# taz.de -- Streit um geöffnete Schulen: Politisch gewollt, aber gekonnt? | |
> Im Prinzip läuft vieles richtig beim Schulbetrieb in der Pandemie. | |
> Manchen Ländern fällt es aber schwer, Entscheidungen der Ämter zu | |
> respektieren. | |
Bild: Klassenraum mit viel Abstand | |
Zugegeben: Allen Seiten werden es die Kultusminister:innen sowieso | |
nicht recht machen können. Noch dazu, wenn es [1][um steigende | |
Infektionszahlen und Regelunterricht an Schulen geht]. Wie sehr die Nerven | |
derzeit blank liegen, zeigen die Adjektive, die Eltern und Lehrer:innen | |
im Moment für die Entscheidungen der Politik finden: falsch, | |
unverständlich, unverantwortlich. | |
Dabei [2][machen die Länder vieles richtig] – zumindest im Prinzip. Sie | |
versuchen, die Schulen so lange wie möglich offen zu halten, was dringend | |
geboten ist, um Schüler:innen aus sozial benachteiligten Familien nicht den | |
Anschluss zu verbauen. Sie schicken Schüler:innen und Lehrkräfte bei einem | |
Coronafall vorsorglich in Quarantäne, was auch dann noch vernünftig ist, | |
wenn – wie aktuell – die Zahl der Betroffenen dramatisch klingt (in | |
Wahrheit aber keine 5 Prozent der Schüler:innen betroffen sind). Und: Sie | |
überlassen es den lokalen Gesundheitsämtern, in Rücksprache mit den Schulen | |
vor Ort über Wechselunterricht und Schulschließungen zu entscheiden. | |
So weit die Theorie. Die Praxis sieht leider weniger rosig aus. Denn wenn | |
bei gestiegenen Infektionszahlen die Klassen immer noch voll sein sollen, | |
heißt das auch: Maske auf im Unterricht. Manche Bundesländer wie Bayern | |
muten inzwischen lieber ihren Grundschüler:innen einen Mund-Nasen-Schutz | |
zu, als über geteilte Klassen und Wechselunterricht nachzudenken. Und dass | |
viele Schüler:innen im Unterricht nur mehr im Wintermantel sitzen, weil die | |
Kultusministerien regelmäßiges Lüften verordnen (und gleichzeitig die | |
Notwendigkeit von Luftfiltern in den Klassenzimmern abstreiten) –, ist dann | |
halt der Preis, den „wir“ für den weitgehend aufrechterhaltenen | |
Präsenzunterricht zahlen müssen. Fair enough! | |
Man kann die Einschränkungen natürlich für das kleinere Übel halten, | |
vielleicht muss man das sogar. Eines muss man sich jedoch klarmachen: Die | |
Entscheidung, Schulen offen zu lassen, ist politisch gewollt. Das war sie | |
von Anfang an. Nun aber zeigen sich erste Risse zwischen der heiligen | |
Allianz aus Wissenschaft und Politik: Davon zeugen nicht nur die jüngsten | |
Mahnungen von RKI-Chef Lothar Wieler, die Schulen mögen doch wieder die | |
Abstandsregeln einführen (was die Länder partout ablehnen). Und offenbar | |
fällt es manchen Ländern auch schwer, die Entscheidungen der | |
Gesundheitsämter vor Ort zu respektieren. Das zeigt das autoritäre | |
Verhalten der nordrhein-westfälischen Schulministerin Yvonne Gebauer (FDP), | |
die den Schulen in Solingen verboten hat, ins Wechselmodell zu wechseln. | |
Klar erntet man so Kritik– selbst wenn die Entscheidungen richtig sind. | |
13 Nov 2020 | |
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## AUTOREN | |
Ralf Pauli | |
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