# taz.de -- Lehre aus Wirecard-Skandal: Finanzaufsicht darf schärfer prüfen | |
> Finanzminister Olaf Scholz bringt ein Gesetz für eine bessere | |
> Bilanzkontrolle durchs Kabinett. KritikerInnen fordern noch weitergehende | |
> Reformen. | |
Bild: Bundesfinanzminister Olaf Scholz forciert Gesetzentwurf für eine bessere… | |
Berlin taz | Rund ein halbes Jahr nach Auffliegen des Wirecard-Skandals | |
zieht die Bundesregierung Konsequenzen aus dem Finanzdesaster. Das Kabinett | |
beschloss am Mittwoch einen von Bundesfinanzminister Olaf Scholz (SPD) | |
forcierten [1][Gesetzentwurf], mit dem Schwachstellen bei der | |
Bilanzkontrolle von Aktiengesellschaften beseitigt werden sollen. Scholz | |
will die Auflagen für Wirtschaftsprüfer und die Kompetenzen der | |
Finanzaufsicht Bafin ausweiten. Das Gesetz muss noch durch den Bundestag. | |
Der seinerzeit im Aktienindex DAX geliste Zahlungsdienstleister Wirecard | |
ist zusammengebrochen, nachdem im Frühjahr bekannt wurde, dass Manager des | |
Konzerns im großen Stil Bilanzen gefälscht haben. Der Schaden, von dem auch | |
viele Kleinanleger betroffen sind, geht in die Milliarden. | |
[2][BranchenkennerInnen werfen den Wirtschaftsprüfern von E & Y] und der | |
Finanzaufsicht Bafin grobe Versäumnisse vor, weil ihnen etwa Luftbuchungen | |
in Höhe von 1,9 Milliarden Euro nicht aufgefallen waren. Hinweise auf | |
Unstimmigkeiten wurden ignoriert. | |
Wirtschaftsprüfer kontrollieren die Bilanzen von Unternehmen und prüfen | |
deren Richtigkeit. Dabei ist es durchaus üblich, dass Wirtschaftsprüfer | |
eine Aktiengesellschaft gleichzeitig kontrollieren und in unternehmerischen | |
Fragen für hohe Honorare beraten. Die Bafin selbst hat bislang keine | |
Bilanzkontrolle vorgenommen. Dafür war die private Deutsche Prüfstelle für | |
Rechnungslegung (DPR) zuständig, der im Fall Wirecard ebenfalls heftige | |
Versäumnisse vorgeworfen werden. | |
„Mit unserem Gesetz für einen sauberen Finanzmarkt sorgen wir dafür, dass | |
auf Bilanzen und die Testate von Wirtschaftsprüfern mehr Verlass ist“, | |
sagte Scholz am Mittwoch. Die Bafin soll künftig bei Verdacht auf | |
Bilanzverstöße direkt prüfen können und mehr Rechte erhalten, etwa | |
Durchsuchungen und Beschlagnahmungen vornehmen können. | |
Die umstrittene DPR bleibt im Spiel und für Stichprobenprüfungen von | |
Verstößen gegen Bilanzvorschriften zuständig. Außerdem müssen Unternehmen | |
Wirtschaftsprüfer spätestens nach zehn Jahren wechseln. Die großen | |
Wirtschaftsprüfgesellschaften E & Y, KPMG, Deloitte und PwC sollen bei | |
grober Fahrlässigkeit künftig unbegrenzt haften. | |
Die unabhängige [3][Bilanzexpertin Carola Rinker] hält die Änderungen für | |
nicht weitgehend genug. „Es ist ein Anfang, aber es sind mehr Reformen | |
nötig“, sagte sie der taz. Mit der weiteren Beteiligung der DPR etwa bleibe | |
das Problem unklarer Zuständigkeiten zwischen Bafin und Prüfstelle. Es sei | |
besser, die Kontrolle insgesamt unter staatliche Hoheit zu stellen und die | |
Aufsicht angemessen mit qualifiziertem Personal auszustatten. | |
16 Dec 2020 | |
## LINKS | |
[1] https://www.bundesfinanzministerium.de/Content/DE/Pressemitteilungen/Finanz… | |
[2] /Finanzforscherin-ueber-Wirecard-Skandal/!5695455 | |
[3] /Bilanzexpertin-ueber-Wirecard-Skandal/!5699372 | |
## AUTOREN | |
Anja Krüger | |
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