Introduction
Introduction Statistics Contact Development Disclaimer Help
# taz.de -- Curevac geht in neue Phase: Nachzügler mit Perspektive
> Auch das Pharmaunternehmen Curevac aus Tübingen will noch in diesem Jahr
> eine Massenstudie seines Corona-Impfstoffs starten.
Bild: Im Labor des Pharma-Mittelständlers Curevac in Tübingen
Tübingen taz | Die Ersten sind sie nicht und doch vorne mit dabei beim
Corona-Impfstoff. Das biopharmazeutische Unternehmen Curevac aus Tübingen
will noch dieses Jahr in die letzte klinische Phase seines Impfstoffes
gehen. Vorbehaltlich der behördlichen Genehmigung plane das Unternehmen, in
Kürze eine zulassungsrelevante Studie mit über 35.000 Teilnehmern in Europa
und Südamerika zu beginnen, teilte der Mittelständler am Montag mit.
Ergebnisse werden im ersten Quartal 2021 erwartet.
Kürzlich hatte Curevac mitgeteilt, dass sein Impfstoff bei +5 Grad Celsius,
also Kühlschranktemperatur, mindestens drei Monate lang stabil bleibe, bei
Raumtemperatur bis zu 24 Stunden. Der Impfstoff von Biontech/Pfizer dagegen
muss bei -70 Grad Celsius gelagert und transportiert werden.
Biontech/Pfizer haben bereits die Notfallzulassung beantragt. Mit einer
Zulassung des eigenen Impfstoffs rechnet Curevac im Frühjahr oder Sommer
2021.
[1][Die Europäische Kommission sicherte sich bei der Firma am Rande der
Schwäbischen Alb] bereits 225 Millionen Impfdosen im Namen aller
EU-Mitgliedstaaten sowie die Option, weitere 180 Millionen Dosen zu
bestellen. Um ausreichend Impfstoff herzustellen, will Curevac ein Netzwerk
für die Produktion aufbauen. Unter anderem ist eine Zusammenarbeit mit dem
Unternehmen Wacker Chemie geplant. 2022 soll in Tübingen auch eine weitere
Produktionsanlage für ihre Impfstoffe und andere RNA-Arzneimittel an den
Start gehen.
Angesicht des Vorpreschens von Moderna und Biontech wirkt Curevac wie ein
Nachzügler, jedoch: „[2][Bis alle geimpft werden können], wird es eine
Weile dauern“, erwidert Curevac-Sprecher Thorsten Schüller. „Vor allem am
Anfang wird nicht genug Impfstoff zur Verfügung stehen. Das ist auch an der
Diskussion, wer zuerst geimpft werden soll, zu erkennen“, sagt Schüller,
„da im Grunde die ganze Welt versorgt werden muss, ist der Markt sehr
groß.“
## Ein Heureka-Effekt
Die mRNA-Technik, auf der auch die Impfstoffe von Biontech und Moderna
basieren, geht zurück auf eine Entdeckung des Curevac-Gründers Ingmar
Hoerr. „Wir kommen ja aus dem Nichts. Dass wir so ein Momentum haben, war
nicht abzusehen“, sagt Hoerr. „Das ist ein unbeschreibliches Gefühl.“ Er…
genommen habe ihn vor 20 Jahren nämlich niemand, als er beim
Experimentieren für seine Doktorarbeit feststellte, „dass die Immunantwort
bei RNA besser ist als bei DNA“, erzählt er. „Das war ein Heureka-Effekt.
Ich wusste, das kann eine Revolution geben.“
Auch wenn er damals nicht ahnte, dass die Technik mal Hoffnungsträger in
einer globalen Pandemie sein wird. Als „kleiner Doktorand“ in einem
Tübinger Labor sei er belächelt worden. Seine Publikation ging unter.
Lieber wäre es ihm gewesen, eine große Firma hätte seine Idee aufgegriffen.
„Wir hatten ja von Tuten und Blasen keine Ahnung.“ Da das ausblieb,
gründete er mit anderen eine Firma und verfolgte 20 Jahre lang seine
Vision, die mRNA-Technologie nutzbar zu machen und die Pharmaindustrie zu
revolutionieren.
Ohne Geld und Investoren, bis Unternehmer Dietmar Hopp 2005 einstieg und
sich die Firma professionalisierte. Bis dahin hatte sie sich mit
Dienstleistungen – RNA-Schnipsel an andere verkaufen – über Wasser
gehalten. Heute sind sie liquide, Gewinne konnte Curevac noch keine mit der
Technologie machen, so Hoerr. Da das Grundprinzip der RNA nicht patentiert
werden kann, sondern die Forschungsfreiheit gilt, forschen heute auch
andere Firmen an der mRNA-Technologie. Er sehe diese nicht als Konkurrenz,
will keinen Nobelpreis, sondern einfach „diese blöde Krise“ meistern.
