# taz.de -- Dortmund entlässt Trainer Favre: Es hat gefehlt | |
> Borussia Dortmund schöpft sein Potenzial wieder nicht aus. Nach der | |
> 1:5-Pleite gegen den VfB Stuttgart zieht der Verein Konsequenzen. | |
Bild: Ratlos und ohne Witz: Borusse Axel Witsel | |
DORTMUND taz/dpa | Für den [1][Dortmunder Trainer Lucien Favre] verkörpert | |
„die Balleroberung“ die konzentrierte und hingebungsvolle und taktisch | |
saubere Arbeit einzelner Profis als Teil einer funktionierenden | |
Gemeinschaft. Nichts davon war am Samstag im Spiel des BVB zu erkennen. | |
„Wir sind keine Mannschaft, die gut verteidigen kann“, sagte Marco Reus, | |
nachdem etliche Spieler irgendwie halbherzig über den Rasen spaziert waren, | |
statt mit Energie Zweikämpfe zu suchen und zu führen. Niemand war wirklich | |
bereit, für den anderen zu arbeiten, niemand hatte Lust, die Fehler des | |
Kollegen zu korrigieren. Geschäftsführer Hans-Joachim Watzke sprach später | |
am Abend von einem „schwarzen Tag“. | |
Am Sonntagmittag sickerte dann durch, was ein logischer Schritt dieser | |
Fehlentwicklung sein könnte: Wie der Verein später bestätigte, hat sich | |
Borussia Dortmund von Lucien Favre getrennt. Damit zog der wankende | |
Titelaspirant die Konsequenzen aus dem 1:5-Debakel gegen Aufsteiger VfB | |
Stuttgart. Der bisherige Favre-Assistent Edin Terzić soll bis Jahresende | |
übernehmen. | |
Auf der Pressekonferenz nach dem Spiel am Samstag wurde Favre nach den | |
Faktoren hinter den technisch-taktischen Details gefragt. „Darüber möchte | |
ich nicht sprechen“, antwortete Favre, räumte aber ein: „Ich bestätige, es | |
hat gefehlt.“ Dieser große Kader bringt seine Potenziale einfach nicht zur | |
Entfaltung. Die Mixtur aus Talent, Erfahrung, Robustheit, technischer | |
Finesse und Mentalität ist in den vergangenen Monaten oft gelobt worden. | |
Aber die Saat ging nicht auf. | |
Und das war nicht nur ärgerlich, weil so ein 1:5 wie gegen den Aufsteiger | |
aus Stuttgart demütigend ist. Auch drohten die Dortmunder eine seltene | |
Chance zu verpassen: Immer konkreter deutet sich an, dass die Bundesliga | |
eines dieser seltenen Jahre erleben könnte, in denen der FC Bayern nicht | |
die gesamte Konkurrenz in Grund und Boden spielt. Der große Plan des BVB | |
sah vor, in genau solchen Momenten zur Stelle zu sein. | |
## Blutleer im leeren Stadion | |
Die Symptomatik ging weit über die [2][kleineren Probleme der vergangenen | |
Wochen] hinaus. Es war nicht nur der mit sich selbst und seinen | |
Überlegungen zu einem Wechsel nach England beschäftigte Jadon Sancho, der | |
seltsam blutleer spielte. Es waren nicht nur die Teenager, die Fehler | |
machten. Auch Reus, Emre Can, Mats Hummels oder Axel Witsel fanden keinen | |
Ansatz, das schlingernde Projekt auf Kurs zu halten. „Es geht um viele | |
Dinge, es geht natürlich auch um geistige Frische“, überlegte Hummels, „m… | |
muss zugeben, dass das nicht einfach ist gerade.“ | |
Aber im Gegensatz zu Bayer Leverkusen, RB Leipzig und dem FC Bayern haben | |
die Dortmunder im Sommer kein Europapokal-Turnier gespielt. Sie müssten | |
eigentlich besser vorbereitet sein auf die Belastungen als die | |
Konkurrenten. | |
Anfang November wurden die Dortmunder noch für eine neue Stabilität gelobt, | |
nach sechs Spieltagen hatten sie nur zwei Gegentreffer zugelassen, nun wies | |
Hummels darauf hin, dass er die mittlerweile für alle sichtbaren Probleme | |
schon länger wahrnehme. „Oft können wir es irgendwie kaschieren durch | |
individuelle Klasse et cetera“, sagte er. „Heute ging das gnadenlos | |
schief.“ Und wie immer in solchen Fällen schwoll umgehend die Debatte über | |
die Arbeit von Trainer Favre an. | |
Auch weigerte sich der Schweizer beharrlich, das Sturmjuwel Yossoufa | |
Moukoko in die Startelf zu nominieren, obwohl Erling Haaland verletzt ist. | |
Stattdessen spielten immer wieder Spieler in der Spitze, die sich dort | |
nicht heimisch fühlen, gegen Stuttgart stürmte Reus. Auch nach total | |
missglückten Halbzeiten wie der ersten gegen Stuttgart, an deren Ende es | |
durch viel Glück und ein tolles Tor von Giovanni Reyna 1:1 stand, nahm der | |
Trainer zu oft keine Wechsel vor. Und ein Mensch, der mit seiner | |
Leidenschaft Begeisterung erzeugt, war er auch nicht. | |
All das ist lange bekannt, aber sie haben lange gehofft, dass der BVB im | |
dritten Jahr unter Favre trotzdem irgendwie in diesen Erfolgsfluss | |
hineingerät, der über längere Zeit eine tragende Leichtigkeit entstehen | |
lässt. Stattdessen stecken sie nun tief in der nächsten Krise. | |
13 Dec 2020 | |
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## AUTOREN | |
Daniel Theweleit | |
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