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# taz.de -- Berlin Atonal als Album: Jenseits des Tanzbaren
> Das Berlin Atonal Festival muss dieses Jahr ausfallen. Die neue
> Kompilation „More Light“ hilft über die Sehnsucht nach Clubnächten
> hinweg.
Bild: Tanz im Trockeneis: so eine Aufnahme aus dem Kraftwerk (Berlin Atonal, 20…
Will man die eigentümliche Atmosphäre des jährlichen „Berlin
Atonal“-Festivals einfangen, geht das natürlich eigentlich nur vor Ort: die
monumentalen dunklen Kammern des Kraftwerks als Spielstätte, die modischen,
oft ebenso dunklen Outfits der Besucher:innen, der Wums der
Lautsprechermembrane – all das gehört dazu. Wie so viele andere Festivals
fiel aber auch das Atonal 2020 aus. Um sich ein Bild davon zu machen,
welche Künstler:innen dort in der Regel zusammenkommen, empfiehlt sich die
nun erschienene Kompilation [1][„More Light“]. Darauf versammelt: 19 Tracks
von Musiker:innen aus dem Umfeld des Atonal-Festivals.
Aus der experimentellen Szene sind einige Hochkaräter am Start. Da wäre
etwa Caterina Barbieri, deren flirrendes Synthesizer-Werk [2][„Ecstatic
Computation“ (2019)] zu Recht gefeiert wurde und deren hier vertretener
Track so klingt, als hätte Jean-Michel Jarre seine Leidenschaft fürs
Cembalo entdeckt („Sufyosowirl“). Auch die in Berlin lebende Komponistin
und Produzentin Laurel Halo, die schon 2012 mit dem wahrlich prophetischen
Album [3][„Quarantine“] reüssierte, hat ein Stück beigesteuert: „Terrain
(Prototype 3c)“ klingt nach großen, endlosen Ambient-Gefilden, nach Weite,
nach Ferne.
Ambient und Techno sind ohnehin zwei Koordinaten, mit denen man diesen
Sampler zumindest ein wenig eingrenzen könnte. So trifft man bei der
Londoner Produzentin Nkisi wieder auf diese beiden Stile, bei ihr legen
sich aber über sphärische Klänge knackig-kribbelige Techno-Sounds. Weitaus
meditativer geht es dagegen bei Galya Bisengalieva zu Werke. Der Track der
kasachisch-britischen Musikerin changiert zwischen flächigen Klängen,
choral anmutenden Passagen und unterschwelligem Geplucker („Aralkum“).
Einer der eindrücklichsten Songs kommt von Abdullah Miniawy, der hier
gemeinsame Sache macht mit dem Produzententrio [4][Carl Gari]. Die drei
Münchener rollen dem ägyptischen Musiker dabei den Electronica-Teppich aus,
Miniawys getragener arabischer Gesang dominiert die Stücke. Hört sich toll
an. Und auch was der schwedische Produzent Peder Mannerfelt so zustande
bringt, macht Spaß: Er liefert einen schön verstolperten Techno-Track mit
verschachtelten Beats und zerhäckselten Klängen – und schüttelt einen so
ordentlich durch.
Wer sich für abgefahrene elektronische Avantgarde-Musik jenseits des
Gängigen und Tanzbaren (wobei man es hier und da schon mal versuchen kann)
interessiert, der ist hier richtig. Den Download kann man bereits erwerben,
im Januar folgt eine schick gestaltete Vinyl-Box mit fünf 12-Inches.
20 Nov 2020
## LINKS
[1] https://berlinatonal.bandcamp.com/album/berlin-atonal-more-light-boxset
[2] https://caterinabarbieri.bandcamp.com/album/ecstatic-computation
[3] https://laurelhalo.bandcamp.com/album/quarantine-2
[4] /New-Weird-Bavaria/!5648322
## AUTOREN
Jens Uthoff
## TAGS
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