# taz.de -- Onlineplattformen im Mietmarkt: Vermietung illegal, Amt machtlos | |
> Eine Studie zeigt, wie erfolglos Städte versuchen, die Kurzzeitvermietung | |
> von Wohnungen zu regulieren. Und gibt Ratschläge für eine | |
> Gesetzesänderung. | |
Bild: Als das Reisen noch möglich war – Tourist:innen in Prag | |
BERLIN taz | Trotz umfangreicher Regulierungsversuche scheitern Städte | |
daran, den Wohnungsmarkt vor touristischen Vermietungen über Plattformen | |
wie Airbnb zu schützen. Das ist das Ergebnis einer Studie, die Mitglieder | |
des Ausschusses für Binnenmarkt und Verbraucherschutz der europäischen | |
Linken im EU-Parlament in Auftrag gegeben haben und die am Mittwoch | |
veröffentlicht wird. | |
So berichten nahezu alle der untersuchten Städte in Europa und in den USA, | |
dass trotz Regulierung ein erheblicher Bestand an Wohnungen illegal | |
vermietet werde. In mehreren Städten seien zudem die Daten über vermietete | |
Objekte, die sie von Airbnb erhielten, nicht für eine Verfolgung brauchbar | |
gewesen – etwa weil Adressen unvollständig gewesen sein. Die Autoren sehen | |
jedoch in einer neuen EU-Regulierung, die ebenfalls heute vorgestellt | |
werden soll, die Chance auf Besserung. | |
Die Studie zeigt die Situation in den europäischen Städten Amsterdam, | |
[1][Barcelona], [2][Berlin], Paris, Prag und Wien sowie in den | |
US-Metropolen New York City und San Francisco. Die meisten dieser Städte | |
haben ein System, um die Zahl der Ferienwohnungen zu regulieren, zum | |
Beispiel mittels einer verpflichtenden Registrierung. Viele limitieren | |
zudem die Dauer einer Vermietung und verlangen von Airbnb, Nutzerdaten zu | |
melden, um die Einhaltung der Regeln überprüfen zu können. | |
Doch die Studie beschreibt diese Zusammenarbeit als stark | |
verbesserungsbedürftig: So liege trotz Regulierung der Anteil der illegal | |
gelisteten Wohnungen in Paris bei 60 Prozent, in New York City seien es | |
sogar 85 Prozent der als aktiv geführten Angebote. In Wien weigere sich die | |
Plattform, Vermietungsangebote in Sozialwohnungen zu entfernen, und in | |
Amsterdam habe das Unternehmen eine Begrenzung der Mietdauer auf 60 Tage | |
zurückgenommen, nachdem die Stadt andere Regulierungen verschärft habe. | |
## Problem: eine alte EU-Richtlinie | |
„Ohne eine wirksame Durchsetzungs- und Einhaltungsstrategie für | |
Kurzzeitmietgesetze berichten die meisten Städte über sehr niedrige | |
Einhaltungsquoten, die in der Regel nur 10 bis 20 Prozent betragen“, heißt | |
es in der Studie. Denn die Plattformen böten „einen Schutzschirm, hinter | |
dem sich illegale Gastgeber verstecken können“. Die aktuelle Regulierung | |
halten die Autoren für nicht ausreichend. Das liege unter anderem an der 20 | |
Jahre alten e-Commerce-Richtlinie der EU, die den Plattformen nicht | |
genügend Grenzen setze. | |
Ein Ausweg könnte der Digital Service Act sein, den die EU-Kommission am | |
heutigen Mittwoch vorstellen will. Geplant ist ein umfangreicher | |
Regulierungsrahmen, innerhalb dessen verschiedene Bereiche wie Hate Speech, | |
aber auch die Marktmacht von Online-Plattformen angegangen werden sollen. | |
[3][Kommissionschefin Ursula von der Leyen hat das Projekt zu ihrem | |
Amtsantritt als Bestandteil ihrer Leitlinien genannt]. Ein Teil des neuen | |
Regulierungsrahmens: die Änderung der e-Commerce-Richtlinie. | |
Dafür macht die Studie fünf zentrale Punkte aus, die eine neue Regulierung | |
umsetzen müsse. Der wichtigste: Die lokalen Behörden müssten die Daten über | |
vermietete Objekte von den Plattformen bekommen und diese Informationen | |
müssen vollständig und korrekt sein. Das sei nicht selbstverständlich, so | |
sei im Fall von Barcelona bei einem großen Teil der übermittelten Daten die | |
Adresse falsch oder unvollständig gewesen. | |
Darüber hinaus müssten Genehmigungsregeln nicht nur für Gastgeber:innen, | |
sondern auch für Plattformen möglich sein. Dann könne eine Plattform, die | |
sich nicht an lokale oder nationale Gesetze halte, untersagt werden. Für | |
Konflikte müssten nationale Gerichte zuständig sein – dass etwa Behörden in | |
Deutschland vor irischen Gerichten die Herausgabe von Daten einklagen | |
müssten, sei grotesk. | |
## Forderung nach Transparenz | |
„Der Digital Service Act kann dann ein wirksames Instrument werden, wenn | |
darin Datenaustausch und Transparenz von Plattformen festgeschrieben | |
werden“, sagt auch Martin Schirdewan, Co-Fraktionsvorsitzender der Linken | |
im EU-Parlament. | |
Eine Anfrage der taz zu den in der Studie genannten Zahlen und | |
Sachverhalten und der Position von Airbnb zu der geplanten Regulierung | |
beantwortete das Unternehmen bis Redaktionsschluss nicht. Doch aus einem | |
Schreiben an die EU-Kommission, das der taz vorliegt, lässt sich auf die | |
bevorzugte Linie des Unternehmens schließen. Dort betont Airbnb, dass man | |
mit zahlreichen Behörden eine Weitergabe von Daten vereinbart habe. Damit | |
seien „viele Bedenken von lokalen und nationalen Aufsichtsbehörden“ | |
ausgeräumt. | |
Diese Datenweitergaben beruhen allerdings auf freiwilliger Basis. Den | |
Schilderungen der Studie zufolge helfen sie nicht unbedingt bei der | |
Verfolgung illegaler Angebote weiter. Die Datenschutzbedenken, die laut | |
Airbnb einer umfassenden Weitergabe entgegenstehen, räumt die Studie aus: | |
[4][Die Datenschutzgrundverordnung erlaube die entsprechende Verarbeitung, | |
da es hier um öffentliches Interesse gehe]. | |
9 Dec 2020 | |
## LINKS | |
[1] /Tourismus-und-Corona-in-Spanien/!5707775 | |
[2] /Steuerfahndung-nach-Airbnb-Vermietern/!5719710 | |
[3] https://ec.europa.eu/commission/sites/beta-political/files/political-guidel… | |
[4] https://dejure.org/gesetze/DSGVO/6.html | |
## AUTOREN | |
Svenja Bergt | |
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