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# taz.de -- Wirecard-Untersuchungsausschuss: Zu Guttenberg sieht sich getäuscht
> Der Ex-Minister gibt zu, für das Skandal-Unternehmen geworben zu haben –
> aber nicht als Lobbyist. Sein Plädoyer ist geschickt, nur nicht
> überzeugend.
Bild: Karl-Theodor zu Guttenberg sagt vor dem Wirecard-Untersuchungsausschuss i…
Berlin taz | Der Unternehmensberater Karl-Theodor zu Guttenberg hat
Kanzlerin Angela Merkel im persönlichen Gespräch nahegelegt, dem
Skandalunternehmen Wirecard beim Eintritt in den chinesischen Markt zu
helfen. „Im Laufe unseres Gesprächs erwähnte die Bundeskanzlerin eine
bevorstehende Reise nach China“, sagte der ehemalige Verteidigungsminister
am Donnerstag in Berlin vor dem Untersuchungsausschuss des Bundestages.
„Ich erwähnte daraufhin, dass ein junges DAX-Unternehmen derzeit den
Markteintritt in China plant.“ Das gelinge nicht ohne den Segen der
Regierung in Peking.
Zu Guttenberg gab an, sich auch nach seinem Wechsel in die freie Wirtschaft
etwa einmal im Jahr mit der Kanzlerin getroffen zu haben. Es habe
persönliche Gespräche in freundschaftlicher Atmosphäre gegeben. Nie wurde
ein Protokoll angefertigt, der Austausch sei vertraulich erfolgt.
Diese Treffen stehen nun im Fokus der Ermittlungen des
Wirecard-Ausschusses. Denn Merkel wollte Wirecard später offenbar
tatsächlich Türen öffnen: Im September 2019, kurz nach dem Treffen mit zu
Guttenberg, sprach sie Wirecard gegenüber Vertretern der chinesischen
Führung an. Das Problem: Ein halbes Jahr später brach Wirecard zusammen.
Firmenchef Markus Braun hatte einen Großteil des Umsatzes und sämtlichen
Gewinn offenbar durch Scheingeschäfte erzeugt. Heute fehlen mehr als 3
Milliarden Euro.
Die britische Zeitung Financial Times hatte schon Anfang 2019 Belege für
Betrug veröffentlicht. Umso erstaunlicher, dass sich die deutsche Botschaft
in Peking, das Kanzleramt und das Finanzministerium noch monatelang für
Wirecard starkgemacht haben.
## Zu Guttenberg hilft „schweren Herzens“
Hier könnte eine Firma die entscheidende Rolle gespielt haben, die zu
Guttenberg 2013 mit gegründet hat: [1][Spitzberg Partners] mit Sitz in New
York. Zu Guttenberg nutzte seine gute Vernetzung aus politisch aktiven
Zeiten im Interesse verschiedener Kunden aus der Wirtschaft. Er war
Wirtschaftsminister und Verteidigungsminister unter Merkel, bevor er wegen
seiner Doktorarbeit zurücktreten musste. Spitzberg Partners sollte Wirecard
unter anderem beim Markteintritt in China helfen. Das Unternehmen hat von
Wirecard 790.000 Euro für seine Dienste erhalten.
Als Zeuge agierte zu Guttenberg am Donnerstag sehr geschickt. Während
andere Zeugen mauerten, gab er sich auskunftsfreudig und sparte auch heikle
Vorgänge nicht aus. Dennoch gab seine Darstellung den Abgeordneten
reichlich Grund zu Nachfragen – und zu erhobenen Augenbrauen. So bestand zu
Guttenberg darauf, kein Lobbyist zu sein und Wirecard auch keine
Lobbydienste angeboten zu haben. Nur schweren Herzens habe er sich
bereiterklärt, die Bundesregierung über die Wirecard-Pläne zu
„informieren“. Er stellte das als seine staatsbürgerliche Pflicht dar, weil
es um ein DAX-Unternehmen und einen wichtigen Auslandsmarkt gegangen sei.
Tatsächlich entspricht die Tätigkeit von Spitzberg Partners, wie zu
Guttenberg sie darstellte, ziemlich genau den Vorstellungen, die allgemein
von Lobbyismus verbreitet sind. Nach dem Gespräch mit der Kanzlerin
schrieben seine Mitarbeiter für den Wirtschaftsberater der Kanzlerin,
Lars-Hendrik Röller, Argumente für den Markteintritt von Wirecard in China
auf. Ein Kollege von zu Guttenberg, Ulf Gartzke, hatte dem
Finanzministerium zuvor bereits einen Brief geschrieben. Darin hatte er
schon Textbausteine geliefert, mit denen die Bundesregierung sich in China
für Wirecard einsetzen konnte. „Ob einzelne dieser Formulierungen genutzt
wurden, ist mir unbekannt“, sagte zu Guttenberg.
## Doch es geht nicht um zu Guttenberg
Der Ex-Politiker bewertet seine Rolle auch im Rückblick als seriös. Ein
deutsches Finanzunternehmen schaffe den Markteintritt in eine staatlich
geleitete Wirtschaft wie China nicht ohne Unterstützung durch die eigene
Regierung. Von kriminellen Praktiken bei Wirecard habe er nichts geahnt –
sonst hätte er den Auftrag gar nicht erst angenommen und das Vertrauen der
Kanzlerin riskiert. Er habe im Zuge des China-Projekts sogar den Eindruck
gewonnen, dass Wirecard es mit der Einhaltung von Regulierungen besonders
genau nehme.
[2][Es ist Aufgabe des Ausschusses, Fehler und Versagen von
Regierungsstellen und anderen Institutionen zu durchleuchten.] Ziel der
Ermittlungen ist daher nicht Spitzberg Partners, sondern das Agieren des
Kanzleramts und des Finanzministeriums im Zusammenhang mit Wirecard.
17 Dec 2020
## LINKS
[1] http://spitzberg-partners.com/team/
[2] /Wirecard-Untersuchungsausschuss/!5725709
## AUTOREN
Finn Mayer-Kuckuk
## TAGS
Wirecard
Karl Theodor zu Guttenberg
China
CDU/CSU
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