| # taz.de -- Komakonsum am „Black Friday“: Die Steigerung von Gut: Güter | |
| > Der „Black Friday“ ist die Mutter aller Konsumorgien. Die Industrie hält | |
| > uns für Ökosozialschweine ohne Gewissen. Sie könnte damit richtig liegen. | |
| Bild: Jetzt aber schnell: Sonderangebotswerbung in einem Schaufenster in Hannov… | |
| Ich habe gern meine Ruhe. Wenn ich eine Kolumne schreibe, mache ich die | |
| Bürotür zu. Wenn ich keine Kolumne schreibe, sitze ich gern im Wald. Und | |
| wenn ich in Zukunft Erholung suche, gehe ich in die nächste Shoppinghölle. | |
| Denn in größeren Geschäften müssen wir nach den neuesten Coronaregeln jetzt | |
| mindestens 20 Quadratmeter Freiraum haben. Vier mal fünf Meter. So viel | |
| Platz hat man nicht mal auf den letzten Höhenmetern am Mount Everest. Und | |
| [1][vor allem nicht während „Black Friday“] und „Cyber Monday“, den M�… | |
| aller Konsumorgien, die jetzt wieder über uns hereinbrechen. An diesen | |
| Tagen macht der Einzelhandel hier 3,7 Milliarden Euro Umsatz. Mehr als | |
| Sierra Leone im ganzen Jahr. | |
| Werden uns die Warteschlangen abschrecken, die durch freilaufende | |
| ShopperInnen mit 20 Quadratmeter Ruhezone entstehen? Ich bin da eher | |
| skeptisch. Das Schlimmste an dieser Lawine aus Krempel, den wir kaufen, | |
| obwohl wir ihn nicht brauchen, ist doch: Wir denken, „Güter“ sei die | |
| Steigerung von „Gut“. Wir sind Bittsteller, die froh sein müssen, auch mal | |
| ein paar Kopfhörer zu ergattern. | |
| Wie Sektenmitglieder zelten wir vor den Konsumkultstätten, um das neueste | |
| xyphone zu ergattern. Die Industrie hält uns für Ökosozialschweine ohne | |
| Gewissen, solange [2][nur das T-Shit 99 Cent kostet]. Und sie könnte damit | |
| sogar richtig liegen. | |
| Wir werden zu Recht behandelt wie schlecht erzogene Vierjährige, die jetzt | |
| SOFORT ALLES haben wollen. Oder wie Junkies in unserer Gier nach mehr, | |
| größer, neuer. Wir brauchen Adleraugen, um das Kleingedruckte zu lesen. | |
| Gleichzeitig verspricht uns das Großgedruckte tatsächlich Glück, Erfüllung, | |
| Lebenssinn und Liebe, wenn wir uns nur ordentlich verschulden. | |
| Das Verstörendste am Komakonsum ist aber, dass wir uns bis Weihnachten | |
| wieder verhalten wie VerbraucherInnen, nicht wie BürgerInnen. Wir wissen, | |
| dass der Überkonsum uns umbringt, dass der Verpackungsmüll uns erstickt, | |
| dass unsere Milliarden bei Amazon und Co landen. Jetzt heißt es wieder in | |
| verschärfter Form: Der Kunde ist König. Kann ja sein. Aber seit 75 Jahren | |
| leben wir hier in einer Republik. | |
| 27 Nov 2020 | |
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| ## AUTOREN | |
| Bernhard Pötter | |
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