## Die Sprache des Körpers verstehen
Das Neue an der Technik sei, dass dem Körper ein „Bauplan“, ein
„Kochrezept“, ein „IT-Code“ übermittelt werde und der Körper die Ther…
dann selbst entwickle, erklärt Hoerr. Er wolle „die Sprache des Körpers
verstehen und ihm nicht etwas aufpfropfen“. Für den mRNA-Impfstoff braucht
es also keine Krankheitserreger oder deren Bestandteile. Vereinfacht
gesagt: [3][Bei herkömmlichen Impfstoffen wird das Antigen selbst
gespritzt], bei mRNA hingegen die genetische Information, sodass der Körper
das Antigen selbst bildet. Bei einem späteren Kontakt mit dem neuartigen
Coronavirus erkennt das Immunsystem im Prinzip das Antigen wieder und kann
das Virus gezielt bekämpfen. „Die mRNA des Impfstoffes ist wie eine
Lehrstunde für den Körper. RNA wird nach Übermittlung der Information
wieder restlos abgebaut“, so Hoerr.
Die mRNA Technik müsse sich nun beweisen. Der Impfstoff gegen den
Covid-19-Erreger sei nicht so komplex wie etwa Krebstherapien. Deshalb
hofft Hoerr, dass nun eine Lanze gebrochen werde für die Technologie und
„größere Player“ in die Technik einsteigen. Seine Vision ist, vor allem d…
mRNA-Technologie für Tumorerkrankungen voranzutreiben. Der Corona-Impfstoff
wäre das erste Produkt, das Curevac auf den Markt bringt. Es forscht unter
anderem an mRNA-basierten Impfstoffen gegen Tollwut oder Mitteln gegen
Lungenkrebs.
30 Nov 2020
## LINKS
[1] /Prognose-der-EU-Kommission/!5721503
[2] /Impfstoff-und-Verteilungsgerechtigkeit/!5729503
[3] /Virologe-Streeck-im-Interview/!5725911
## AUTOREN
Mareike Andert
## TAGS
Schwerpunkt Coronavirus
Schwerpunkt Coronavirus
Impfstoff
Schwerpunkt Bayer AG
Schwerpunkt Coronavirus
Schwerpunkt Coronavirus
Schwerpunkt Coronavirus
Schwerpunkt Coronavirus
Schwerpunkt Coronavirus
Schwerpunkt Coronavirus
Schwerpunkt Coronavirus
## ARTIKEL ZUM THEMA
Impfstoff-Allianz von Bayer und Curevac: Ganz schön spät
Der Chemiekonzern Bayer ist später als Konkurrenten ins Geschäft mit
Corona-Impfstoffen eingestiegen – weil er zu sehr auf Pestizide gesetzt
hat.
Neue deutsch-deutsche Impfallianz: Curevac verbündet sich mit Bayer
Der Aspirin-Konzern soll dem Tübinger Impfstoffentwickler bei der
Produktion und dem Vertrieb seines künftigen Covid-Vakzins helfen.
Coronavakzin im Vereinigten Königreich zugelassen: Briten können losimpfen
Als erstes Land hat Großbritannien den Corona-Impfstoff von Biontech und
Pfizer zugelassen. Im Königreich kann jetzt die Immunisierung beginnen.
Impfstoffe gegen Corona: „Wir können loslegen“
Auch Biontech beantragt eine Zulassung für seinen Corona-Impfstoff – sei
die erteilt, könne man sofort losimpfen, sagt das Mainzer Unternehmen.
Von HIV für Corona lernen: Leben mit dem Virus
Die Infektionskrankheiten Covid und Aids lassen sich kaum vergleichen. Doch
der Kampf gegen Corona wäre deutlich schwerer, hätte es HIV nicht gegeben.
Impfstoff und Verteilungsgerechtigkeit: You first, me second
Wer bekommt den Impfstoff gegen Covid-19 zuerst? Impf-Prioritäten müssen an
universelle Menschenrechte gekoppelt sein.
Weiterer Meilenstein bei Biontech: Impfstoff wirkt auch bei Älteren
Gute Nachricht: Der Corona-Impfstoff des Mainzer Unternehmens Biontech
wirkt auch bei Menschen ab 65 Jahren.
Öffentliche Gelder in Corona-Pandemie: Das Geschäft mit dem Impfen
Die öffentliche Hand bezahlt Entwicklung und Herstellung von
Corona-Impfstoffen, übernimmt die Risiken – und hat keinerlei Einblick in
die Verträge.
You are viewing proxied material from taz.de. The copyright of proxied material belongs to its original authors. Any comments or complaints in relation to proxied material should be directed to the original authors of the content concerned. Please see the disclaimer for more details.