen lassen, weil er | |
nun einmal so ist. So ist sein Wesen. Er ist gut und stark, obwohl er | |
überhaupt nicht so aussieht. Er ist klein und nicht sehr muskulös, er hat | |
einen großen, runden Kopf, eine spitze Nase und schmale Augen, die zu dicht | |
beieinanderstehen, so dass es aussieht, als sei ein zu kleines Gesicht in | |
einen zu großen Kopf gefügt worden, er ist sehr niedlich. | |
„Das weiß ich auch“, sagte ich, „aber sie kann doch nicht bei uns wohnen… | |
Ich fing wieder an zu weinen. | |
„Liebling“, sagte Jens, „wir finden ihr schon was.“ | |
Ich klammerte mich an ihm fest und schlief wieder ein. | |
Dann kamen mir Zweifel. Wir kannten sie doch gar nicht. War Tante Margie | |
wirklich Tante Margie und wenn ja, hatte sie wirklich ein Haus besessen, | |
das sie verkauft hatte? Und warum hatte sie es verkauft, ausgerechnet jetzt | |
und bevor sie überhaupt eine neue Bleibe gefunden hatte? Was hätte sie denn | |
getan, wenn wir sie nicht aufgenommen hätten? Während ihrer Abwesenheit | |
durchwühlte ich ihre Sachen. In einem Buch unter ihrem Kopfkissen fand ich | |
einen zusammengefalteten Briefumschlag, der adressiert war an „Hannelore | |
Prenz“. | |
„Was sagst du nun? Das habe ich in ihrem Buch gefunden.“ Ich flatterte mit | |
dem Briefumschlag vor Jens’ Nase herum. „Das besagt nichts“, sagte Jens. … | |
ging in ihr Zimmer und kehrte mit dem Buch zurück. „Siehst du? Das habe ich | |
mir gedacht. Es ist ein Bücherei-Buch. Vielleicht hat der Umschlag schon im | |
Buch gesteckt? Und sieh doch mal, wenn sie es ausgeliehen hat, dann muss | |
sie es auch zurückgeben. Sie hat gar nicht vor, ewig hier zu bleiben.“ | |
„Weißt du, dass man Bücher zweimal verlängern lassen kann? Sie hat drei | |
Monate Zeit, es zurückzugeben“, sagte ich. | |
„Du bist immer so negativ.“ | |
Während sie ein Bad nahm, durchwühlte ich ihre Handtasche und ihr | |
Portemonnaie. Auf allen ihren Dokumenten stand „Hannelore Prenz“, mit ihrem | |
Personalausweis lief ich zu Jens. | |
„Ich kann es nicht glauben, dass du ihre Sachen durchwühlst“, sagte er. | |
„Ja, aber zu Recht“, sagte ich. | |
Als Tante Margie mit einem Handtuch um den glühenden Kopf gewickelt in | |
einem hellblauen Morgenmantel aus dem Bad kam, lauerte ich ihr schon im | |
Flur auf. | |
„Oh, Tante Margie“, sagte ich, „oder soll ich lieber sagen: Hannelore | |
Prenz?“, | |
„Tante Margie ist mir recht“, sagte sie. | |
„Du heißt aber doch Hannelore Prenz?“ | |
Sie stand dicht vor mir und sah mir direkt und unbefangen ins Gesicht. | |
Alles an ihr war rosig und duftete nach Badeschaum. Sie musste Unmengen an | |
Badeschaum benutzen, sich cremen, ölen und mit literweise Parfum besprühen. | |
Sie war ein wandelnder Allergieauslöser. Aber sie war auch köstlich wie ein | |
Pfefferkuchen. Sie brachte tausend Gewürze in unser Leben, das so sauber, | |
dezent und wohl temperiert war. Sie war nicht geschmackvoll, sie war eine | |
Wundertüte. Sie war etwas, das unserer Familie gefehlt hatte. All das ging | |
mir mit leichtem Bedauern durch den Kopf. Weil ich überzeugt war, sie jetzt | |
wieder verlieren zu müssen. Ich war nicht wirklich traurig darüber. Es | |
waren nur Überlegungen, keine Gefühle im Spiel. | |
Ich folgte ihr in unser Arbeitszimmer, „Das Spiel ist aus.“ | |
„Kind“, sie ließ sich auf unser Gästebett plumpsen. „Das lässt sich al… | |
leicht erklären.“ Dann fiel ihr Blick auf ihre geöffnete Handtasche, auf | |
ihr Portemonnaie und den Ausweis, der auf dem Schreibtisch lag. | |
„Sollte ich mich schämen?“, fragte ich rasch, „vielleicht“, gab ich mir | |
selbst als Antwort. „Aber ist es denn nicht mein Recht, mich vor Betrügern | |
zu schützen, in meinem eigenen Heim? Du kommst daher, nistest dich hier | |
