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# taz.de -- ARD-Doku über Familie: Bravo, ARD!
> Das deutsche Fernsehen sei zu weit weg vom Leben der Leute, heißt es
> immer. Eine Doku über Familien beweist nun das Gegenteil.
Bild: Die Dokumentation „Mütter, Väter, Kinder im Stress“ zeigt, was wirk…
Den Medien wird gern vorgeworfen, die Lebenswirklichkeit der
Bevölkerungsmehrheit nicht mehr im Blick zu haben. In der Fernsehfiktion
lebt stressresistentes, perfekt geföhntes Pflegepersonal in spektakulären
Lofts mit Dachterrasse. Und in den Dokus wird zum Ausgleich ganz besonders
speziellen Exoten hinterhergespürt. Oder es werden nur die gezeigt, die
ganz am Rande der Gesellschaft leben.
Natürlich stimmt das wie immer nur ein bisschen. Trotzdem ist eine Doku wie
„[1][Mütter, Väter, Kinder im Stress]“, die am Montagabend im ARD-Ersten
lief, leider immer noch die Ausnahme. Denn hier ging es richtig rein ins
wahre Leben. Und, nein, die Krankenschwester und alleinerziehende Mutter
Sonja wohnt nicht im Loft, und von Dachterrasse war auch nichts zu sehen.
Sie saß vielmehr zum Glück der Realität entsprechend deutlich vor 7 Uhr
früh ungestylt beim hektischen Frühstück.
[2][Familie ist wie Kunst]: schön, aber anstrengend. Der gesellschaftliche
Halbwandel hat dazu geführt, dass heute auch die Mehrheit der Frauen für
einen „richtigen“ Job unterbezahlt wird. Blöderweise schwächelt aber das
auf die voll bezahlten Jobs abonnierte angeblich starke Geschlecht. Weshalb
das Gros der Haus- und Kinderarbeit [3][weiter an Mama] und ganz allgemein
an den Frauen hängt. In den vergangenen zehn Jahren ist die Zahl der Mütter
mit Burnout, Schlafstörungen, Angstzuständen und chronischen Kopfschmerzen
um 40 Prozent gestiegen, sagt in der Doku die Chefin des
Müttergenesungswerks.
Dieser Institution möchte man(n) schon deshalb um den Hals fallen, weil sie
seit 70 Jahren so heißt und sich noch nicht in irgendeinen
suchmaschinenoptimierten Anglizismus umbenannt hat. Wenn jetzt noch Corona
dazukommt, das belegt der sehr sehenswerte Film von Diana Löbl und Peter
Onneken mit zahlreichen neuen Studien, wird’s ganz düster.
Dass eine Doku wie „Mütter, Väter, Kinder im Stress“ immerhin im Ersten
läuft und nicht erst nach, sondern eine Viertelstunde vor 23 Uhr, muss man
ja allen Ernstes schon als Fortschritt verbuchen. Und dass sogar in
„Brisant“ darauf hingewiesen wird, ist prima. Anders als im Film erklärt da
im Teaser natürlich ein Mann die Welt, aber geschenkt.
Wenn jetzt auch noch „Anne Will“ & Co. das Thema aufgreifen statt wie am
Sonntag mit dem US-Experten Armin Laschet Belanglosigkeiten über die Wahl
und Donald Trump zu debattieren, wäre viel gewonnen. Wobei, sagt die
Mitbewohnerin, es natürlich nicht reicht, Alltagsthemen zu nehmen und dann
zu zerquatschen. Die ewigen Polit- und Promigäste und alle anderen
Verantwortlichen müssen endlich machen und zum Beispiel in Sachen Teilzeit
und Ehegattensplitting liefern. Mal sehen, ob sich die Talkbuden der
Republik diesem Stresstest unterziehen und sich der Blick fürs wahre Leben
öffnet.
12 Nov 2020
## LINKS
[1] https://www.ardmediathek.de/daserste/video/reportage-und-dokumentation/muet…
[2] /Familie-in-Corona-Krise/!5679788/
[3] /Muetter-und-Familien-in-der-Corona-Krise/!5682410/
## AUTOREN
Steffen Grimberg
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