# taz.de -- Quälerei in Schweinebetrieb: Bauer knallt Tiere auf Metallkante | |
> Ein Video zeigt Männer, die in einem Stall Schweine quälen. Der Hof soll | |
> als angeblich besonders tierfreundlich eine Prämie kassieren. | |
Bild: Nachts ins Visier der Tierschützer geraten: ein Stallgebäude des Hofs | |
BERLIN taz | In einem angeblich besonders tierfreundlichen Stall haben | |
Mitarbeiter rund 20 Kilogramm schwere Schweine zum Töten auf die | |
Metalloberkante einer Trennwand geschlagen. In einem nun vom Deutschen | |
Tierschutzbüro veröffentlichten [1][Video] ist zu sehen, wie zwei Männer | |
die Tiere an den Hinterläufen packen und mit Kopf oder Nacken auf die Kante | |
schlagen. Danach scheinen die Schweine immer noch bei Bewusstsein zu sein | |
und schnappen nach Luft. | |
Der Hof erhielt den Tierschützern zufolge vom Land Niedersachsen eine | |
„[2][Ringelschwanzprämie“], weil er einem Teil seiner Schweine nicht wie in | |
der konventionellen Haltung üblich die Schwänze kürzt. Es handele sich um | |
einem Familienbetrieb in Wietmarschen im Landkreis Grafschaft Bentheim. Er | |
habe rund 500 Sauen, die pro Jahr etwa 15.000 Ferkel zur Welt bringen. Die | |
Jungtiere würden dort für kurze Zeit gehalten, bevor sie an Mäster verkauft | |
werden. | |
Es sind [3][schon mehrmals Videos] aus deutschen Schweinebetrieben bekannt | |
geworden, in denen Ferkel auf ähnlich schmerzhafte und deshalb untersagte | |
Art und Weise getötet wurden. In diesem Fall sind aber ältere Tiere | |
betroffen. „Bei kleinen Ferkeln ist dies eine gängige (wenn auch verbotene) | |
Praxis, aber Schweine, die ca. 20 kg und mehr wiegen, so töten zu wollen, | |
ist schlichtweg nicht möglich“, teilte Jan Peifer, Vorstandsvorsitzender | |
des Tierschutzbüros, am Montag mit. Das sei „reinste Tierquälerei“. | |
Die Aufnahmen zeigen auch sehr dreckige Stallabteile. An einigen Stellen | |
drückt die Gülle durch den Spaltenboden aus dem darunterliegenden Becken | |
hoch. Zudem seien viele Spalten zu breit und scharfkantig, was vermutlich | |
die blutigen Wunden zahlreicher Schweine verursacht habe, so das | |
Tierschutzbüro. In der angeschlossenen Sauenhaltung sei ein Großteil der | |
Einzelkäfige („Kastenstände“) zu klein, auch fehle zum Teil | |
Beschäftigungsmaterial. | |
„Besonders pikant ist die Tatsache, dass die Schweine beim Sortieren bzw. | |
Abtransport zur Mastanlage an ihren Ringelschwänzen hochgezogen werden“, so | |
die Tierschützer. Das müsse „unglaubliche Schmerzen“ auslösen. „Wie ab… | |
ist es denn, dass den Tieren nicht der Ringelschwanz kupiert wird und genau | |
dies wird dann den Tieren zum Verhängnis und das Land Niedersachsen zahlt | |
dem Landwirt dafür auch noch Geld“, kritisierte Peifer. Für jeden intakten | |
Ringelschwanz bekommen die Ferkelerzeuger*innen rund 5 Euro und | |
Schweinemäster*innen rund 17 Euro. In der Förderperiode 2019/2020 zahlte | |
das Land so knapp [4][9 Millionen Euro] an rund 350 niedersächsische | |
Bauern. | |
Der beschuldigte Landwirt bestätigte laut [5][ARD-Fernsehen], dass die | |
heimlich aufgenommenen Bilder authentisch seien. Es hätten schwache Tiere | |
notgetötet werden müssen, aber das Bolzenschussgerät sei nicht auffindbar | |
gewesen, sagte der Bauer. Deshalb habe man zum Genickbruch gegriffen: „Das | |
ist natürlich nicht richtig so. Tut mir auch leid.“ | |
„Viele der hier beschriebenen und im Video erkennbaren Behandlungen und | |
Haltungsbedingungen der Tiere entsprechen nicht dem geltenden Recht bzw. | |
sind rechtswidrig. Dies betrifft insbesondere die im Video gezeigten | |
Tötungsversuche, aber auch mit Schweinen belegte Buchten, in denen die | |
Gülle über den Spaltenböden steht“, teilte Professor Lars Schrader vom | |
bundeseigenen Friedrich-Loeffler-Institut für Tiergesundheit der taz mit. | |
Die Staatsanwaltschaft Oldenburg hat nach eigenen Angaben ein | |
Ermittlungsverfahren eröffnet. | |
„Solche Missstände verurteile ich ausdrücklich“, schrieb Niedersachsens | |
Agrarministerin Barbara Otte-Kinast (CDU) der taz zu dem Fall. „Wir haben | |
deshalb 2019 eine Bundesratsinitiative zur routinemäßigen Überprüfung der | |
Tierkadaver eingebracht.“ Der Betrieb könne die Ringelschwanzprämie | |
erhalten, wenn er zum Zeitpunkt der Beantragung alle Bedingungen erfüllt. | |
„Dass zu einem späteren Zeitpunkt Erkenntnisse über Tierschutzverstöße in | |
einem geförderten Betrieb bekannt werden, ist grundsätzlich nicht | |
auszuschließen.“ | |
Der Präsident des Landesbauernverbands („Landvolk“), Albert Schulte to | |
Brinke, teilte der taz mit: „Tierhalter, die so mit ihren Tieren umgehen | |
und rechtliche Vorschriften umgehen, müssen bestraft werden.“ Doch die | |
meisten Bauern würden ihr Vieh gut behandeln. Tierärztliche Hochschule | |
Hannover und Landwirte arbeiteten gerade zusammen, um neue Richtlinien für | |
die Nottötung erkrankter Tiere zu erstellen. | |
Das Tierschutzbüro weist darauf hin, dass es immer wieder Misshandlungen | |
gebe. Die Organisation hat allein in den vergangenen Wochen drei Fälle | |
aufgedeckt. „An diesem Beispiel sieht man erneut, dass die ganzen | |
Initiativen zu angeblich mehr ‚Tierwohl‘ einfach nichts bringen“, so | |
Peifer. Die Verbraucher*innen müssten aufhören, tierische Produkte zu | |
essen, „nur dann wird auch diese Tierquälerei nachhaltig ein Ende haben“. | |
21 Dec 2020 | |
## LINKS | |
[1] https://www.tierschutzbuero.de/tierqual-im-tierwohlstall/ | |
[2] /Tierschutz-in-Niedersachsen/!5208343 | |
[3] /Skandal-um-Toetung-von-Ferkeln/!5037834 | |
[4] https://www.agrarheute.com/tier/schwein/niedersachsen-zahlt-2021-ringelschw… | |
[5] https://www.tagesschau.de/multimedia/sendung/tt-7967.html | |
## AUTOREN | |
Jost Maurin | |
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