ein, für längere Zeit, vielleicht für immer, und gibst dich als jemand aus, | |
der du gar nicht bist, und wir … wir sollen nichts dagegen tun?“ | |
Sie nickte langsam, bis das Handtuch sich löste und ein verklebtes Gewirr | |
rötlichen Haares zum Vorschein kam. | |
„Als Hannelore wurde ich geboren“, sagte sie und rubbelte ihre Haare ab. | |
„Aber sie nannten mich Margie. Dieter, du weißt, das ist mein Vater | |
gewesen, ihm hat Margie einfach besser gefallen, alle nannten mich so, ich | |
bekam das erst in der Schule mit, dass ich eigentlich Hannelore heiß. Und | |
dann hab ich Herbert Prenz geheiratet. Darum Hannelore Prenz.“ | |
„Was erzählst du denn da?“ Ich war verzweifelt. | |
„Sie nennen dich Margie. Da bist du es eben. Du kennst es nicht anders. | |
Weißt du, ich finde Hannelore auch nicht so besonders.“ | |
„Und wo ist dieser Herbert Prenz jetzt?“, fragte ich. | |
„Tot.“ | |
„Das hast du dir doch alles hübsch ausgedacht“, sagte ich. | |
„Das hat sie sich ausgedacht“, sagte ich abends im Bett zu Jens. „So etwas | |
gibt es doch gar nicht.“ | |
„Mein Cousin Meinhard wurde von allen Jimmy genannt“, sagte Jens. „So?“, | |
sagte ich wütend und boxte ihm in die Seite. „Das sagst du doch jetzt bloß | |
so.“ Ich war schon wieder den Tränen nahe. | |
„Er wurde nach unserem Großvater benannt, aber mein Onkel konnte den Namen | |
eigentlich nicht leiden. Und er war Fan von Jimmy Hendrix. Aber sie konnten | |
ihn ja nicht wirklich Jimmy nennen.“ | |
„Warum nicht?“ | |
„Sie hätten es natürlich gekonnt, aus heutiger Sicht. Aber sie haben ihn | |
eben Meinhard genannt. Wegen der Tradition.“ | |
„Das ist so … sinnlos“, sagte ich wütend. | |
„Ja“, Jens schüttelte traurig den Kopf. | |
„Haben sie dich auch anders genannt?“ | |
„Jensi“, sagte Jens. | |
„Schlaf gut, Jensi“, sagte ich. | |
Am Samstag stellten wir Tante Margie oder Hannelore zur Rede. | |
„Wie stellst du dir das vor?“, sagte ich zu ihr. „Wie lange denkst du, da… | |
du bei uns wohnen kannst? Wir können dich natürlich nicht hinauswerfen.“ | |
„Und das wollen wir auch gar nicht“, beeilte sich Jens zu sagen, „aber wir | |
möchten dir natürlich helfen, bald eine Wohnung zu finden, in Köln und | |
Umgebung.“ | |
Tante Margie lächelte. | |
„Das ist lieb von euch. Sehr lieb. Aber ich suche gar keine Wohnung in Köln | |
und Umgebung. Ich suche hier. Ich habe mir schon einiges angesehen.“ | |
„Hier? In Hamburg?“ Ich schluckte. | |
„Am liebsten in eurer Nähe. Ich habe ja sonst niemanden mehr.“ | |
Eine Weile sagte niemand etwas. Über uns ratterte die Waschmaschine der | |
Frederkings, und von der Straße hörte man die Bässe aus einem Autoradio | |
wummern. | |
„Niemanden?“, fragte ich schließlich. | |
Sie schüttelte ihren Kopf. Die Zuckerwatte bebte, die Armreifen klirrten. | |
„Wegen uns willst du hierherziehen?“, fragte ich. „In unsere Nähe?“ | |
Sie nickte wieder. Und das Beben und das Klirren wiederholten sich. | |
„Aber du kanntest uns doch gar nicht. Du wusstest doch gar nicht, ob wir | |
dir gefallen. Und wenn wir dir nicht gefallen hätten? Gefallen wir dir?“ | |
„Mein Gott, Monika“, sagte Jens. | |
„Besonders gefallt ihr mir nicht“, sagte Tante Margie. „Durchwühlt meine | |
persönlichen Sachen. Bezeichnet mich als Lügnerin. Du nicht“, sagte sie und | |
sah Jens an, „aber du!“ Dabei sah sie mich an. „Nicht sehr ausgeglichen u… | |
sehr misstrauisch“, sagte sie. | |
„Wie es aussieht, werden wir das Weihnachtsfest mit ihr verbringen“, sagte | |
Jens. Wir spazierten die dunkle Straße entlang, der Wind drückte einen | |
feinen Regenschleier in unsere Gesichter. Seit Tante Margie bei uns wohnte, | |
gingen wir viel mehr miteinander spazieren. Und seit wir so viel | |
miteinander spazieren gingen, redeten wir auch viel mehr miteinander, das | |
tat unserer Beziehung wirklich gut. | |
„Das werde ich verhindern“, sagte ich, aber mein Widerstand klang matt und | |
war es auch. „Und Sarah?“, fragte ich schließlich. Sarah würde über | |
Weihnachten nach Hause kommen. „Wo soll sie wohnen?“ | |
Je näher Weihnachten rückte, um so eisiger wurde die Stimmung zwischen | |
Tante Margie und mir. Sie schlief morgens noch länger, trank noch mehr | |
Kaffee und schränkte auch das Reden, zumindest mit mir, ein. Sie | |
verräucherte die Küche und aß viel süßes Gebäck, das sie in größeren Me… | |
im nahegelegenen türkischen Lebensmittelmarkt einkaufte. | |
Die Situation änderte sich, als Sarah eintraf. Sie war sofort, und aus mir | |
unverständlichen Gründen, von Tante Margie eingenommen. Sie schlief im | |
Wohnzimmer auf dem Sofa und verbrachte viel Zeit mit Tante Margie in ihrem | |
alten Zimmer, sie redeten und lachten und sahen sich Filme auf Sarahs | |
Laptop an. Bis schließlich der Geruch von Marihuana aus dem Zimmer drang. | |
Und ein wildes Schluchzen. | |
„Mama, komm“, sagte Sarah, „der Joint hat sie umgehauen.“ Ich eilte in … | |
Zimmer, da saß Margie auf dem Bett und weinte, mit über das Gesicht | |
gelegten Händen. „Sie hat vielleicht noch nie gekifft“, sagte Sarah, „wi… | |
bei jedem anders.“ | |
„Mein Gott, Sarah“, sagte ich, „musste denn das sein?“ | |
„Sie wollte es eben ausprobieren“, sagte Sarah, „ich hab sie nicht | |
gezwungen.“ | |
Ich mühte mich, Tante Margie zu trösten, aber sie war untröstlich und | |
schluchzte, „Herb, Herb, du blöde Sau!“ Schließlich legten wir sie auf das | |
Bett und deckten sie zu. | |
„Sie hat das Haus noch gar nicht verkauft“, sagte Jens am nächsten Tag im | |
Supermarkt. | |
„Was?“, ich überschlug gerade den Kartoffelbedarf der nächsten Tage. „W… | |
weißt du das?“ | |
„Es ist noch zu haben, es steht noch im Internet. Ich habe sogar den Makler | |
angerufen. Wir könnten es kaufen, wenn wir wollten.“ | |
Ich blies mich auf, ich steigerte mich richtig rein: „Ich wusste, dass sie | |
lügt. Sie lügt und lügt und lügt! Aber wenn ich sie frage, Jens, dann wird | |
sie wieder eine Erklärung dafür haben. Darum frag ich sie auch nicht, mir | |
steht es bis hier. Und macht sich bei Sarah beliebt, die liebe Tante, Sarah | |
ist auch schon gegen mich, ich fühle es doch, dass sie gegen mich ist. Das | |
hat sie geschafft, dass meine eigene Tochter jetzt schon gegen mich ist.“ | |
Es war eine trübe Vorweihnachtszeit. Täglich düstere Nachrichten, kein | |
Weihnachtsmarkt, immer noch Homeoffice, der Feind in der eigenen Wohnung. | |
Kann man seine Abneigung so steigern, dass einem übel wird, wenn man | |
jemanden nur sieht? Mir war viel übel in jener Zeit, immer wenn ich den | |
rötlichen Wattebusch von Kopf sah, die flinken, hinterlistigen Äuglein | |
durch den Raum flitzen sah oder nur ihr Parfum roch! Ich wusste, was sie | |
über mich dachte, ich wusste es ganz genau, aber ich übte mich in | |
Beherrschung, ich wollte mich nicht in meiner eigenen Wohnung unterkriegen | |
lassen, von einer Fremden! Jens hatte versprochen, Tante Margie bei der | |
Wohnungssuche zu unterstützen, in unserem Interesse, wie er betonte, und | |
ich beobachtete, dass auch er im Verlauf dieser gemeinsamen Anstrengungen | |
sich mit ihr anzufreunden begann, wenn sie gemeinsam am Bildschirm saßen | |
oder zu einer Besichtigung fuhren. Ich begann eine gewisse Herzlichkeit in | |
ihrer beider Umgang wahrzunehmen. Und immer mehr fühlte ich mich als | |
Ausgegrenzte, weil ich die Gefühle meiner Familie gegenüber dieser | |
lügnerischen Frau nicht teilen konnte. | |
Am Vormittag des Heiligen Abends bereitete ich den vegetarischen Nussbraten | |
à la Jamie Oliver vor, da erreichte mich ein Anruf von der Rösrather | |
Polizei. Sie fragten nach meiner Tante, Hannelore Prenz, die seit Anfang | |
Dezember aus ihrem Haus verschwunden sei. Ihre Nachbarn hätten sich Sorgen | |
gemacht. „Oh, sie ist hier bei uns“, sagte ich, „das sind ja wirklich sehr | |
aufmerksame Nachbarn.“ | |
„Na ja“, sagte der Polizist, „es ist ja nur, weil man nie weiß, in so ei… | |
Fall, wie der Mensch reagiert, nicht wahr.“ | |
„In was für einem Fall?“, fragte ich und nahm einen großen Schluck vom | |
Kochwein. | |
„Wegen ihres Mannes, weil er doch gerade verstorben ist, daran eben, Sie | |
wissen doch.“ | |
„Ach ja, daran“, sagte ich, denn ich konnte schlecht zugeben, dass ich gar | |
nichts wusste. | |
Früher waren immer Jens’ und meine Eltern gekommen, aber wegen Corona saßen | |
wir nun mit Tante Margie um den Baum. Sie machte uns allen sehr gute | |
Geschenke. Jens schenkte sie eine Wetterstation (und er interessiert sich | |
wirklich für das Wetter!), Sarah ein Schweizer Taschenmesser mit | |
dreiunddreißig Funktionen und mir ein Fußmassagegerät. Ich war überwältigt | |
und fühlte mich schlecht, weil ich nur einen karierten Schal für sie hatte, | |
der zur Hälfte aus Polyacryl war. | |
„Na ja“, sagte sie, als sie den Schal auswickelte, „du hast dich bemüht.… | |
Jens überreichte ihr eine große Schachtel mit Pralinen, und darüber war sie | |
schier außer sich. | |
„Du weißt, was Frauen mögen.“ | |
„Pralinen?“, fragte ich. „Frauen mögen Pralinen?“ | |
Gegen Mitternacht, wir saßen alle ein bisschen zusammengesackt vor dem | |
Fernseher, meine Füße wurden sanft summend massiert und ich war nicht | |
betrunken, aber fast, da kam es so über mich, dass ich mich plötzlich Tante | |
Margie sehr nahe fühlte. Ich beobachtete sie aus den Augenwinkeln, wie sie | |
müde eine Praline nach der anderen in ihren rot verschmierten Mund steckte | |
und ihr ab und an die Augen zufielen. Ich dachte an ihren Mann, über dessen | |
Tod sie uns nichts erzählt hatte. Ich dachte daran, dass sie sich hatte | |
retten wollen, über die Feiertage, zu uns, diesen fremden, misstrauischen | |
Menschen. | |
„Tante Margie“, sagte ich, „was meinst du? Wir hab’n uns ja noch gar ni… | |
richtich kenn’gelernt. Aber wenn das soweit is’, wirst du merken, ich bin | |
eigentlich hinterhältich. Und ich lüge. Ja, wirklich. Hättest du das | |
gedacht? Ich bin nicht immer so ein guter Mensch, wie du vielleicht gedacht | |
hast. Soll ich dir mal was sagen, Tante Margie? Als du uns geschrieben | |
hast, dass du kommst – weißt du, was ich da gedacht hab? Dass du uns was | |
vererben willst. Das war der einzige Grund, dass wir dich überhaupt | |
eingelad’n ham.“ | |
Tante Margie nickte unbeeindruckt. „Darum hab ich das so geschrieben, mit | |
den Angelegenheiten, weißt du? Wer lädt denn sonst Leute zu Weihnachten | |
ein, wenn er die nicht mal kennt. Und jetzt noch erst recht, mit Corona und | |
allem.“ | |
„Tante Margie“, schluchzte ich, mit echten hochprozentigen Tränen in den | |
Augen, denn ich schätzte ihre Offenheit plötzlich, ihre raue Stimme, ihren | |
außergewöhnlichen Look und sogar ihr Parfum, „ich liebe dich.“ | |
Tja, und ich meinte es auch so. Wenn man sich überlegt, dass diese | |
hinterhältige, verlogene Art vielleicht in der Familie liegt und diese Gene | |
sich vor allem in Tante Margie und mir ausgeprägt haben, dann muss ich sie | |
als das anerkennen, was sie ist, die mir am nahestehendste noch lebende | |
Verwandte. Und meine Familie liebt sie auch. Was will man an Weihnachten | |
mehr? | |
25 Dec 2020 | |
## AUTOREN | |
Katrin Seddig | |
## TAGS | |
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